Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
nötigsten Höflichkeit eintrieb. Jastouk kannte eine kleine Handvoll bevorzugter Liebhaber, die er nie vergaß: trotz Vechakeks Gescheite schränkte er andere Bekanntschaften ein, um mit ihnen zusammen sein zu können, unabhängig davon, ob sie sich seine Vergütungen leisten konnten, oder nicht. Zu ihnen zählte auch Maksim. Jastouk bewunderte den hünenhaften Mann, es flößte ihm Ehrfurcht ein, Liebling eines der Oberen Zauberer zu sein; auf der ganzen Welt gab es von ihnen nur vier. Doch selbst Maksim mußte ihn umwerben, ihm die Beachtung entgegenbringen, nach der er sich sehnte; zu viele andere Lüstlinge begehrten seine Gunst, und er hatte ein zu ausgeprägtes Bedürfnis nach fortwährender Bestätigung, als daß er länger mit jemandem Umgang gepflegt hätte, der ihn vernachlässigte und unbeachtet ließ. Er neigte zur Verbummeltheit, erübrigte jedoch für seine Liebhaber so gut wie keine Geduld; als Branns an Maksim gerichtetes Ersuchen um Beistand sein Verhältnis zu Maksim störte, weil es dessen Zeit und Kräfte beanspruchte, war Jastouk so verdrossen gewesen, daß er sich beinahe endgültig von dem Magier abgewandt hätte, aber kaum war die Störung vorbei, ließ er sich bereitwillig erneut von Maksims Leidenschaft erhitzen und seinerseits in Leidenschaft hineinsteigern; heute früh war er sehr mit sich und der Welt zufrieden, genoß die schon gewohnte Vertrautheit. Jede der zahlreichen Bewegungen, mit denen er Maksims langes Haar bürstete, glich einer Zärtlichkeit; gemütvoll sang er ein Liedchen und nutzte die eigene Geruhsamkeit, um das Zwicken und Zwacken in Maksims Seele zu besänftigen.
    Als sie das Wirtshaus verließen, stand die Sonne bereits ziemlich hoch, schien wäßrig mit herbstlicher Wärme. Sie fühlten sich einer in der Gesellschaft des anderen wohl, schritten die verwundene Straße hinab, gefallenes Laub umstob sie, wirbelte ihnen um die Füße, verlieh dem Tag eine leichte Schwermütigkeit. Maksim hatte das Gefühl eines Sichlegens, einer Zeitspanne des Übergangs zwischen Gewesenem und Kommendem. Überwiegend handelte es sich um ein angenehmes Gefühl, nur der eine oder andere wunde Punkt erinnerte ihn daran, daß nichts ewig währte, man Zufriedenheit auskosten, diesen Zustand jedoch aufgeben sollte, bevor er abgeschmackt zu werden begann. Von einem Ast, dessen Blattwerk sich zu bräunen anfing, pflückte er eine späte Pflaume, warf sie einem Jikjik zu, das zwischen den Wurzeln des Baums stöberte. So weit im Süden gab es keine regelrechten Jahreszeiten, aber Obstbäume und Blütensträucher schoben im Herbst, einer hierzulande trockenen Jahreszeit, eine gewisse Frist der Ruhe ein und verloren einen Teil ihrer Blätter, so daß man sie während des Winters zwischen dem wenigen verbliebenen Laub — meistens biegsamen, noch grünen Zweigen — die kahlen Glieder recken sah, bis im Frühjahr wieder Regen fiel.
    »Als du dich deiner Freundin gewidmet hast«, sagte Jastouk, indem seine Augen, braun wie geschmolzene Schokolade, bedächtig in Maksims Richtung glitten, den Blick ebenso gemächlich abwandten — auch seine Stimme, die gleichfalls an Schokoladenbrühe erinnerte, klang geruhsam und ermangelte jeder besonderen Betonung, man hörte keinerlei Ansatz eines Vorwurfs wegen der Vernachlässigung durch Maksim heraus, doch konnte man ahnen, daß dergleichen der Äußerung zugrundelag —, »war ich recht verdrossen, ich habe dich vermißt, Maksi, deshalb ging ich mir eine Vorstellung der Pem Kundae ansehen. Kennst du sie?«
    »Nein.« Maksim gähnte. »Verzeih mir, ich bin heute kein allzu lustiger Gefährte. Wer sind sie und was führen sie vor?« Er verspürte wenig Interesse an Jastouks Geplauder, hegte jedoch die Bereitschaft zum Zuhören. Der Hetär bemerkte seine Zerstreutheit; sie verstimmte ihn. Er hörte zu sprechen auf. Maksim riß sich zusammen; er brauchte Gesellschaft; er mußte sich immer mehr geschlechtlich austoben, um Gedanken aus seinem Bewußtsein zu verdrängen, die stets zudringlicher seine Aufmerksamkeit verlangten. Die Verwendung von Drogen verbot sich von selbst; für einen Zauberer seines Ranges käme es einem Selbstmord gleich, seine inwendige Abwehr so stark zu schwächen. Er brauchte auch Brann. Er grollte den Gestaltwandlern, weil sie sie fortgeholt hatten. Sie fehlte ihm schon; wiederholt unterlief es ihm, daß er sich umwandte, wenn er irgendeine Merkwürdigkeit sah, um sie darauf aufmerksam zu machen, und dann erst merkte, sie war nicht da. Statt

Weitere Kostenlose Bücher