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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Stimme gedankt. Der arme Georg! Er sah schrecklich elend aus. Ich hatte den Eindruck, daß er ganz froh war, eine Zeitlang allein sein zu können. Er schien sehr ruhebedürftig zu sein, und wenn er sich davon nichts anmerken ließ und ein lächelndes Gesicht zeigte, so tat er das sicher nur um Lisbeths willen.
    Anne-Grete war es gelungen, ihre Ferien vorzuverlegen, so daß sie Mitte Juni ins Gebirge mitkommen konnte. Wenn ihre Zeit zu Ende war, wollte ich jemand anderen einladen. Ich wußte zwar noch nicht wen, aber ich wollte auf keinen Fall mit Lisbeth allein sein. Falls mir etwas zustoßen sollte, mußte unbedingt jemand dasein, der sich ihrer annahm.
    Lisbeth freute sich so auf die Berge, daß sie abends gar nicht einschlafen konnte. Sie hatte eine Trägerhose, eine Strickjacke und Bergstiefel bekommen und fühlte sich als Millionärin.
    Ich blieb jetzt ununterbrochen mit ihr in Verbindung. Alle Augenblicke fuhr ich mit dem Wagen schnell einmal hinüber, saß eine halbe Stunde bei Georg und Lisbeth und kehrte dann zu meinen nach frischer Druckerschwärze riechenden Korrekturbogen und zu meiner Schreibmaschine zurück. Und Lisbeth wollte tausendundeine Frage beantwortet haben.
    „Wie lange fahren wir mit der Eisenbahn, Steffi?“
    „Etwa fünf bis sechs Stunden.“
    „Fährt der Zug ganz auf die Berge hinauf?“
    „Ja, er fährt ganz hinauf. Und wir essen während der Fahrt.“
    „Nehmen wir wieder einen solchen Korb mit wie auf der Fahrt nach Drammen?“
    „O nein. Der Zug hat einen Speisewagen. Einer von den Wagen ist nämlich als Eßzimmer eingerichtet, weißt du? Mit lauter kleinen Tischen.“
    Lisbeths Gesicht strahlte. Es läßt sich nicht leugnen, daß sie ein kleiner Freßsack war.
    „Und wir werden in einer kleinen Hütte wohnen?“
    „Ja, in einer Berghütte. Mit einer kleinen Küche, zwei kleinen Kammern – einer blauen und einer roten – und einem Wohnzimmer mit einem Kamin.“
    „Wo werden wir schlafen?“
    „Du und ich schlafen in der blauen Kammer, Anne-Grete in der roten.“
    Ich mußte Lisbeth erklären, wie weit es vom Bahnhof bis zur Hütte war, ich mußte ihr von der Alm erzählen, wo wir die Milch holten; sie wollte immer noch mehr wissen, und sie wurde es nicht müde, immer neue Fragen zu stellen.
    Das Telefon läutete. Es war am Tage vor unserer Abreise.
    „Steffi!“ sagte Carl. „Kann ich morgen bei dir frühstücken?“
    „Es tut mir schrecklich leid, Carl“, erwiderte ich. „Aber es geht wirklich nicht. Ich fahre morgen in die Berge. Mein Zug geht schon um halb zehn.“
    „Und ich hatte mich schon so auf das Wiedersehen gefreut – “
    „Ich mich auch – “
    „Aber weißt du – mein Zug kommt schon um sieben an, und deiner fährt erst um halb zehn. Könnten wir nicht vielleicht doch zusammen frühstücken?“
    Ich überlegte einen Augenblick. Es war eine dumme Sache. Was sollte ich tun? Ich hatte versprochen, Lisbeth um acht abzuholen, aber…
    „Ja, komm nur. Ich freue mich sehr.“
    „Ich muß nämlich ins Ausland und bleibe nur einen Tag in Oslo. Aber in vierzehn Tagen sehen wir uns in den Bergen.“
    „Fein!“
    „Macht dir der Wagen Spaß?“
    „Und ob! Es war furchtbar nett von dir, Carl, daß du ihn hiergelassen hast.“
    „Morgen nehme ich ihn nach dem Süden mit. Schönen Dank, daß ich kommen darf, Steffi. Ich sehne mich nach dir.“
    Mein Herz klopfte. Carls Stimme klang so weich und warm.
    „Du, Steffi! Ich habe morgen etwas mit dir zu besprechen. Etwas Wichtiges. Kannst du erraten, was es ist?“
    „Ich glaube, ich versuche es gar nicht erst.“
    Merkwürdig, wie wenig ich in der letzten Zeit an Carl gedacht hatte! Er war doch so nett und sympathisch und sah so gut aus! Ich war von meiner Arbeit und von Lisbeth und von den Reisevorbereitungen völlig in Anspruch genommen gewesen.
    Aber jetzt freute ich mich unbändig auf das Frühstück am nächsten Tage.
    Erna und ich stellten ein „Herrenessen“ zusammen. Dann fuhr ich zu Georg und Lisbeth und teilte ihnen mit, ich könnte Lisbeth nicht abholen. Georg solle sie in einem Taxi zu mir schicken.
    Am nächsten Morgen war ich auf dem Bahnhof. Carls Gesicht strahlte, als er mich entdeckte. Morgenfrisch, sorgfältig rasiert und in tadellos gebügeltem Anzug kletterte er aus dem Zuge. Er brachte es wirklich fertig, nach einer Nacht im Schlafwagen gepflegt auszusehen. Ich konnte mir Carl überhaupt gar nicht anders als gepflegt vorstellen.
    „Wie lieb von dir, mich vom Bahnhof abzuholen!“ sagte

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