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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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ein Kind zu sorgen brauchen.“
    „Nein, das habe ich nicht. Aber lassen wir das. Ich bin nicht hergekommen, um mich mit dir herumzustreiten, sondern um mit dir zu arbeiten. – Also? – Was weißt du von den Gleichungen zweiten Grades?“
    „Ich lerne heute nicht, Heming.“
    Ich stand auf – das heißt: ich versuchte aufzustehen. Eine kräftige Hand legte sich auf meine Schulter, so daß es richtig weh tat, und drückte mich auf den Stuhl zurück.
    „Ich fragte dich nach den Gleichungen zweiten Grades!
    Wenn du anfängst, Launen zu bekommen, dann machst du niemals im Sommer das Abitur.“
    Ich war wütend.
    Aber Heming lächelte gutmütig.
    „Sieh mal, Steffi! Ich kann dich eigentlich gut verstehen, aber du mußt dich nun einmal zusammenreißen, wenn du auch noch so wenig zum Lernen aufgelegt bist. Hast du dir ein Ziel gesetzt, dann mußt du es auch erreichen. Andernfalls verlierst du die Selbstachtung. Die ersten Male fällt es dir am schwersten; bald aber wird es dir zur Gewohnheit, die Müdigkeit zu überwinden. Siehst du nicht ein, daß ich recht habe?“
    Jetzt mußte auch ich lächeln.
    „Also gut. Probieren wir es! Du fragst nach den Gleichungen zweiten Grades. Willst du mir das nicht noch einmal erklären?“
    Und die Unterrichtsstunde nahm ihren Anfang.
    Lisbeth saß an ihrem eigenen „Schularbeitentisch“ und füllte eine Seite mit lauter K. Dabei hing ihr die Zunge weit aus dem einen Mundwinkel heraus. Sie war ungeheuer gewissenhaft. Sie störte nie, wenn Heming und ich zusammen arbeiteten. Das waren Schularbeiten, und Schularbeiten mußten ernst genommen werden. Sie schien es übrigens sehr lustig zu finden, daß ich genau wie sie auf der Schulbank sitzen und brav lernen mußte.
    Die zwei Unterrichtsstunden waren eine richtige Quälerei. Ich war daher heilfroh, als Erna meldete, es wäre angerichtet.
    Sie hatte eine erstaunliche Fähigkeit, sich lautlos im Zimmer zu bewegen. Wir hatten sozusagen gar nichts davon gemerkt, daß sie den Tisch gedeckt hatte.
    Es gab heute gekochten Dorsch. Ich war fürchterlich hungrig, aber ich mußte erst den Fisch für Lisbeth ausgräten. Inzwischen wurde mein Essen fast kalt. Und bevor ich noch meine erste Portion hatte aufessen können, verlangte Lisbeth schon ihre zweite.
    „Du mußt es bald lernen, deinen Fisch selber auszugräten, Lisbeth“, sagte ich. Dann wandte ich mich mit einem wohl sehr schwachen Lächeln an Heming und sagte:
    „Wenn man sich plötzlich eine Tochter anschafft, dann erlebt man so mancherlei, worauf man nicht gefaßt gewesen ist.“
    „Wie zum Beispiel das Ausgräten von Fischen.“
    „Ja – unter anderem.“
    „Das ist wohl so. Wenn man bedenkt: es gibt sicherlich einige tausend Hausfrauen hierzulande, die nicht für ein Kind, sondern für zwei, drei oder gar vier Kinder das Essen zurechtmachen müssen, bevor sie selber auch nur einen Bissen zu sich nehmen können. Außerdem aber müssen sie das Essen kochen und den Tisch decken, während des Essens aufstehen und in die Küche gehen, um die leeren Schüsseln wieder zu füllen, dem kleinsten Kinde den Mund abwischen, das zweitkleinste beruhigen, wenn es schreit, und vielleicht nach dem Essen mit dem ältesten die Schularbeiten machen – und bei alledem sollen sie sich ja schließlich auch ein wenig um ihren Mann kümmern – – o ja, die Frauen haben es manchmal nicht leicht.“
    Ich dachte über Hemings Worte nach und merkte gar nicht, daß mein Fisch ganz kalt wurde.
    „Du – eigentlich habe ich darüber noch nie nachgedacht. Ich habe es mir nie klargemacht, in wie hohem Maße man eine Hausfrau bewundern muß. So wie du es schilderst, ist das Dasein ja – man kann wohl sagen: für die meisten Frauen. So ist ihr Leben, und sie wissen, daß es immer so bleiben wird – ohne die geringste Aussicht auf eine Änderung.“
    „Dann geht’s in die Sommerferien – und das bedeutet für sie, daß sie genauso viel Arbeit haben wie in der Stadt, nur daß sie unter doppelt schwierigen Verhältnissen arbeiten. Statt des elektrischen Herdes haben sie einen schlecht funktionierenden Spirituskocher, das Wasser muß eimerweise herbeigeschleppt werden, der Platz, der ihnen zur Verfügung steht, ist dreimal so klein wie zu Hause, und sie wissen nicht, wo sie alle Sachen unterbringen sollen. Aber der Mann verlangt dieselbe Ordnung und Behaglichkeit, wie er sie von daheim gewohnt ist, und die Kinder müssen auch hier gefüttert, gewaschen und gekämmt und mit frischen Windeln versehen

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