Braut der Nacht
und her wiegte. »Ich frage mich, ob ich dich dazu überreden könnte, dich von ihr zu trennen. Sie würde eine reizende Ergänzung meiner Sammlung darstellen. Ich würde dich großzügig entschädigen.«
Das Herz blieb mir stotternd stehen, und mein ganzer Körper verspannte sich. Ich sah verzweifelt zu Nathanial hinüber. Sein Blick suchte den meinen, und er schüttelte den Kopf, eine kleine Bewegung nur, aber ihr fehlte sein übliches Selbstvertrauen, und ich war mir nicht sicher, ob sie an mich oder Tatius gerichtet war.
Tatius würde nicht … Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, was Tatius tun oder nicht tun würde.
»Ich bin ziemlich angetan von meiner Gefährtin. Ich denke, ich werde sie behalten«, verkündete Tatius schließlich.
Ich zerschmolz regelrecht vor Erleichterung und stieß den angehaltenen Atem aus, dabei konnte ich nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete. Nathanial entspannte sich ebenfalls, und wenn ich nicht beobachtet hätte, wie sich seine Anspannung löste, hätte ich nicht geglaubt, dass sie überhaupt da gewesen war.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Sammlerin und zwang mich, eine, wie ich hoffte, ausdruckslose Miene aufzusetzen. Dabei blieb mein Blick an Elizabeth hängen. Sie zeigte wieder dieses verstohlene Lächeln, als hätte sie ein kleines Geheimnis. Geziert erhob sie sich und schlenderte an die Seite der Sammlerin. Sie knickste, dann, auf das Nicken der Sammlerin hin, beugte sie sich vor und flüsterte etwas in einer melodischen Sprache, der ich nicht folgen konnte.
Als sie damit fertig war, lächelte die Sammlerin ebenfalls. Ihre Augen funkelten, als sie mich ansah. Dann wurden sie schwarz.
Der ganze Raum versank in Dunkelheit– der Dunkelheit, die ich in ihren Augen gesehen hatte. Was …? Ich versuchte, mich umzusehen, doch da war nichts, niemand, nur Schwärze. Das Nichts? Aber das war es nicht. Das Nichts war erdrückend in seiner gähnenden Leere. Das hier, das war Dunkelheit erfüllt von einer Gegenwart. Diese Gegenwart war so nah, so alles umfassend, dass ich das Gefühl hatte, zu ersticken. Vampirkräfte. Das musste es sein.
»Kehre zu deinem wahren Meister zurück, Kind«, befahl eine Stimme in der Dunkelheit.
Die Worte sickerten mir unter die Haut. Drängten mich dazu, mich zu bewegen. Zu gehen. Die Dunkelheit zog sich zurück und enthüllte geisterhafte Silhouetten um mich herum. Nathanial hob sich deutlicher von den anderen grauen Gestalten hervor. Ich musste zu ihm gehen. Ich musste einfach.
Ich sprang auf und streckte die Hand nach ihm aus, aber ich konnte mich nicht von der Stelle bewegen. Etwas hielt mich zurück, hielt mich fest. Ich runzelte die Stirn. Ich musste mich bewegen. Musste gehen. Ich sah hinter mich. Ein grauer Geist von Tatius hielt meinen Arm fest. Graues Licht leuchtete in seinem Gesicht und wurde heller, strahlender, bis Grün durch den Nebelschleier drang. Seine Augen.
Das Licht, das er ausstrahlte, griff nach meinem Körper und übernahm die Kontrolle. Ich konnte mich nicht bewegen, aber ich wollte es noch. Die Welt blieb grau, bis auf Tatius’ Augen und den flüchtigen Schimmer von Nathanial.
»Denkst du, du kannst sie halten? Gegen mich ankämpfen?«, fragte die Stimme in der Dunkelheit, und der Nebel wurde dichter, die erstickende Gegenwart schwerer.
Der Nebel ballte sich um Tatius. Das strahlende grüne Licht verblasste. Mein Körper gehörte wieder mir. Ich riss meinen Arm aus Tatius’ Griff und rannte zu Nathanial. Sein Geist fing mich mit offenen Armen auf und zog mich an seine Brust.
Farbe ergoss sich über die Welt wie in einem schwindelerregenden Kaleidoskop. Ich blinzelte. Nathanials vertrauter Geruch hüllte mich ein.
Oh, Scheiße. Die Sammlerin hatte ihre Vampirkräfte spielen lassen und etwas mit mir gemacht. Es war nicht meine Schuld. Aber würde das für Tatius eine Rolle spielen? Ich stemmte mich gegen Nathanial, bis er mich losließ, damit ich mich wieder frei bewegen konnte. Dann drehte ich mich zu den Leuten im Raum um.
»Wie ich vermutet hatte«, sagte die Sammlerin. Ihre Augen waren wieder braun. Sie schüttelte den Kopf, stand auf und kam auf mich zu. Ich wich zurück, als sie die Hand nach meinem Gesicht ausstreckte, aber ich konnte nirgendwo hin, da Nathanial hinter mir stand. Sie berührte meine Wange nur kurz mit ihren kühlen Fingerspitzen, bevor sie sich an Tatius wandte. »Mein lieber Junge, du, der du so viele Gefährten gestohlen, aber nie selbst
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