Brann 03 - Das Sammeln der Steine
daß sich die Stricke enger zusammenzogen.
Er versuchte vergebens die Fesseln zu lösen, solange er genug Kraft hatte; danach schlief er.
Später erkundete er die Zauber, in die man ihn geschlagen hatte. Er versuchte ihr Gefüge zu durchschauen. Weder konnte er ihnen mit Gebärden widerstreben, noch mit Worten, aber ihre Beschaffenheit zu kennen, würde es ihm ermöglichen, bei der ersten Gelegenheit, die sich ergab, zu handeln.
Er untersuchte sie, tastete sie ab, zog den Bauch ein, drückte die Daumen in die Muskeln der Oberschenkel, ohne irgendwelche Erfolge zu haben. Die Stricke, die um ihn gewunden waren, sowie ihre magischen Verstärkungen und Ergänzungen vereitelten jede seiner Anstrengungen sofort und nachhaltig.
Trotz der Ungeschicklichkeit der Besatzung kreuzte das Segelboot ungehindert durch die Tukery.
Kurze Zeit nach Sonnenuntergang spürte Maksim am stärkeren Schwellen der Wogen, daß das Boot in die Notoea Tha segelte. Er hörte das dunkle Heulen eines kraftvollen Achterwinds, der sie nach Nordwesten trieb, fort von Kukurul.
Maksim überwand seine Sorge, er könnte ertrinken oder sonstwie ums Leben kommen, und seine Entschlossenheit, sich aus der Falle zu befreien, wuchs um so mehr.
Am späten Abend warf man den Anker aus, reffte das Segel. Die beiden falschen Harpish schleppten Maksim an Deck und legten ihn dort nieder. Ihre Genossen zogen über dem Boot niedrige Kreise, hielten zwischen sich, wie sie auch dahinschwebten, stets denselben Abstand ein.
Das Boot schwamm neben einem düsteren, schnittig gebauten Schiff, einem phrasischen Küstensegler, seetüchtig und gleichzeitig zum Befahren von Flüssen geeignet, ein Schiff der Art, wie Schmuggler, Piraten und solche Kaufleute, die Interesse an Geschwindigkeit und geringem Tiefgang hegten, sie bevorzugten.
Maksim hörte Männer reden; sie sprachen phrasisch.
Ein Kran wurde über die Reling geschwenkt, man ließ ein Netz herunter. Das Netz senkte sich auf Maksim, das Geflecht rutschte auf ihm hin und her, so wie die See das Boot schaukelte. Die falschen Harpish luden ihn ins Netz. Man hievte ihn Ruck um Ruck an Bord des Schiffs, der Kran quietschte bei jeder Drehung der Winde.
Als Seeleute das Netz packten, um es an Deck zu ziehen, wehte ein Rauchwölkchen an Maksim vorüber. Geruch nach brennendem Holz ging davon aus.
Maksim verrenkte sich fast den Hals, lugte hinab. Sein Segelboot stand in Flammen. Er kochte innerlich vor Wut.
Phrasische Seeleute hoben ihn über die Reling und warfen ihn aufs Deck. Außerhalb der Reling quollen Qualmwolken empor.
Roter Widerschein huschte über die weißen Segel, die man hißte, während man das Schiff zur Weiterfahrt vorbereitete.
Maksim fluchte und versuchte erneut, sich von den Fesseln zu befreien. Das Boot hatte ihm etwas bedeutet. Er verband mit ihm schöne Erinnerungen, Erinnerungen an Brann und die Tukery-Inseln, Jal Virri und Kukurul, an lichte Tage im Wind, geblähte Segel, Knattern des Segeltuchs.
Sieben falsche Harpish scharten sich um Maksim. Sie rollten ihn aus dem Netz und trugen ihn zu einer Kiste am Fockmast. Sie legten ihn in die Kiste und nagelten sie zu.
In ihrer unverständlichen Singsangsprache ziepten sie und schlugen Maksim in eine Anzahl weiterer Bannzauber. Er sank in Besinnungslosigkeit.
III. Korimenei Piyolss
Silili auf der Doppelinsel Utar-Selt; Korimenei am Schluß ihrer Ausbildung, sie durchläuft eine Abschlußprüfung und begibt sich auf den Weg, um ihren Bruder zu erlösen. Ferner: Das Eidolon ihres schlafenden Bruders. Der Alte vom Berg. Der Gott Geidranay genannt Gipfelkehrer; die Geburtsgöttin Isayana; die Glücksgottheit Tungjii; außerdem verschiedene andere Götter. Wegkundige Geister. Shahntien Shere, Oberste Vorsteherin der Sililier Zauberschule. Firtina Somak, an selbiger Schule Koris beste Freundin.
1 »Nein! Du darfst nicht kommen. Noch nicht.«
Das Eidolon des schlafenden Knaben hatte nur die Größe einer Maus; er ruhte zusammengekrümmt in einem rundlichen Kristallblock. Das Eidolon schwebte über Korimenei Piyolss in der Dunkelheit. Sie sah es unabhängig davon, ob sie ihre Augen offen oder geschlossen hielt, also ließ sie sie offen. Sie vollführte auf ihrem schmalen Bett Regungen der Ungeduld. »Warum nicht?« Sie sprach mit leiser Stimme. Die Wände zwischen ihrer Schlafkammer und den benachbarten Kammern bestanden aus nichts als Papier und Latten; nach zehn Jahren an der Schule wußte sie genau, wie weit Stimmen trugen. »Ich dachte,
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