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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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dem Regen, die Spuren seines Tuns fortzuwaschen.
     
    5 An dem ermittelten Tag hißte Maksim eine Stunde vor der Morgendämmerung das Segel; im Bug des Boots kauerte Todichi Yahzi, schaute über die schwärzlichen Fluten aus, hatte seinem einstigen Herrn und Meister den Rücken zugewandt. Seit seiner Befreiung aus den Sklavenkäfigen hatte er kein Wort geredet; sein Groll saß zu tief. Während Maksim das Segelboot südwärts in die Tukery-Inselgruppe lenkte, beobachtete er hinterrücks den Kwitur und grämte sich mit Gewissensbissen, Mürrischsein und zeitweise auch Kummer wegen des Verlusts von jemandem, den er fast als Freund betrachtet hatte.
    Als die Sonne aufging, waren sie schon weit in die engen, verschlungenen Wasserwege der Inselgruppe vorgedrungen, lagen die dichten Nebelbänke, die die Inseln als ausgedehnte, riesige, ineinander verflochtenen Ringe von Dunstschwaden umgaben, längst hinter ihnen, Bereiche trüben Nebels, in denen aus Kukurul vertriebene, ausgestoßene Seelen heulten, mit Wut und Verzweiflung übervolle Seelen, die alles taten — wenngleich vergeblich —, um Maksim auf messerscharfe Klippen oder in Treibsand zu locken, der ein Boot vom einen zum anderen Atemzug verschlingen konnte. Zweimal verscheuchte er Piratenbanden, die ihm auflauerten, schleuderte Feuer und Säure auf sie, riß ihre mit Segeln ausgestatteten Kanus unter ihnen in Trümmer, schmiß die Schufte in Schwärme hungriger Schnabelsalmler. Genau wußte er nicht, wonach er suchte, er segelte einfach immerzu weiter, vertraute darauf, daß sein Gespür ihn auf eine geeignete Stätte hinwies.
    Während all dessen hockte Todichi Yahzi stumm und mißmutig am Bug und mißachtete Maksim, starrte Dinge an, die allein er zu sehen vermochte.
    Als die Sonne senkrecht über ihren Köpfen stand, erspähte Maksim ein felsiges Inselchen, an deren steilen steinernen Abhängen aus tiefen Spalten Dämpfe in die naßkalte Luft quollen; die Insel hatte die Gestalt eines abgeplatteten Kegels, der ungefähr hundert Ellen hoch aus den Wassern aufragte. Da und dort unterbrachen Wucherungen orangeroter und wie Oliven fahlgrüner Flechten das eintönige Schwarzbraun des Gesteins; in der Nähe der dampfenden Felsspalten wuchs üppiges Dickicht von so grellem Grün, daß sein Anblick die Augen schmerzte. An der Nordseite gab es einen schmalen, halbrunden Streifen Strand; obwohl Maksim auf diese Seite zusegelte, umrundete er erst einmal die Insel, ehe er erneut den Strand ansteuerte, den Bug des Boots auf den Sand laufen ließ und den Anker über Bord warf. Er schlüpfte mit den Armen in die Tragegurte seines Ranzens und stand vorsichtig auf. »Todich, glaubst du, du schaffst's bis zum Gipfel?« Umständlich raffte der Kwitur sich empor, regte sich mit mühseliger Langsamkeit. Die Stirn gerunzelt, sah Maksim sein Verhalten mit an, zunächst verärgert, dann erheitert. »Ooooh welches Trauerspiel, ein leibhaftiger Inbegriff des Trauerspiels!« Zum erstenmal seit Tagen lachte er, und aus den Höhlungen der Kliffs hallte das Lachen wider. Er stellte sich an den Mast, hielt mit dem eigenen Körpergewicht das Boot in der Waagerechten, während Todich hinauskletterte.
    Der Kwitur sank bis über die Fußknöchel in den feuchten Sand ein. Aus Widerwillen gegen den zähen Schlamm murrte er bei sich, als wäre er ein riesenhafter Käfer, schimpfte unablässig mit seiner Summstimme, indem er in die Felsen tappte, sie mit der steten Sicherheit seiner Art zu erklimmen begann.
    Maksims Blick schweifte den Hang hinauf; er erwog, sich der Einfachheit halber mittels Magie auf den Gipfel zu versetzen. Seine Massigkeit und der vergleichsweise hochgelegene Schwerpunkt seines Körpers erschwerten es ihm, felsige Hänge zu ersteigen, und trotz seiner Fertigkeit, seinem Leib die Giftstoffe des Alterns durch Erdfeuer auszubrennen, spürte er allmählich die Bürde seiner Jahre. Er sprang übers Dollbord ins flache Wasser, zerrte das Boot weiter den Strand hinauf und vertäute es an einem geeignet beschaffenen Felsen; hier in der Tukery mochte er sich nicht auf einen Anker verlassen.
    Als er die Höhe der Insel betrat, zitterte er vor Ermattung, fühlte sich schlaff wie gekochte Nudeln. Todich kauerte wie ein jämmerliches Häuflein Elend da, sah kläglicher und mißhandelter als je zuvor aus. Maksim schnob. Todich übertrieb seine Schaustellung als Opfer bis zur Lächerlichkeit. Maksim machte sich daran, ein kleines Feuer zu entfachen, verwendete die Kohle und den Zunder, die

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