Brann 03 - Das Sammeln der Steine
Brombeer, sie ist nicht mehr da, sie ist fort, sie ist fort ...«
Settsimaksimin
Kukurul, Nabel der Welt; Settsimaksimin, allein und ruhelos. Außerdem: Der Kurtisan Jastouk; sein Dienstmann Vechakek; Maksims ehemaliger Sekretär Todichi Yahzi, jetzt ein mißhandelter Sklave; Davindolillah, ein Knabe, der Maksim an sich selbst erinnert, ansonsten jedoch keine Bedeutung hat. Verschiedenerlei andere Personen.
1 Settsimaksimin gähnte. Er fühlte sich ausgelaugt. Seine vergeblichen Bemühungen, zu der Falle in jener Höhle vorzudringen, überlegte er, waren es gewesen, die ihn so erschöpft hatten. Das Hemmnis, das sie umschirmte. Ach, Brombeerchen, törichtes Weib, hirnloses Trampel, das Ding ist gefährlich. Er stapfte auf der mit Felstrümmern übersäten Bergkuppe umher, sich darüber im unklaren, was er als nächstes tun sollte; der Nebel ging in einen langsamen, eintönigen Nieselregen über, der Abend wurde kälter; es war an der Zeit zur Umkehr, doch er zögerte. Ich bin ein Trottel, dachte er. Er schüttelte einiges Regenwasser aus seinem Zopf, zauberte sich ein Irrlicht und ließ es sich vorausschweben, damit es ihm den Weg erleuchtete und er sich beim Abstieg hinab zum Wirtshaus nicht den Hals brach.
Jastouk hielt sich sicherlich im >Silbernen Krug< auf, falls er nicht bereits müde geworden war vom Warten und sich auf die Suche nach einem neuen Gespielen begeben hatte. Ihr Götter, wie bin ich müde. Aber ich will nicht schlafen. Schlaf, pah! Brombeer, du bist eine wahre Bürde, du mitsamt deinen Dämonensprößlingen ... Feuer erlöschen, wenn man sie nicht schürt ...
Er wechselte die Kleidung und nahm eine Sänfte zur Ihman Katt. Jastouk schmollte allein vor sich hin, schaute ein paar schwunglosen Tänzerinnen zu, die die ähnlich lustlosen Darbietungen einer Feuerhexe ergänzten. Maksim schaffte es jedoch, den Hetär bald in bessere Stimmung zu versetzen, und er schleppte ihn zu einer halböffentlichen Festlichkeit in einer der Spielhöllen.
Diesmal konnte jedoch nicht einmal ein Bettgenosse ihm die Träume verscheuchen. Schweißnaß erwachte Maksim, er hatte Sodbrennen. Er fluchte, raffte sich aus dem Bett hoch, spritzte sich kaltes Wasser auf den Kopf.
Jastouk räkelte sich träge, die Lider schwer, umklammerte mit den Händen den Hinterkopf. »Schlecht geschlafen?« erkundigte er sich leise.
Maksim zupfte die Spange aus dem Ende seines Zopfes, warf eine Bürste aufs Bett. »Bürste mir das Haar!« verlangte er, nahm auf einem Stuhl Platz. Aus Behagen seufzte er, als die schmalen Finger des Jünglings ihm den Zopf lösten und die grauen Strähnen des rauhen Haares zu bürsten begannen. »Du hast geschickte Hände, Jasti.«
»Deine Hände sind schöner«, beteuerte Jastouk. Seine Stimme schnurrte sanft und schläfrig, war eine Wohltat fürs Ohr. »Sie vereinen Kraft und Anmut.«
»Rede nicht so etwas.« Der Ärger und die Sorge, die in ihm noch vom Abend nachwirkten, machten Maksims Tonfall barscher, als er es beabsichtigt hatte. »Ich lege keinen Wert auf Schmeichelei, Jasti. Ich brauche dergleichen nicht.«
Jastouk lachte ein kehliges, angenehmes Lachen, das seine einzige Weise war, wie er sich auf Maksims Bissigkeiten einließ. Er fing eines der gegenwärtig in Kukurul beliebtesten Lieder zu summen an, während er die Bürste immerzu durch die Garbe von Maksims Haar strich. Jastouk war hager, er zeichnete sich durch die eigentümliche Schönheit Siecher aus; sein Knochenbau besaß eine Feingeschwungenheit, wie sie der Rundlichkeit des Fleisches zumeist versagt blieb. Weder war er gelehrt, noch sonderlich klug, doch war ihm eine reizvolle Schmiegsamkeit zugeeignet, die solche Tugenden gänzlich überflüssig machte. Gleichermaßen einfühlsam und fügsam sprach er auf die Bedürfnisse und Stimmungen seiner Kunden an, noch ehe sie ganz darüber Klarheit hatten, daß sie sich zu irgend etwas in der Stimmung befanden, und er war mit einer Gabe begnadet, mit Augen und Ohren, ja dem gesamten Leib Aufmerksamkeit zu schenken, die sie zu der Vermutung verleitete, sie bedeuteten ihm mehr, als er sich aus ihnen machte. Es bestürzte, verärgerte sie sogar, wenn sie ihm mit einem anderen Gespielen begegneten und er große Mühe hatte, sie wiederzuerkennen. Seine Dienste waren unerhört teuer, obwohl er sich über Geld keinerlei Gedanken hingab, sondern die Beschäftigung damit seinem Dienstmann überließ, einem Henerer namens Vechakek, der seine Vergütungen festlegte und mit nur der
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