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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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er im Ranzen mitgebracht hatte. Mitten bei dieser Tätigkeit blickte er unwillkürlich auf und sah, daß Todich ihn beobachtete. Nie hatte er sicher sein können, daß er das schwach ausgeprägte Mienenspiel des Kwitur auch nur annähernd richtig auslegte, doch nun glaubte er einen Schimmer der Belustigung, ja sogar der Zuneigung darin zu erkennen. Das verdutzte ihn dermaßen, daß er das Flämmchen zu fächeln vergaß und es erlosch. Übertreibung? Über ihre Lächerlichkeit hinausgewachsene Rachsucht? Hinausgewachsen? Lächerlichkeit? Die kleine Laus zahlte ihm die zehn Jahre miesen Daseins heim und machte sich dabei auch noch über ihn lustig! »Du! Du! Du arglistiger schändlicher teuflischer alter Gauner!«
    »Langsam warst du«, summte Todichi. »Alt geworden, nicht?«
    »Klar, du hast recht. Manchmal könnte man meinen, daß mir das Hirn zu Brei erweicht ist.« Er wühlte im Ranzen, warf dem Kwitur eine Decke zu. »Du frierst. Wickle dich darin ein, bis ich das verdammte Feuer entzündet habe.«
    Endlich begannen die Kohlen trotz aller Widrigkeiten zu schwelen. Maksim setzte eine mit Wasser gefüllte Schüssel auf ein Dreibein und überzeugte sich davon, daß es einen festen Stand hatte und das Feuer weiterbrennen würde; dann hockte er sich auf die Fersen und musterte Todichi Yahzi. »Erzähl mir alles«, sagte er und stellte sich aufs Zuhören ein.
     
    6 Sie sprachen miteinander, schwiegen dann gemeinsam, und zum Schluß unterhielten sie sich nochmals für ein Weilchen, tranken Tee, schlossen Frieden mit ihren Erinnerungen, und warteten auf die festgelegte Stunde.
    Als sie kam, sandte Maksim — so schonungsvoll, wie er es vermochte — Todichi Yahzi heim; danach brach er neben den glühenden Resten des Feuers zusammen.
     
    7 Als er mühsam das Bewußtsein zurückerlangte, vermochte er sich anfangs nicht darauf zu besinnen, wo er sich befand und welche Ereignisse ihn so erschöpft hatten.
    Die Erinnerung kam nur langsam, derartig langsam, daß es ihn beunruhigte; sein Verstand arbeitete nicht richtig.
    Er versuchte sich aufzusetzen. Doch er war gefesselt.
    Seine Arme lagen fest an seinem Körper, die Hände waren gegen seine Oberschenkel gepreßt; er war um und um mit Stricken umwickelt; er konnte keinen Finger rühren; er war kaum noch zu atmen imstande.
    Er wollte rufen. Aber auch seine Zunge war gebunden, nicht durch Stricke, sondern durch eine ihm unbekannte Kraft.
    Er unternahm einen Versuch, auf geistiger Ebene einen Feuergeist zu rufen, um ihn die Stricke durchsengen zu lassen; zu solchen Leistungen war er bereits fähig gewesen, ehe er den eigenen Namen lesen konnte.
    Auch sein Geist lag in Fesseln.
    Maksim schwitzte in fürchterlicher Drangsal, bis er das Entsetzen überwinden konnte; dann richtete er seine gesamte Willenskraft in Schultern und Hals, hob den Kopf vom felsigen Untergrund.
    Nebel. Wie Kleckse weißer Suppe umgaukelten ihn in den Nebelschwaden Geister, umtanzten ihn und jene, die ihn zum Gefangenen gemacht hatten. Er schenkte den Geistern keine weitere Beachtung.
    Jastouk, dachte er. Ich muß im Schlaf geredet, und er muß mich verraten haben. Er weinte und ärgerte sich über sein Weinen.
    Zeit verstrich.
    Weder konnte Maksim seinen Körper spüren, noch seine Herzschläge zählen. Er hatte keine Möglichkeit, um das Verstreichen der Zeit zu messen, kein Maßstab stand zur Verfügung, um zu ersehen, ob ein Tag vergangen war, eine Woche oder lediglich eine Stunde.
    Er senkte den Kopf.
    Er kämpfte gegen das Gefühl der Hilflosigkeit an, das ihn schlimmer peinigte als die Bedrängnis der Bewegungsunfähigkeit. Zwei Jahrhunderte der Selbstzucht erwiesen sich schließlich als hilfreich; danach wartete er mit der Geduld einer Katze, die vor einem Mauseloch lauerte. Seine Gegner hatten ihm die Gelegenheit zum Wiedererringen der Gefaßtheit gewährt. Damit hatten sie einen Fehler begangen. Vielleicht war es ihnen aber gleichgültig. Selbstüberschätzung? Er quälte sich ein schiefes Lächeln ab. Er hoffte, daß es sich ihrerseits um Selbstüberschätzung handelte.
    Zeit verstrich.
    Die Geister wichen zurück.
    Im Nebel zeigten sich neue Gestalten. Maksim hörte einen Fuß über Stein schrammen; er gelangte zu der Ansicht, noch auf der kleinen Felseninsel zu sein.
    Jemand sprach. Maksim hörte die Stimme, konnte jedoch die Worte nicht verstehen. Von mehreren Stellen der Umgebung ertönten Antworten.
    Maksim strengte sein Gehör an, um die Äußerungen zu verstehen, doch es schien, als

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