Brann 03 - Das Sammeln der Steine
Becher langsam abkühlte. »Tja, und nun bin ich auf dem Heimweg. Und du?«
»Na ja, dies und das ist passiert, und ich werde durch die Gegend geschickt.« Daniel verwendete Korimeneis Zweitbecher; er hielt ihn in den Händen, die Stirn finster gefurcht, betrachtete den abgekühlten Rest Tee, der noch etwa fingerhoch darin stand. »Ach, warum soll ich's dir verschweigen?« Er hob den Kopf. »Entsinnst du dich an Ahzurdan? Du bist ihm in der Taverne >Zur Blauen Seejungfer< begegnet, als du dort die Seelentrinkerin aufgesucht hast.«
Korimenei starrte ihn an. Düstere, vom Feuer geworfene Schatten betonten das Vorstehen seiner Nase, die hohen, kantigen Wangenknochen. Mit jedem Huschen der Schatten wechselte und wechselte auch das Aussehen seines Gesichts. Es wirkte wie eines jener Schattenspiele, bei denen Vorder- und Hintergrund sich ständig austauschten, oder eine Vase zu zwei von der Seite gesehenen Gesichtern und danach wieder zu einer Vase wurden. »Ich erinnere mich an ihn«, antwortete sie leise. »Wer bist du?«
»Daniel Akamarino. Ahzurdan. Beide und doch keiner von ihnen. Man nennt mich Blauer Danny.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Wie erwähnt, 's ist 'ne lange Geschichte.«
»Nun, wir haben doch jetzt Zeit zum Erzählen, oder?«
»Na gut. Der Angekettete Gott... Du erinnerst dich an ihn?«
»Wie könnte ich ihn vergessen?«
»Hast recht. Er wollte 'ne Waffe gegen Settsimaksimin. Er schuf sich eine. Dazu krallte er sich einen Zauberer und einen Raumfahrer und verschmolz beide zu einer Person. Mir. Man könnte Daniel und Ahzurdan meine Väter nennen. Wenigstens auf gewisse Weise.«
»Das ist keine lange, sondern eine merkwürdige Geschichte.« Kori wickelte ihre Hand in den Zipfel einer Decke, hob den Teekessel von den Kohlen am Rande des Lagerfeuers und füllte ihren Becher. »Willst du auch noch was?«
»Lieber nicht, wenn ich heute nacht schlafen möchte.«
Kori trank Tee und dachte über das nach, was ihr der Blaue Danny eben erzählt hatte. Kein Wunder, daß Tre den Gott fürchtete und Frunzacoache zum Besitz haben wollte, um sich gegen ihn zu schützen. Ob er darüber Bescheid weiß? Sie warf dem Blauen Danny einen verstohlenen Blick zu. Dies leibhaftige Greuel? Gesagt hatte er nichts, doch damit durfte man, wo der Gott ihn hören konnte, wohl auch nicht rechnen. Für einen flüchtigen Augenblick klammerte sie sich an Hoffnung, was ihren Bruder betraf, vielleicht war er in Wahrheit nicht so, wie er sich anhörte, vielleicht ... Nein, sei nicht albern, Frau. Sie trank zu hastig, verbrühte sich fast die Zunge, spie den Mundvoll Tee aus. »Wußtest du, daß in deinem Körper ein Gift wütete?«
»Ja.« Er ließ die Brauen aufwärtszucken. »Ich hoffe, du sprichst aus gutem Grund in der Vergangenheitsform.«
»Durchaus. Ich erlaube mir keine halbe Arbeit. War's Erpressung?«
»Mmm-hmm. Bring uns den Talisman Klukesharna, hieß es, und du kriegst das Gegenmittel.«
Ruhig musterte Kori ihn, schaute dann beiseite. Noch ein Großer Talisman sollte den Besitzer wechseln. Sie schob die Hand in ihre Bluse, berührte Frunzacoache. Er war warm, es schien, als ersehnte er die Berührung ihrer Finger, wollte er gestreichelt werden. Ich frage mich, was das alles zu bedeuten hat, dachte sie. Manchmal werden sie unruhig, hat uns Kushundallian erläutert, sie verbleiben für eine gewisse Frist im Zustand der Untätigkeit, dann geraten sie in Bewegung, wandern von Hand zu Hand, bis ihnen danach ist, wieder irgendwo zu bleiben. Hmm. »Du hast Klukesharna nicht.«
»Nicht mehr.«
»Aha. Daher bist du also so gespickt worden.«
»Völlig richtig.«
»Als ich dich gefunden habe, kannst du noch nicht länger als eine Stunde dort gelegen haben, andernfalls wärst du tot gewesen. Du könntest den Täter noch verfolgen. Ist das deine Absicht?«
»Nein. Das wäre nur neuer Ärger, den ich weder haben muß, noch will.«
»Hmm.« Kori senkte den Blick; die ganze Zeit hindurch hatte sie mit Frunzacoache gespielt, ohne sich so recht dessen bewußt zu sein. Entweder war der Blaue Danny nicht Klukesharnas Auserwählter, oder der gegenwärtige Besitzer verfügte über genug gnom, um das neue Band zwischen Danny und dem Talisman zu unterdrücken. Sie erwog, ob sie danach fragen sollte, entschied sich jedoch dagegen. »Hast du bereits beschlossen, was du jetzt tun wirst?«
Einige Augenblicke lang gab Danny keine Antwort; endlich trank er seinen restlichen Tee, stellte den Becher neben dem Fuß ab. »Mein Geld hat
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