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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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einen geschaffen hast, du könntest unmöglich verstehen, was ein Meister durchmacht, wenn ihm sein Gefährte weggenommen wird.« Sie bedachte ihn mit einem traurigen Lächeln, und sein Gesicht verfinsterte sich.
    »Ich…«, setzte Tatius an.
    »Schweig«, blaffte sie und kehrte ihm den Rücken zu.
    Sie dreht ihm ihren Rücken zu? Vertrauen oder… Geringschätzung? Eindeutig Geringschätzung. Sie hatte gerade erklärt, dass Tatius keine Bedrohung darstellte. Über ihre Schulter hinweg sah ich, wie er wütend wurde. Sein Ärger hüllte ihn ein, und das Kerzenlicht flackerte, jede winzige Flamme zitterte in der wachsenden Spannung.
    Die Sammlerin schien es nicht zu bemerken.
    »Eremit«, sagte sie. »Ich habe ein Angebot für dich. Komm in meine Stadt, bring deine Gefährtin mit, und ich verspreche dir, dass niemand sie dir wegnehmen wird.«
    Ich schluckte und sah zu Nathanial. Sein Gesicht war bewusst ausdruckslos, als sein Blick von mir zu Tatius und dann wieder zurück zu mir glitt. Die Sammlerin beobachtete ihn mit einem breiter werdenden Lächeln.
    »Du musst dich nicht sofort entscheiden, Eremit. Aber bald, sehr bald.« Sie gab dem Reisenden ein Zeichen, worauf dieser und Elizabeth an ihre Seite eilten.
    Tatius schlenderte durch den Raum. Seine Haltung war lässig, und doch hatten seine fließenden Bewegungen etwas von einem Raubtier, das zum Sprung ansetzt. Er trat zwischen die Sammlerin und mich, dann schlug er, beinahe, als wäre ihm der Gedanke erst nachträglich gekommen, Nathanials Hand von meiner Taille fort.
    »Wie kannst du es wagen, in meine Stadt zu kommen und so viel Unruhe zu stiften!« Er verschränkte die Arme vor der Brust, und obwohl er die Sammlerin überragte, gelang es ihr, ihn von oben herab anzusehen. Drohend trat er noch näher vor sie. »Du hast Anschuldigungen erhoben, meine Gastfreundschaft beleidigt, und nun versuchst du auch noch, einen Keil in meinen Rat zu treiben? Ich will, dass du aus meiner Stadt verschwindest.«
    Sie lachte, ein humorloses Geräusch. »Du hast nicht die Macht, diesen Befehl durchzusetzen, wenn ich mich entscheiden sollte zu bleiben. Du konntest nicht einmal ein Vampirkind halten, das du bereits an dich zu binden begonnen hast.«
    Nathanial trat um mich herum, sodass er mich vom Rest des Raums abschirmte, während die anderen Ratsmitglieder als Reaktion auf die offene Drohung der Sammlerin auf die Füße sprangen. Die Vampire, die die Wände an beiden Seiten des Raums säumten, strafften die Schultern. Es wurden Krawatten gelockert und mit den Fingerknöcheln geknackt. Gewalt lag in der Luft. Sättigte sie immer mehr, bis ich befürchtete, dass die kleinste Bewegung Blutvergießen auslösen könnte.
    Plötzlich schrie jemand, und alle Blicke hefteten sich auf die Tür, die gerade aufgestoßen wurde. Der bullige Vollstrecker, den die Sammlerin letzte Nacht mitgebracht hatte, stürmte herein. Er trug eine Schachtel, die reichlich unscheinbar aussah, doch durch den Raum erreichte mich der Geruch von altem Blut, von Tod. Ich krallte die Finger in Nathanials Smoking, und er legte beruhigend seine Hände über meine.
    »Etwas Totes«, flüsterte ich so leise wie möglich, dennoch drehten sich Köpfe in meine Richtung.
    Der Vollstrecker kniete vor der Sammlerin nieder, den Kopf über die Schachtel gebeugt. »Vergib die Störung, Herrin. Das hier wurde gerade abgegeben.« Er öffnete die Schachtel und hielt sie ihr hin, damit sie sie in Augenschein nehmen konnte.
    Ihre Augen wurden so groß und rund wie die Punkte von Ausrufungszeichen, und ausnahmsweise hielt ich ihre Zurschaustellung von Emotionen nicht für berechnet oder vorgetäuscht. Ihre Finger zitterten, als sie in die Schachtel fasste.
    Als ihre Hand wieder zum Vorschein kam, hatte sie die Finger im kurzen braunen Haar des Kopfes eines Fremden vergraben. Sein vom Tod erschlaffter, offener Mund enthüllte zwei Lücken im Oberkiefer. Lücken, wo ihm die Fangzähne gezogen worden waren.
    »Was soll das bedeuten, Puppenspieler?« Die Stimme der Sammlerin bebte leicht, ob aber vor Entsetzen oder Wut, konnte ich nicht sagen. Wahrscheinlich beides.
    Tatius sah sich unter seinem Hofstaat um, dann fiel sein Blick auf Nuri. Sie schüttelte den Kopf, und er wandte sich wieder zur Sammlerin um. »Ich bin ratlos.«
    »Ratlos? Ratlos?« Ihre Stimme wurde höher als ihr üblicher Tenor. »Zuerst wird eines meiner Sammlerstücke ermordet und jetzt auch noch einer meiner Vollstrecker? Steckst du dahinter? Ich glaube, du willst

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