Brausepulver für den Papst
Flüchtlingsprojekt gewinnen. Hatte ich Dir das schon gesagt? Justin schwebt vor, da unten ein Auffanglager für politisch Verfolgte und Folteropfer einzurichten, wo die armen Menschen medizinisch gut versorgt und ernährt werden, bevor man ihnen im Ausland Asyl besorgt. Justin glaubte, dass ein Mann wie Midian mit seinen Verbindungen, seinem Geld und seiner humanitären Einstellung genau der richtige Sponsor für so ein Projekt wäre. Aber ich traue diesem Menschen nicht. Gegen Justins Raymond habe ich nichts. Der ist aristokratisch britisch und ganz harmlos, aber gegen Midian kommt die stärkste Frau nicht an, außer Dir! Du hast es geschafft, ihn in die Flucht zu schlagen. Erst war ich ja sauer auf Dich, aber mittlerweile glaube ich, dass es so besser für uns ist.
Trotzdem sollten wenigstens wir drei die Reise antreten. Justin war es mit seiner Einladung nach Khartum ernst, und jetzt will er wissen, ob wir kommen. Er fährt sowieso wieder runter, und uns beiden würde ein Urlaub guttun.
Wir brauchen Impfungen gegen Hepatitis, Gelbfieber, Cholera, Tollwut, Kinderlähmung und die Pocken, eine Malariaprophylaxe, Tabletten gegen Bilharziose und jede Menge Mückenspray, nicht zu vergessen diverse Visa und ein paar andere Formalitäten. Wenn wir diese Woche damit anfangen, können wir in drei Wochen losfliegen.
Liebe Grüße,
Deine Fiona
An
Fiona Becker
Berlin, Postfach
Hallo Fiona,
finde ich riesig nett, dass ihr mich nach meinem Auftritt in Rom immer noch mitnehmen wollt. Weißt Du eigentlich mehr über diesen Löwentempel, von dem Justin erzählt hat? Ich bin sehr gespannt darauf. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für antike Ruinen.
Schade, dass ihr beide nichts mehr von Midian gehört habt. Aber Du hast schon recht, trauen kann man dem bestimmt nicht. Justin sollte sich lieber einen anderen suchen, der sein Projekt unterstützt. Vielleicht können wir ihm dabei helfen.
Ich freue mich sehr auf diesen Urlaub. Wir sehen uns in Khartum.
Bis dann,
Deine Barbara
Vier Wochen später im Khartum-Hilton. Die im Kolonialstil eingerichtete Halle mit ihren Korbsesseln und Palmenkübeln war nur schwach besetzt. Außer Barbara, Fiona und Justin waren lediglich zwei verwegen aussehende Globetrotter und ein englisches Ehepaar anwesend. Zwischen den Gästen huschten dienstbeflissen ein paar junge Kellner umher, jeder mit einem roten Fez auf dem Kopf, als thronte der Khedive noch immer zwischen Jordan und Atlas.
Justin, Fiona und Barbara saßen beim Frühstück und planten ihren Ausflug zum Löwentempel. Justin, ganz kenntnisreicher Reiseleiter, erläuterte den beiden Frauen die historische Bedeutung des alten Gemäuers. Sie waren so in ihre Unterhaltung vertieft, dass ihnen der hochgewachsene Tuareg in den dunkelblauen Gewändern und dem Gesichtsschleier nicht auffiel, der soeben das Hotel betreten hatte. Mit raubtierhafter Geschmeidigkeit bewegte er sich durch das Foyer. An seinem Gürtel baumelte ein langes Schwert. Die Globetrotter verstummten und starrten ihn ehrfürchtig an. Es kam nur selten vor, dass sich ein Tuareg in diese klimatisierten Hallen verirrte.
Der Angestellte hinter der Rezeption schreckte zusammen, als der Mann plötzlich vor ihm auftauchte. Mit offenem Mund hörte er dem Fremden zu, dann deutete er auf eine Sitzgruppe am Ende des Frühstücksraums. Der Tuareg legte die Hand auf den Knauf seines Schwertes und entfernte sich auf nackten Sohlen.
Justin erhob sich. »Ich muss gleich los und mich um meine Schäfchen kümmern. Bin sowieso schon zu spät dran. Soll ich euch vorher noch was zu trinken holen?«
Barbara wollte ein Mineralwasser. Fiona entschied sich für einen Dattelschnaps mit viel Eis. Justin ging hinüber zur Bar. Während der Barkeeper die Gläser füllte, begannen seine Finger auf einmal zu zittern. Justin fand das komisch und wollte sich gerade umdrehen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte und eine tiefe Stimme auf Arabisch sagte: »Was für ein schöner Anhänger, den du da trägst, Fremder. Darf ich fragen, wo man so etwas bekommt?«
Unwillig schüttelte Justin die Hand ab. Neben ihm stand ein Tuareg. Die dunklen Augen in dem verschleierten Gesicht musterten neugierig den Sirrusch auf Justins Brust.
»So was kann man nicht kaufen«, antwortete Justin zurückhaltend. »Ein Freund hat ihn mir geschenkt.«
»Aha, ein Freund!« Der Fremde packte den Anhänger und zog Justin ganz nah an sein Gesicht. »Das ist ein Sirrusch, nicht wahr? Sie sind selten, sehr selten. Ich habe bisher
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