Brausepulver für den Papst
geschmeidig aus. »Die letzte Runde geht an mich.«
Justin knirschte wütend mit den Zähnen, aber er konnte den Blick nicht von Midian lösen. Midian strich sich mit einer Hand provozierend über den flachen Bauch. Justins Augen wurden groß, und nicht nur seine Augen. Sein Mund wurde trocken. Er spürte, wie sich Midians heißer Leib an seinen Rücken schmiegte. Beide waren so beschäftigt, dass ihnen entging, wie Fiona und Barbara das Schauspiel mit verklärten Gesichtern genossen. Erst sehr viel später kettete Midian Justin los. Erschöpft glitt Justin in die Arme der Drei.
»Na, habt ihr nun alle euren Spaß gehabt?«
Midian strich ihm zärtlich die Haare aus der Stirn. »Du bist der hübscheste Haken-Boy, den ich je hatte.«
Fiona und Barbara grinsten sich verschwörerisch an, dann warfen sie sich auf Justin und küssten ihn herzhaft, die eine links, die andere rechts. »Unserer auch!«, riefen sie.
4. Kapitel
Ein Anwalt kommt selten allein
TELEFAX
Midian
Residenz Gordon Pascha
Khartum
Verehrter Monsieur Midian,
Ihr Interesse an meiner Sammlung ungewöhnlicher Pilzgerichte ehrt mich. Ich habe gerade ein Soufflé komponiert, dessen Zutaten ich noch geheim halte. Zweifellos werden Sie als Kenner Verständnis für meine Vorsicht haben. Um die Sache abzurunden, fehlt mir eine Sorte, die ihren vollen Reiz nur auf sandigen Böden und unter großer Hitzeeinwirkung entfaltet.
Ich erwäge deshalb Ihren Vorschlag, Khartum einen kurzen Besuch abzustatten. Die dortigen klimatischen Verhältnisse scheinen ideal für diese spezielle Pilzart zu sein. Ich verlasse mich jedoch darauf, dass die Beseitigung von Giftpilzen weiterhin in Ihrer Hand bleibt. Für derartige Erntearbeiten besitze ich leider kein passendes Werkzeug.
Ferner möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die pfeilschießende Stinkmorchel keinesfalls mit dem klebrigen Granaten-Röhrling verwechselt werden darf, obwohl sich beide sehr ähnlich sehen und ein ähnliches Klima bevorzugen. Bei ersterer handelt es sich um eine fernöstliche Sorte. Sie gedeiht bevorzugt im Schatten der sogenannten Machthaber-Kiefer und bevorzugt nährstoffarme chinesische Böden.
Für den Fall, dass Sie an eine eigene kleine Pilzzucht denken, noch ein Tipp: Pilze brauchen viel warmen Regen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Maurice Castellane, Rechtsanwalt
Endlich einmal Ruhe! Erleichtert sackte Justin in einen Sessel in der Hotellobby. Fiona arbeitete an ihrem Artikel über den Löwentempel, den sie für den Reiseteil von
Rat & Tat
schreiben wollte. Mit ihr war also nicht zu rechnen, und wo Midian und Barbara steckten, wusste Justin nicht. Die letzten Tage hatten ihn geschafft. Er hing an den Dreien, aber normal waren die nicht, und Justin sehnte sich nach Normalität, wenn auch nur vorübergehend. Aufseufzend goss er sich einen Dattelschnaps ein, da fiel sein Blick auf die Rezeption. Am Empfang stand ein westliches Paar. Der Mann war sehr groß und sehr schlank, fast hager. Er trug einen grauen Maßanzug mit Weste und ein Seidenhemd im gleichen dezenten Farbton. So was konnte Justin sich nicht leisten.
Aber wie sagt doch Fiona immer?,
schoss es ihm durch den Kopf.
Es kommt nicht auf den Anzug an, sondern auf den Mann, der darin steckt.
Justin grinste, den Blick immer noch auf die Neuankömmlinge gerichtet. Der Mann interessierte ihn. Für einen gesunden Menschen bewegte er sich zu steif, und seine linke Hand ruhte auf einem Stock. Hatte er bei dieser Hitze tatsächlich Handschuhe an? Justin runzelte die Brauen. Auf dem blassen, aristokratischen Gesicht lag ein gelangweilter Ausdruck. Die Augen waren hinter undurchsichtigen Brillengläsern verborgen, die blonden Haare akkurat frisiert.
Der Mann war gut einen Kopf größer als seine Begleiterin. Justins Blicke wanderten zu ihr hinüber. Sie sah nett aus mit ihrem aschblonden Pagenkopf, frisch und irgendwie jünger, als sie vermutlich war. In ihrem bunten Sommerkleid passte sie absolut nicht zu dem Mann.
Was die beiden wohl nach Khartum treibt?,
überlegte Justin und beobachtete, wie der Mann sich langsam durch die Hotelhalle zu den Fahrstühlen bewegte, eine Hand auf den schönen Gehstock gestützt, den anderen Arm um die Taille der Frau gelegt, die ihm geschickt behilflich war.
War sie seine Angetraute oder seine Krankenschwester? Aus dem Benehmen der beiden konnte Justin das nicht schließen. Ganz offensichtlich hatte die Frau Erfahrung mit der Behinderung des Mannes. Er schien wirklich nicht gesund zu sein, sein Hinken war
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