Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
Reih und Glied auf, um sie in der Sonne trocknen zu lassen, und streckten den Rücken gerade.
    „Wir haben tüchtig geschafft, Lisbeth.“
    Lisbeth betrachtete mich und lachte.
    „Heute bist du ein kleines Ferkel und eine Zigeunerprinzessin, Steffi! Du hast Sand auf der Nase, und auf dem Bauch bist du ganz naß, und dein Haar ist so wild, daß es sich gar nicht beschreiben läßt.“
    „Willst du mich ausschelten, du freches Gör?“
    „Ja, das will ich.“
    „Nimm dich in acht!“
    „Nimm du dich selber in acht! – Kleines Ferkel! -Zigeunerprinzessin! – Kleines Ferkel!“
    Lisbeth lief davon und ich hinter ihr her. Sie japste nach Luft vor lauter Lachen.
    Als ich sie endlich eingeholt hatte, gab ich ihr einen sanften Klaps auf den Hintern und schwang sie hoch in die Luft.
    „Du, Lisbeth!“ sagte ich, als ich sie wieder auf den Boden gestellt hatte. „Es ist eigentlich schade, daß du mich gar nicht leiden kannst!“
    „Ja. Das ist mächtig traurig.“
    „Und ich habe dich nicht die Spur lieb.“
    „Ich dich auch nicht!“
    „Du mußt ja auch bei uns hungern und wirst den ganzen Tag gequält.“
    „Ja. Ihr schlagt und mißhandelt mich immerzu – und niemand ist hier nett zu mir – und ich bekomme nie etwas Gutes zu essen – du, Steffi! Was hast du da in der Tasche?“
    „Rühr mich nicht an, du böses Ding!“
    „Ist es Schokolade, Steffi?“
    „Weg mit den Fingern, sage ich!“
    „Ha! – Jetzt habe ich sie doch erwischt! – Hmmmm! Das ist Milchschokolade! – Wollen wir teilen, Steffi?“
    Nichts machte Lisbeth soviel Spaß wie unser kleiner Wortwechsel: „Ich habe dich nicht lieb!“ und „Ich dich auch nicht!“
    Ich hob Lisbeth hoch und stellte sie schnell wieder hin. „Puh, Lisbeth! Bist du schwer geworden! Ich kann dich kaum noch hochheben, und die Arme tun wir dabei weh!“
    „Das ist doch nicht weiter merkwürdig. Denk bloß an all die Sahne, die ich bekomme!“
    „Ich glaube, Vater erkennt dich gar nicht wieder, wenn du ankommst. Vielleicht wird er dich ansprechen und zu dir sagen: ,Entschuldigen Sie, mein Fräulein – haben Sie vielleicht zufällig ein soooo kleines Mädchen gesehen? Es ist ganz blaß und mager und heißt Lisbeth.’“
    Lisbeth lachte hellauf.
    „Er hat doch so viele Bilder von mir bekommen – darauf kann er doch sehen, wie dick ich geworden bin! Glaubst du, er wird sich über das große Bild mit Perle und Graubein freuen?“
    Unter den mannigfaltigen Aufnahmen, die ich in diesen Wochen von Lisbeth gemacht habe, war eine ganz besonders gut gelungen: die, auf der Lisbeth die Zicklein fütterte. Ich hatte das Bild vergrößern lassen und am vergangenen Tage Georg geschickt.
    Anne-Grete kam mit dem Rad von Geilo zurück.
    „Hallo, Anne-Grete!“
    Sie winkte, aber ich merkte ihrem Gesicht an, daß etwas geschehen sein mußte.
    „War ein Brief von Vater da?“ fragte Lisbeth.
    „Heute nicht“, antwortete Anne-Grete. „Aber sieh – hier ist die neue Illustrierte zum Ansehen und ein frischer Wecken für dich. – Steffi, kommst du einen Augenblick ins Haus?“
    Ich bekam Angst. Es mußte etwas sehr Schlimmes passiert sein.
    „Hier ist ein Telegramm, Steffi. Ich habe es geöffnet. Aber lies es selbst!“
    Es war zwischen Anne-Grete und mir abgemacht worden, daß wir nicht nur alle Pakete in Empfang nahmen und Wertsendungen quittierten, sondern daß auch die eine der anderen Telegramme öffnete.
    Ich las das Telegramm, das Anne-Grete mitgebracht hatte. Es war lang. Ich atmete schwer. Las es noch einmal. Es war kein Zweifel möglich.
    Georg hatte einen Blutsturz gehabt und war in ein Osloer Krankenhaus eingeliefert worden. Er wollte durchaus mit mir sprechen. Wenn ich nicht sofort hinfuhr, konnte es leicht zu spät sein.
    Ich blickte auf meine Uhr. In einer Stunde ging ein Zug. Ich brauchte zwanzig Minuten, um zum Bahnhof zu radeln.
    Anne-Grete sprach mit Lisbeth. Später erfuhr ich, daß sie gesagt hatte, Steffi, die Ärmste, müsse auf ein paar Tage in die Stadt, weil ihr Verleger mit ihr über eine Arbeit sprechen wolle. Es wäre zu dumm, aber ich würde bald wiederkommen.
    „Grüße Vater!“ rief Lisbeth mir nach.
    Am selben Abend war ich in Oslo.
    Weißes Krankenzimmer. Blaue Wände. Krankenhausgeruch. Ein ernst aussehender Arzt, eine lautlose, flinke, geübte Krankenschwester.
    „Er darf nicht sprechen“, sagte die Krankenschwester. „Sie müssen sehr vorsichtig sein und dürfen nicht zu lange bei ihm bleiben.“
    „Hören Sie, Schwester“, sagte

Weitere Kostenlose Bücher