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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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auszuführen? Willst du nicht lieber in einem großen Haus wohnen, unter Menschen leben, die dir den Hof machen und dich feiern? Bist du nicht froh, wenn diese Examensquälerei ein Ende hat? Wenn du dich nicht länger mit Gleichungen zweiten Grades herumplagen mußt, obwohl du es vor Kopfschmerzen kaum noch aushalten kannst? Willst du nicht lieber an der Seite eines gut aussehenden Mannes durch Europa reisen – an der Seite eines Mannes, der dich liebt? Dumme Steffi! Weshalb sagst du nicht auf der Stelle ja?“
    Aber es meldete sich in mir noch eine andere Stimme. Und diese Stimme sprach nur ein einziges Wort:
    „Lisbeth!“
    Nun: Lisbeth konnte ja zu ihrer Großmutter fahren. Ich würde sie selber hinbringen. Sie würde schöne Kleider, die für mehrere Jahre reichten, mitbekommen – einen ganzen Koffer voll. Und jeden Monat würde ich Geld für sie schicken.
    Würde ich sie aber nicht vermissen?
    Ich hatte ja Carl. Natürlich hatte ich Lisbeth lieb. Aber war es zu verantworten, daß ich um eines kleinen Mädchens willen mein eigenes Lebensglück opferte? Noch dazu um eines verzogenen kleinen Trotzkopfes willen? Aber was würde Lisbeth dazu sagen?
    Du lieber Gott! Lisbeth hatte es nach dem Tode ihres Vaters wieder gelernt, zu lachen und vergnügt zu sein. Sie war ja schließlich erst sieben Jahre alt. Ein siebenjähriges Kind ist elastisch. Und sollte nun einmal eine Veränderung in ihrem Leben eintreten, dann war es am besten, ich wartete nicht erst so lange, bis sie hier bei mir zu fest eingewachsen war.
    Diese Gedanken wirbelten mir durch den Kopf. Noch nie in meinem Leben hatte ich einer so folgenschweren Entscheidung gegenübergestanden. Ich fühlte mich verzweifelt hilflos.
    Wäre Lisbeth heute nett gewesen – hätte sie in diesem Augenblick – wie schon so oft – ihre Arme um meinen Hals geschlungen und gesagt: „Ich habe dich so lieb, Steffi!“ – dann hätte ich wohl sicher auf Carl und die Reisen, das elegante Auto, das vornehme Haus und alles andere auf der Stelle verzichtet. Aber nicht Lisbeth legte mir den Arm um den Hals, sondern Carl. Und Carl war es, der mir mit seiner warmen, weichen Stimme ins Ohr flüsterte: „Steffi! Ich habe dich so lieb!“
    Ich sprang auf und ging ein paarmal auf und ab. An der Schlafzimmertür blieb ich stehen. Wie merkwürdig still es da drinnen war!
    Ich machte die Tür auf und blickte hinein. Das Zimmer war leer.
    So ein Kind! Nun hatte Lisbeth sich durch das Badezimmer und den Flur leise davongestohlen und war doch zu Frieda gegangen!
    Ich war auf dem Sprunge, ihr nachzueilen und sie zurückzuholen. Aber dann war die böse kleine Stimme in meinem Innern wieder da: „Laß sie doch laufen! Dann hast du wenigstens für eine Weile Ruhe!“
    Ich kehrte zu Carl zurück.
    Wir saßen beide auf dem Sofa. Nach langem Verhandeln hatten wir, wie Carl es ausdrückte, einen Vergleich geschlossen. Er sähe ja ein, daß manche Schwierigkeiten zu überwinden wären, sagte er. Ich solle also die Tage seiner Abwesenheit benutzen, um schriftlich und mündlich alles zu ordnen, und wenn er dann von Stockholm zurückkäme, sollte ich sagen – nicht ob ich ihn heiraten wolle, denn diese Frage hätte ich schon mit einem Ja beantwortet – sondern wann?
    „Morgen nimmst du dir einen freien Tag“, sagte Carl. „Wir fahren irgendwohin, wo es schön ist, und um acht bringst du mich an den Zug. Geht das nicht?“
    „Doch!“ sagte ich.
    Ich hörte, wie die Wohnungstür ganz leise geöffnet und wieder geschlossen wurde. Lisbeth hatte einen eigenen Schlüssel. Sie mußte einen haben, weil es gelegentlich einmal vorkam, daß ich nicht zu Hause war.
    Ich ging auf den Flur.
    „Wo bist du gewesen, Lisbeth?“
    „Bei Frieda.“
    „Ich hatte dir doch gesagt, du dürftest nicht zu ihr gehen.“
    „Ja, Steffi – aber dann – dann hätte Frieda es doch erfahren, daß ich – daß du – daß – daß – “ Lisbeth schluckte ein paarmal und blinzelte mit den Augen. Es fiel mir ungeheuer schwer, kalt und streng zu bleiben.
    „Gut. Darüber sprechen wir morgen. Die Milch und die Kekse stehen auf deinem Nachttisch. Geh nun schlafen.“
    „Gute Nacht“, sagte Lisbeth mit leiser Stimme.
    „Gute Nacht“, sagte ich.
    Carl machte Reisepläne. Wie wäre es mit Cannes zu Weihnachten? Oder vielleicht Davos? Er wolle das gänzlich mir überlassen. Auf jeden Fall würden wir eine Hochzeitsreise machen, die sich sehen lassen könnte. Ob ich Lust hätte, Lissabon und andere alte, vertraute Stätten

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