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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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nach Oslo reisen. Sie könnte bei dieser Gelegenheit Lisbeth mitnehmen. – Ich hoffe, bald von Ihnen zu hören, wie Sie darüber denken. Ich muß ja einige Vorkehrungen treffen, wenn wir vom nächsten Monat ab ein kleines Kind im Hause haben sollen.
    Mit den freundlichsten Grüßen an Sie und einem Kuß für die kleine Lisbeth
     
    Ihre ergebene Maria Elisabeth Bredal
     
    Nun sah alles sehr viel einfacher aus. Wohl selten geschieht es, daß ein Brief in einem so günstigen Augenblick eintrifft. Während ich mir noch den Kopf darüber zerbrach, was ich tun sollte, brachte mir der Postbote die Lösung fix und fertig ins Haus.
    Weshalb war ich eigentlich gar nicht richtig froh und erleichtert? Weshalb schrieb ich nicht auf der Stelle an Frau Bredal, beruhigte sie über die wirtschaftliche Seite der Angelegenheit und erklärte mich bereit, zu Lisbeths Unterhalt beizutragen? Weshalb frohlockte ich nicht bei dem Gedanken, daß mich nun nichts mehr hinderte, Carl zu heiraten?
    Als ich aber neben Carl im Wagen saß und wir auf der Landstraße nach Sollihögda dahinsausten, da fing ich doch an, mich zu freuen, daß sich alles so schön gefügt hatte – und noch dazu auf die so angenehme Weise, daß der Vorschlag von Frau Bredal kam.
    Ich erzählte Carl von dem Brief. Er war begeistert.
    „Aber dann, Steffi – dann brauchen wir doch gar nicht mehr zu warten! – Also: in einem Monat! – Ist es dir recht? – Sobald Lisbeth fort ist?“
    „Ich muß erst die Sache mit der Wohnung ordnen“, sagte ich, „und über die Möbel verfügen – und ich muß die Übersetzung für Rambech, an der ich gerade arbeite, erst fertigmachen.“
    „Wann können wir also heiraten, kleine Steffi?“
    Ich überlegte.
    „An meinem Geburtstag“, sagte ich. „Am zehnten November.“
    Wie merkwürdig! Schluß mit dem Einpauken zum Abitur! Für die Aufgaben, denen ich mich nun künftig gegenübergestellt sehen würde, bedurfte es keines Examens. Die Kenntnisse, die ich bereits besaß, genügten vollauf. -Schluß mit dem Strümpfestopfen, dem Abhören der Schularbeiten und dem Ludo-Spielen am Abend! Schluß mit dem Übersetzen von Büchern und Reklamebroschüren! Jetzt gab es für mich keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten mehr. Ich brauchte künftig weiter nichts zu tun, als einen großen Haushalt zu leiten, mich ausführen zu lassen und zu „repräsentieren“. Und ich bekam einen gut aussehenden, netten, reichen Mann – einen Mann, der mich auf den Händen tragen, der auf mich stolz sein würde.
    War ich nicht ein Glückspilz?
    „Nun sind wir wieder einmal auf dem Bahnhof“, sagte Carl. „Aber diesmal fällt es mir nicht so schwer, dich zu verlassen, Steffi. In ein paar Wochen sehen wir uns wieder!“
    Carl hielt meine Hand fest, bis der Zug sich in Bewegung setzte. Ich ging zu Fuß nach Hause. Ich brauchte frische Luft, und ich mußte meine Gedanken ordnen.
    Wann sollte ich es Lisbeth sagen? Und wie?
    Lisbeth und ich hatten uns in Unfreundschaft getrennt. Zuerst mußten wir wieder Freunde werden – richtige, gute Freunde – und dann mußte ich ihr sagen, daß – daß – ja, was? – Daß ihre Großmutter sich so nach ihr sehne – und daß ich Carl heiraten wolle – da würde sie sicher bei mir nicht bleiben wollen – und bei der Großmutter würde sie es so gut haben –
    Daß ich das fertigbrachte! Daß ich es fertigbrachte, so erbärmlichen Gedanken Raum zu geben, daß ich im Ernst die Absicht hegen konnte, die ehrlichste, treueste kleine Kameradin von der Welt zu verraten!
    Ich schäme mich – ich erröte, wenn ich daran denke. Und mir scheint, daß ich diese Niedertracht nie wieder gutmachen kann.
    „Lisbeth hat sich hingelegt“, sagte Erna, als ich nach Hause kam.
    „Jetzt schon? Es ist ja erst halb neun. Sie durfte heute doch bis neun aufbleiben.“
    „Sie sagte, ihr wäre übel.“
    „Sie wird heute mittag zuviel Schokoladenpudding gegessen haben. Ist Frieda hiergewesen?“
    „Nein. Man hat sagen lassen, sie dürfe nicht ausgehen, weil ihr kleiner Bruder Scharlach hat.“
    Es lief mir eiskalt über den Rücken. Scharlach! Ich hatte selber als kleines Kind Scharlach gehabt, und ich konnte mich noch erinnern, daß Übelkeit und Erbrechen die ersten Anzeichen gewesen waren. Ich hatte wochenlang gelegen. Wir hatten damals in Helsinki gewohnt. Eine reizende finnische Krankenschwester hatte mich gepflegt und mir zu essen gegeben, und als es mir wieder besser ging, hatte sie mir Märchen vorgelesen.
    Ich entledigte

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