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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sollte ich dich auf der Stelle wegjagen. Denn ihr Weiber tragt die Sünde in die Herzen der Männer und bringt nichts als Unruhe und Ärger in die Welt.«
    »Da irrt Ihr Euch!«, protestierte Stella. »Es gibt viele Frauen, die Gutes tun. Außerdem werdet Ihr mich gar nicht bemerken, das gelobe ich bei allem, was mir heilig ist. Ich möchte in mich gehen, Buße tun und …«
    »Das geht mich nichts an«, unterbrach er sie, während er gleichzeitig neugierig auf ihre geschundenen Füße starrte. »Ins Kloster darfst du ohnehin nicht. Einmal war ich schon so dumm, eine Ausnahme zu machen, doch das ist lange her. Ein Fehler, den ich tief bereut habe und niemals wieder …« Sein haariger Zeigefinger fuhr über das Gesicht, als wollte er mit aller Macht etwas wegwischen. »Das Kloster des poverello zu betreten, bleibt einzig und allein Männern vorbehalten.«
    Was machte ihm solche Angst? War es die seltsame Haube, die sie gewiss wie eine Vogelscheuche oder sogar Verbrecherin aussehen ließ? Rätselte er, was sie darunter verborgen haben mochte?
    Dann sollte er auf der Stelle Gewissheit erhalten! Mit einem Ruck zog Stella die lästige Bedeckung vom Kopf und fuhr sich mit der Hand durch die feuchten kurzen Haare.
    Jetzt besaß sie seine Aufmerksamkeit, doch das schien noch nicht genug. Was konnte sie zusätzlich anstellen, um
ihn doch noch umzustimmen? Verzweifelt rang sie um die richtigen Worte, aber ihr Kopf war plötzlich ganz leer.
    »Allerdings gäbe es da noch zwei alte, halb verfallene Hütten«, hörte sie den Mönch zu ihrer Überraschung weitersprechen. »Unterhalb des Klosters. Dort könntest du schlafen, wenn es unbedingt sein muss. Vorausgesetzt allerdings, ich bekomme dich so gut wie nie zu Gesicht.«
    »Das werdet Ihr nicht, Padre Stefano, versprochen!«, rief Stella und sprang auf. »Ich kann mich unsichtbar machen. Ihr seid doch Padre Stefano?«
    »Wer sonst?«, brummelte er und wandte sich zum Gehen. »Und gib auf dich acht, Mädchen! Wer nicht mehr richtig stehen kann, verliert auch in anderen Dingen schnell an Weitblick.«

    »Du hast sie gehen lassen?« Die Stimme des Mannes war blankes Eis. »Wie konntest du?«
    Antonella spürte, wie ihre Kehle eng wurde. Dabei hatte sie alles streng befolgt, was er angeordnet hatte: gewartet, bis es dunkel geworden war, bevor sie ihn und seinen Gefährten aufgesucht hatte; sich während des ganzen Weges vergewissert, dass niemand ihr gefolgt war; viermal an die Türe gepocht; von dem Ärger, den sie mit Pino hatte, wenn sie nachts allein in der Stadt unterwegs war, ganz zu schweigen. Erst gestern hatten sie sich bis zur Heiserkeit angeschrien und bis zum ersten Sonnenstrahl kein Wort mehr miteinander geredet.
    Wogen das etwa die paar Silberstücke auf, die der Mann ihr im besten Fall anschließend wieder zuschieben würde, so abfällig, als wären es Exkremente, mit denen er nicht in Berührung kommen wollte?

    »Wie sollte ich sie denn aufhalten?«, erwiderte Antonella trotzig und wehrte sich gegen das Gefühl der Beklemmung, das sie zu befallen drohte. »Ich kenne sie doch kaum!«
    »Durch kluges Reden, eine List, irgendetwas! Ich hätte dich für schlauer gehalten, Antonella.«
    Es gefiel ihr nicht, wie er ihren Namen aussprach. Als wäre sie sein Eigentum, dabei war sie doch eine stadtbekannte Wirtin und Pinos ehrbare Ehefrau. Der Mönch und die junge Frau waren ihr von Anfang an verdächtig erschienen. Doch angesichts dieses schwarzen Rückens, der nicht einmal Anstalten machte, sich zu ihr umzudrehen, während sie miteinander redeten, empfand Antonella mit einem Mal beinahe etwas wie Zuneigung zu den beiden.
    »Ich bin alles andere als dumm, und das wisst Ihr genau. Aber wie soll ich gewisse Leute zum Reden bringen, wenn sie unbedingt schweigen wollen?« Ihre Stimme troff vor Empörung. »Der Mönch war bereits verschwunden, bevor es richtig hell geworden war. Pino hat ihn mit einem römischen Kaufmann tuscheln hören, und der wollte gen Norden …«
    »Nach Norden?«, unterbrach der Mann sie. »Das glaube ich nicht. Was sollte er dort anfangen?«
    »Sagt Ihr mir es!« Plötzlich bekam sie richtig Lust auf Streit.
    »Nein, nein, dorthin wird er wohl kaum mitgegangen sein.« Der Mann im schwarzen Umhang hatte sich erhoben und begann, vor dem verdunkelten Fenster auf und ab zu gehen. »Aber ich könnte mir vorstellen …« Die Feder war ihm aus der Hand gefallen, und er bückte sich schnell, um sie wieder aufzuheben.
    Sie hatte ihn beim Schreiben gestört –

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