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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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innerlich erleichtert, dass es ihr zumindest gelungen war, das blutige Stroh des Lagers rechtzeitig verschwinden zu lassen.
    »Manche in Rieti halten Euch sogar für sein Liebchen. Aber Ihr wisst ja, dass ich nichts auf solches Gerede gebe.«
    Jetzt hätte Stella am liebsten mitten in Antonellas selbstgerechtes Gesicht gespuckt, doch erstaunlicherweise
gelang es ihr, Ruhe vorzutäuschen. Sie dachte an Leo, den Mann, den sie liebte und mit allen Fasern ihres Körpers vermisste. Das verlieh ihr neue Kraft.
    Sie würden sich wiedersehen. Sie mussten sich wiedersehen. An diesen Gedanken klammerte sie sich.
    »Dann ist es ja gut«, sagte sie, während ihr Herz hart gegen die Rippen hämmerte. »Denn das zu unterstellen, wäre blanker Unsinn. Padre Leo ist ein heiliger Mann. Ich bin ihm lediglich behilflich, sich mit den Menschen hier besser zu verständigen.«
    »Mag ja durchaus sein.« Die Wirtin ließ sie keinen Moment aus den Augen. »Seltsam nur, dass Ihr dabei ausseht wie eine Katze, der man gerade den Sahnetopf geklaut hat. Wo wollt Ihr denn jetzt hin, so mutterseelenallein?«
    Es lag eine Hartnäckigkeit im Tonfall der Wirtin, die Stella noch wütender machte. Was geht dich das an?, hätte sie am liebsten geschrien. Hör endlich auf, deinen neugierigen Rüssel in meine Angelegenheiten zu stecken! Doch wäre das klug gewesen?
    Leo würde vermutlich nach Rieti zurückkommen. Vielleicht keimte ja bereits der Verdacht in ihm, dass sie sich den römischen Kaufleuten nicht angeschlossen hatte. Eigentlich müsste er sie mittlerweile gut genug kennen, um zu wissen, dass sie es gar nicht getan haben konnte . Dann würde er nach seiner Rückkehr Antonella fragen, wohin sie stattdessen gegangen war. Einzig und allein aus diesem Grund stand sie noch hier und gab sich alle Mühe, ihre Stimme im Zaum zu halten, obwohl es innerlich in ihr brodelte.
    »Nach Greccio«, sagte sie, scheinbar ganz ruhig.
    »Zu Padre Stefano?«, fragte Antonella entgeistert. »Das würde ich mir an Eurer Stelle noch einmal gut überlegen! Er ist nicht halb so beliebt, wie unser verstorbener Padre
Sebastiano es war. Launen soll er haben und gewisse Besonderheiten, das wissen alle hier im Tal. Manch einen aus Rieti hat er einfach wieder weggeschickt, ohne sich dessen Sorgen auch nur angehört, geschweige denn sie gelindert zu haben.«
    »Wer auch immer dort leben mag, es soll mir recht sein. Ich habe ein Gelübde abgelegt, und diese Einsiedelei ist mein Ziel.« Mit diesen Worten ließ Stella die Wirtin stehen und trat hinaus auf die Gasse.

    Die Häuser von Rieti lagen schon bald hinter ihr, so energisch schritt sie aus, obwohl die Sonne erbarmungslos herunterbrannte. Die Haube klebte ihr am Schädel, die Schläfen pochten, und sie hatte das mitgeführte Wasser viel zu schnell ausgetrunken. Außerdem rieben die Schuhe, und als Stella innehielt, die Übeltäter abstreifte und nachschaute, entdeckte sie an jeder Ferse eine dicke Blase. Sollte sie barfuß weiterlaufen?
    Angesichts des steinigen Weges entschied sie sich dagegen. Sie war nun mal kein Bauernmädchen mit dicker Hornhaut an den Sohlen, sondern eine verwöhnte Städterin, was sie jetzt überdeutlich zu spüren bekam.
    Zum ersten Mal seit ihrer Flucht aus Assisi stieg so etwas wie Heimweh in ihr auf. Keineswegs nach Simonettas Gekeife und ebenso wenig nach Vascos unentwegten Ausflüchten, doch sehr wohl nach der Behaglichkeit des Hauses, die sie von klein auf umgeben hatte, vor allem aber nach Ilarias fröhlichem Lachen und der Unbekümmertheit, mit der sie alle Sorgen und Schwierigkeiten wegzuwischen pflegte. Ob sie das Leben mit ihrem geliebten Federico nun aus vollem Herzen genoss? Oder hatte sich sogar in Ilarias
leuchtendes Glück leise Traurigkeit eingeschlichen, weil auch sie die Schwester vermisste?
    Stellas Augen waren plötzlich feucht geworden. Ihr Blick fiel auf die langen, spitzen Blätter einer Pflanze, die am Rand eines abgeernteten Feldes wuchs und etwas Vertrautes in ihr lebendig werden ließ. Der Name der Pflanze allerdings wollte ihr nicht mehr einfallen, aber Marta hatte sie ihr und Ilaria bei einem Spaziergang vor den Toren einmal gezeigt. Man musste etwas Spezielles damit anstellen, um in den vollen Genuss ihrer Heilkraft zu kommen, so viel wusste Stella noch. Doch was genau war das gewesen?
    Sosehr sie ihr Hirn auch marterte, die Erinnerung daran kam nicht mehr zurück. So legte sie schließlich je ein Blatt auf die wunden Fersen und schlüpfte wieder in die Schuhe.
    Die

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