Brann 03 - Das Sammeln der Steine
die auf dem Fensterbrett schlief, den Körper im Sonnenlicht zusammengerollt — der graue Pelz schimmerte wie mattiertes Silber —, einen verstohlenen Blick. »Ich hätte gar nicht gedacht, daß du Hexe werden möchtest.«
»Will ich auch nicht.« Korimenei merkte, daß Firtina sie zu gerne gründlich darüber und über die Mahsar ausgefragt hätte, doch ihre Freundin schaffte es, ihre Neugierde zu bezähmen; zumindest bis auf weiteres. »Sie ist keine Vertraute«, sagte Kori, gab ein wenig nach, »sondern ein Fremdes Wesen.«
Firtina wartete ein kurzes Weilchen ab, doch als Korimenei nichts hinzufügte, grinste sie, schüttelte den Kopf. »Knickerin. Kehrst du heim?«
»Ich glaube, vorerst nicht.« Korimenei sprach bedachtsam; sie hatte niemandem etwas von ihrem Bruder erzählt, nicht einmal Frit, ihrer besten Freundin; sie wollte sie nicht belügen, durfte ihr aber ebensowenig die volle Wahrheit mitteilen, folglich plauderte sie nur einige wenige Tatsachen aus. »Mein ... äh ... Gönner hat mir regelmäßig Geld geschickt, ich habe vor, mich da und dort 'n bißchen umzuschauen und es auszugeben, ehe ich mich auf etwas festlege. Gehst du nach Hause zurück?«
»Muß ich wohl, denke ich. Der Salash Gazagt ...«
»Hä?«
Firtina kratzte sich am Oberschenkel. »Ich dachte, du kennst das Nye Gsany.«
»Ich kann's lesen, aber nicht sprechen.« Korimenei erhob sich vom Bett, trat zum Fenster, streichelte mit den Fingern Ailikis Rückgrat. »Und bloß das Nye der Vanner Rukks. Das Gezischel-Gezaschel, das du sprichst, du Dorfdirn, kenne ich nicht.«
»Ho-haah! Hast du Bohnen in den Ohren? Nye ist Nye. Ich habe den Eindruck, du nimmst mich auf 'n Arm, liebe kleine Kri. Soll ich dich um Vergebung anflehen, weil ich deine Kleider Lumpen genannt hab?«
»Närrin.«
»Na gut, na schön, wenn du's genau wissen willst, der Salash Gazagt ist das Oberhaupt meiner Sippe, ihr ältestes männliches Mitglied. Solltest du mich einmal besuchen, werde ich dich ihm vorstellen. Falls ich euch zwei richtig beurteile, wird Abneigung auf den ersten Blick das Ergebnis sein, doch ich werd's trotzdem tun.«
»Soll ich dich besuchen?«
»Magst du nicht?«
»Nun gut. Und was hat's mit eurem Salash Gazagt auf sich?«
»Er wird ungeduldig, der olle Ochse. Er will, daß ich heimkehre, bevor ich nutzlos werde.«
»Haaah?« Kori drehte sich um, stützte die Hüfte ans Fensterbrett und begann an einem Nagel zu kauen. »Was 'n das, Frit? Ich nenne nur Tink und Keiso und RayRay, um keinen Atem damit zu verschwenden, den ganzen Rest deiner Freier aufzuzählen, so wie sie nach dir lechzen, hab ich nicht das Gefühl, daß du demnächst ins Hinfällige absinkst.«
»Ach, die ...« Firtina rümpfte die Nase. »Sie zählen nicht. Es geht darum, daß ich, wäre ich wie meine Schwestern daheim geblieben, wäre ich schon längst vermählt, hätte ein, zwei kleine Kinder am Rockzipfel, 'n Säugling aufm Arm«
— sie tatschte ihren Busen — »und wäre erneut schwanger. Diese Euter sind mein Verhängnis. Bei uns hat man was gegen Jungfräulichkeit, man hat 'ne Neigung, Mädchen zu verheiraten, sobald sich bei ihnen die ersten Rundungen zeigen. Um ganz sicher zu sein.«
»Hach! Genau wie bei uns.«
»Hmm. Das will mir so aussehen, als würdest du nicht nach Hause zurückkehren. Oder wirst du denen dort wenigstens 'n Besuch abstatten, um ihnen zu verdeutlichen, was sie verlieren?«
»Du hast's erraten.« Korimenei zupfte an der alten weißen Bluse herum, die sie trug. »Ich habe mich nie sonderlich für Kleider interessiert.«
»Fällt's dir endlich auf?« Firtina kicherte, warf Kori einen verdeckten Seitenblick zu. »Wenn drei Tage des Fastens dir dazu verhelfen, gibt das mir für dich Hoffnung. Vielleicht verbessert meine Abschlußprüfung mein Gehör.«
»Deine Ohren sind gesund, du mußt nur auf das, was du machst, höhere Aufmerksamkeit verwenden.« Korimenei empfand flüchtig gelinde Belustigung über diesen gerissenen Versuch Firtinas, ihr irgendwelche Aussagen über ihre Prüfung zu entlocken; doch die Abschlußprüfung war etwas, über das man nicht redete, eine zu vertrauliche Angelegenheit, persönlicher als das Geschlechtsleben oder Familiengeheimnisse. »Ich verstehe mich nicht so recht aufs Feilschen mit Händlern und kenne mich mit Stoffen und Zuschnitten nicht aus. Komm mit und hilf mir beim Verschleudern des Geldes.«
»Warum nicht ...« Firtina schwang sich vom Bett, hob eine Hand. »Laß mich volle Klarheit erlangen. Hast
Weitere Kostenlose Bücher