Brann 03 - Das Sammeln der Steine
anderen Frauen, die Ahzurdan weh getan und erniedrigt hatten, vor allem wegen seiner quengeligen Mutter und Branns. Die Lippen aufeinandergepreßt, schwang er sich in den Sattel. Er kam sich vor wie ein Hofnarr; die Steigbügel waren so weit gesenkt worden, wie es sich einrichten ließ, aber seine Knie standen trotzdem in lächerlichem Winkel nach den Seiten ab, er hatte den Eindruck, wie ein Possenreißer auf einem Schaukelpferd auszusehen. Er schlang die Decke um seine Schultern und blickte sich um. Das absonderliche kleine Tier, das Korimenei begleitete, rannte vorbei, kletterte aufs Gepäck des Packpferdchens. Korimenei warf ihm die Zügel in die kleinen schwarzen Pfoten.
Sie stapfte an ihm vorüber, ohne ihn anzuschauen, schritt zur Straße voraus. Mit den Zehen trieb der Blaue Danny sein Pferdchen zu zügigem Trab an, hörte das Packpferd schnauben, dann sich anschließen.
Den ganzen Tag lang ritten sie in vollständigem Schweigen dahin; nicht einmal, wenn sie hielten, die Pferde ausruhen und grasen ließen, nahm einer von der Gegenwart des anderen auch nur mit einem Brummton Kenntnis.
Vor Ablauf des halben Tages war der Blaue Danny erschöpft, aber Korimenei setzte den Weg fort, marschierte mit gleichmäßigen, langen Schritten, ohne sich je umzublicken. Zum Teil tat sie es zweifellos, um ihn zu martern, doch unverkennbar zeichnete sie sich durch eine Ungeduld aus, deren ernsthafte Beweggründe man anerkennen mußte; er wußte, sie wollte schleunigst nach Hause, er hatte sie Zeit gekostet, hielt sie noch immer auf; in letzterem fand er eine Zeitlang eine gewisse mürrische Befriedigung, bis er zuletzt selbst dafür zu müde war, er sich zu mies fühlte, um überhaupt noch irgend etwas zu empfinden, so daß sogar das Ahzurdan-Phasma, das ihn vorübergehend dominiert hatte, klein beigeben mußte.
Obwohl das Pferd einen angenehmen, stetigen Gang hatte, fiel es dem Blauen Danny schwer, im Sattel zu bleiben. Bei der letzten Rast hatte nur eine ungnädige Gebärde von Korimeneis Schulter ihm die Kraft verliehen, um sich wieder in den Sattel zu ziehen. Sobald er saß, tastete er mit den Füßen umher, suchte vergeblich die Steigbügel. Korimenei sagte nichts; mit beherrschtem Grimm packte sie einen Stiefel Dannys, schob ihn in den Steigbügel, umrundete das Pony, wiederholte die Maßnahme an der anderen Seite, stapfte dann erneut auf der Straße voraus.
In Dannys Kopf spottete das Ahzurdan-Phasma über das Mädchen und den Blauen Danny, und das Daniel-Phasma beobachtete beide voller sardonischem Verständnis. Schlaff bemühte sich der Blaue Danny um Wiederherstellung seines körperlichen Leistungsvermögens. Jeder Schritt, den das Pony tat, fuhr wie ein Stoß durch seine Gestalt, ruckte an seinem Gehirn, warf seine Gedankengänge durcheinander, so daß er immerzu von vorn zu überlegen anfangen mußte, ohne je einen Gedanken vollenden zu können. Er starrte das Mädchen an, das voranmarschierte, fragte sich, wer, zum Teufel, er eigentlich war und wohin sein Leben ihn führte. Er bekam sich selbst nicht in den Griff, er nahm etwas von sich wahr, wenn er es versuchte, er spürte eine Art von Potential. Die Mattigkeit hatte alle seine inneren Abwehrmechanismen zertrümmert, er konnte nicht länger Versteck spielen, sich vor nichts mehr drücken. Einmal hatte eine Frau, eine Geliebte, Daniel Akamarino gefragt, ob er mit seinem Leben nichts anfangen wollte, und er hatte nein gesagt und sie verlassen. Nun sah sich der Blaue Danny dazu gezwungen, sich dieser Frage zu stellen; und zu der Einsicht, daß er keine Antwort wußte. Und noch etwas störte ihn: Ich bin eine Marionette, dachte er, ein Spielzeug, der Angekettete Gott zieht nach wie vor an den Drähten, und ich muß danach tanzen. Er hat Langeweile. Er will sich ein bißchen amüsieren. Ich weiß es. Er führt mich im Kreis umher. Gehe ich mit ihr, kehre ich zu ihm zurück. Immer im Kreis. Nein, nicht wie eine Marionette, wie eine Ratte im Laufrad. Immer rundherum, rundherum. Zurück an den Ausgangspunkt. Kori reist heim. Ich will auch nach Hause. Ich will weg aus dieser verrückten Realität.
Zusehends setzte sich in ihm die Rationalität von Daniels Vorstellungswelt durch, die aus einer Realität stammte, in der Götter nur als Phantasieprodukte galten und infolgedessen nicht als Persönlichkeiten in das Dasein normaler Menschen eingriffen. Die Mächte, die auf das Leben der dortigen Menschen einwirkten, waren vielleicht genauso stark, aber unpersönlicher
Weitere Kostenlose Bücher