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Brausepulver für den Papst

Brausepulver für den Papst

Titel: Brausepulver für den Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Gertrud war nicht im Foyer. Er atmete auf, bestellte einen Dattelschnaps, schluckte ihn und bestellte gleich noch einen. Der hübsche Barkeeper war kein Ersatz für Midian, aber besser als eine hohle Hand am Schaft. Justin schenkte ihm ein warmes Lächeln.
    »Ganz allein heute Abend, Mr. Forsythe?«
    »Ja, Achmed.« Justin hielt ihm sein leeres Glas hin. »Schenk mir noch mal ein, Freund.«
    Achmed nahm die Flasche. »Mr. Forsythe, Sie werden einen Schwips bekommen!«, warnte er. »Ist Ihr Freund abgereist? Sie wissen schon, der Langhaarige mit dem animalischen Charme.«
    »Midian. Ja …« Justins leicht umflorter Blick verlor sich in dem Flaschendschungel an der Wand, während er sein Glas zum dritten Mal hinstreckte.
    »Aber Mr. Forsythe, Sie verschütten ja alles.«
    »So?« Justin zuckte zusammen.
    Achmed zwinkerte ihm zu. »Sie denken wohl gerade an Ihren Freund?«
    Justin starrte ihn aus brennenden Augen an, dann schob er sein arabisches Gewand von der Schulter und entblößte seine Tätowierung. »Siehst du das, Achmed? Kannst du das lesen?«
    »Natürlich, Mr. Forsythe, das ist ein arabisches
kha.«
    »Du kannst mich Justin nennen.« Justin schluckte den dritten Dattelschnaps. Dann tippte er auf das Zeichen. »Ja, ein
kha«,
sagte er heiser. »Und weißt du, wofür das steht?«
    »Für Coca-Cola?«
    »Dummkopf! Es steht natürlich für
khabir
, das bedeutet Führer. Ich habe mal einem Beduinenfürsten aus der Klemme geholfen. Es ist eine Auszeichnung, verstehst du? Eine hohe Ehre, es zu tragen.«
    Achmed zauberte ein ehrfürchtiges Staunen auf seine Züge. »Ich weiß schon lange, dass Sie ein großer
khabir
sind, Justin.«
    Er wischte die Bar mit einem Lappen ab und streifte dabei Justins Hand. »Und Ihr kleiner
khabir
? Wird er auch bald groß und stark sein?«
    Justin schob Achmeds Arm zur Seite und starrte ihm ins Gesicht. Ihm war, als sähe er zwei Achmeds. »Nicht heute Abend«, murmelte er. »Oder kannst du tun, was
Er
getan hat?«
    »Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet.«
    Justin hörte gar nicht zu. »Er hat mich erleuchtet, hat mich die wahre Bedeutung meines
kha
spüren lassen:
kha
wie
khaddam!
Das heißt Diener, Untergebener, Sklave.« Justin schloss die Augen. »Ja, Sklave heißt es.« Unwillkürlich rutschte er auf seinem Barhocker umher. Noch heute taten ihm diverse Körperteile weh, besonders wenn er saß. Jeans konnte er derzeit auch nicht tragen, doch das machte nichts. Die Touristen mochten es, wenn er sich in Beduinenkleider hüllte und sein Lawrence-von-Arabien-Image pflegte.
    Achmed verstand nicht so recht, wovon der Silberblonde redete. »Äh … Sie sollten nicht so viel trinken, Justin.«
    »Gib mir noch einen, Achmed!« Justin wusste genau, warum er sich betrank. Sein Kopf sank fast auf den Tresen. Im letzten Moment riss er sich zusammen. Sein Glas war schon wieder leer.
    »Sie sollten ins Bett gehen, Justin. Soll ich Sie hinauf begleiten?« In Achmeds Mandelaugen lag ein Versprechen.
    Justin lächelte schwach. »Ich bin in Ordnung. Mach mir einen starken Mokka, Achmed, ja?«
    »Mister Forsythe?« Eine kleine, braune Hand legte sich sachte auf seinen Unterarm.
    Justin drehte sich mühsam um. Vor ihm stand ein junger Page. »Ja, Omar?«
    »Telefon, Sir. Wollen Sie das Gespräch in der Halle annehmen oder auf Ihrem Zimmer?«
    Midian!,
war Justins erster Gedanke. Bei der Erinnerung an die herrische Stimme begann sein Herz erwartungsvoll zu klopfen. Die Stimme, die ihn auf die Knie zwang.
    Er wagte es nicht, in seinem Zustand das Foyer zu durchqueren, also sagte er: »Lass es mir an die Bar durchstellen, Omar.«
    Bevor der altertümliche Apparat zu seiner Rechten zu schrillen begann, genehmigte sich Justin noch einen Schnaps. Inzwischen hatte er aufgehört zu zählen.
    »Justin? Hier ist Raymond! Ich versuche seit Tagen, dich zu erreichen. Sag mal, was zum Teufel geht da unten vor sich? Die Londoner Presse ist voll von Geschichten über verschleppte Politiker, und ständig taucht dein Name auf. Ist dir klar, in was für eine peinliche Situation du mich bringst?«
    Justins benebeltes Hirn konnte mit dieser überraschenden Attacke nichts anfangen. »St. Jones?«, nuschelte er. »Wie schön, deine Stimme zu hören. Danke, mir geht's gut, und dir?«
    »Justin, was treibst du? Bist du etwa betrunken?« Raymond St. Jones' distinguierte Stimme wurde scharf.
    Justin ließ vor Schreck fast den Hörer fallen und musste sich am Tresen abstützen. »Ich bin nicht

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