Brann 03 - Das Sammeln der Steine
lange?«
»Zwei, höchstens drei Tage.«
»Nun gut. Wirst du uns begleiten?«
»Nein. Ich werde dir ein paar Rufmichs vorbereiten, gerätst du in Schwierigkeiten, deren ich dich entledigen kann, zertritt einen unter deiner Ferse, und schon bin ich zur Stelle.« Er hob die Hände, breitete sie in schwungvoller, ausdrucksstarker Gebärde nach den Seiten aus. »Wäre nicht die junge Kori ...«
»Es ist meine Angelegenheit, nicht deine, Maksi. Zerbrich dir nicht den Kopf.«
»Hmm.« Er stand auf. »Wenn du Geld brauchst ...«
»Ich brauche Geld. Aber darüber können wir uns später einigen. Einverstanden?«
»Freilich. Morgen um die dritte Stunde?«
»Soll mir recht sein. Hier? Also gut.«
Brann verweilte auf der Schwelle ihrer Unterkunft und schaute Maksim nach, wie er sich durch den Korridor entfernte. Damit ist es vorbei, dachte sie. Ich behalte recht. Keiner von uns zweien wir nach Jal Virri zurückkehren. Die Zeit der Genesung und des Erholens ist vorüber. Brann seufzte und schloß die Tür, ging zum Kamin und lehnte sich an die Ummantelung, ließ die Hitze des Feuers die Vorderseite ihres Körpers erwärmen. Tungjii, dachte sie. Sag seinen/ihren Namen, und gleich bekommst du irgend etwas aufgebürdet. Ich hätte die kleine Gottheit nicht herausfordern sollen, bloß um zu erleben, was geschieht. Brann grübelte, bis ihr Kleid zu schwelen anfing, dann setzte sie sich in den Lehnstuhl. Langsam, mit äußerster Sorgfalt und schmerzlicher Aufrichtigkeit gab sie sich Überlegungen bezüglich der Gelüste hin, mit denen sie nicht gerechnet hatte, prüfte sie anhand der sittlichen Normen, die sie von ihrem Vater kannte, durch sein Beispiel und seine Sinnsprüche.
Verpfusch nicht dein Leben, indem du bei deinem Werk pfuschst, wie sehr dich auch Zeit und Umstände drängen mögen, du wirst immer mehr verlieren, als du gewinnst.
Bei deinem Umgang mit anderen Menschen beherzige am meisten, daß du ihnen keinen Schaden zufügen sollst.
Ist Unsegen unabwendbar, tu das deinige, um die Folgen zu mildern.
Branns Augen wurden naß; verärgert wischte sie sich mit den Fäusten. Dies verfluchte, wehmütige Wühlen in der Vergangenheit erbrachte ihr keinen Nutzen. Vielmehr
untergrub es erst recht ihre Fähigkeit, das zu bewältigen, was sie jetzt bei sich entdeckte, die Neigung, die sie erschreckte, ja anekelte.
»Du hast mich nicht geweckt.« Jaril kniete sich neben den Stuhl, stützte die Unterarme auf die Armlehnen.
»Maksim war in mieser Stimmung.« Brann streichelte Jarils Haar. »Bist du böse?«
»Wird er uns helfen?«
»Ja. Morgen wird er nach Yarils Verbleib forschen. Zuvor muß er noch Kukuruls Mächtige beschwichtigen.«
»Hm. Begleitet er uns?«
»Nein. Wir werden auf uns gestellt sein.«
»Um so besser.«
»Jay!«
»Er wäre 'ne Last, du weißt's genau.«
»Er ist ein machtvoller Mann. Er ist zu Dingen imstande, wie wir sie niemals tun können.«
»Und wer sagt, daß wir sie überhaupt tun müssen? Wir brauchten's bisher nicht.«
»Frechdachs.« Mit den Fingern schnippte Brann gegen Jarils Nasenspitze. »Worüber streiten wir uns eigentlich? Er kommt nicht mit, also fehlt der Streitpunkt.«
»Wann brechen wir auf?«
»Maksim zufolge wird er in zwei bis drei Tagen, wahrscheinlich wohl eher dreien, das Wesentliche geklärt haben. Anschließend muß ich auf Jagd gehen. Er hat mich gebeten, noch zu warten, und ich habe eingewilligt. Fürs Jagen dürften zwei Nächte vonnöten sein. Recht so?«
»Anders wird's wohl nicht zu machen sein. Du siehst müde aus.«
»Ich bin's.«
»Dann schlaf!«
»Meine Gedanken gewähren mir keine Ruhe.«
»Leg dich ins Bett. Ich kann dir Schlummer schenken.«
»Ich möchte nicht träumen, Jay.«
»Aufs Träumen nehme ich keinen Einfluß, Brombeer. Wenn du träumst, bedarfst du deiner Träume. Komm.«
»Ich komme, o Meister Jay.«
7 Als er zwei Tage später Branns Unterkunft betrat, merkte man Maksim Verlegenheit und Besorgnis an. »Ich weiß nicht, wer's war, und ich kenne nicht den Grund. Ich hab's mit meinen sämtlichen Mitteln versucht, Brombeer, aber nichts in Erfahrung gebracht.« Die Hände auf dem Rücken, lief er im Zimmer auf und nieder, zeterte über die Schulter auf Brann ein. »Hörst du? Nichts? Selbst die Höhle blieb mir unzugänglich. Ganz und gar.« Er verharrte vor Brann, musterte sie. »Ich bin der Ansicht, du solltest dich dort nicht hinwagen, Brombeer. Auf keinen Fall allein.«
»Ich gehe nicht allein. Jay wird dabei sein.«
Maksim
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