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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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von dannen.
    »Als er schließlich wie ein Idiot herausgestolpert kam, hatte er die Schale mit der eingeritzten Inschrift noch immer der Hand. Er wird hinaufmarschieren, da bin mir ziemlich sicher.«
    Schiefnases Blick flog zu dem dritten Mann am Tisch. »Wieso macht der Kerl neben dir eigentlich nicht ein einziges Mal das Maul auf? Hat er vielleicht seine Zunge verschluckt? Oder ist er sich nur zu gut zum Reden?«
    »Nicht ganz. Man hat sie ihm zur Strafe abgeschnitten. Weil er zu viel geplappert hat. Zur falschen Zeit. Am falschen Ort. Aber sei ganz unbesorgt: Seitdem ist absoluter Verlass auf seine Verschwiegenheit.«

    Der Mann mit der schiefen Nase erstarrte. »Falls du glaubst, eines Tages auch mit mir so umgehen zu können, dann hast du dich getäuscht, denn ich …«
    Der andere hatte flugs seinen Arm gepackt und ihn mithilfe seines Körpergewichts so unbarmherzig auf die wurmstichige Tischplatte genagelt, dass Schiefnase Tränen des Schmerzes in die Augen schossen.
    »Wenn du weiterhin derart unbesonnen herumbrüllst, könnte ich tatsächlich auf solche Ideen verfallen. Die halbe Schenke glotzt bereits, also mäßige dich gefälligst!« Er lockerte den Griff ein wenig, hielt den anderen aber noch immer fest. »Solange du tust, was ich von dir verlange, wird dir nichts geschehen. Sollte dir allerdings einfallen aufzumucken, so wirst du …« Seine Hand fuhr in einer anschaulichen Demonstration blitzschnell quer über die Gurgel.
    »Schon gut, schon gut, ich mach ja, was du willst!« Schiefnases Linke massierte den malträtierten Arm. »Allerdings würde mich interessieren, pa …«
    »Bruder!«, unterbrach der andere ihn rasch. »So und nicht anders hast du mich gefälligst anzureden!«
    »Und die wortlose Kreatur neben dir?«
    »Ebenfalls mit ›Bruder‹. Sind wir das nicht alle – Brüder? « In seiner Stimme schwang Hohn. »Was willst du noch wissen?«
    »Was du mit ihm anstellen willst, sobald er da oben ist. Ich möchte es mir nämlich gerne in aller Ruhe ausmalen.« Voller Vorfreude begann er sich die Hände zu reiben.
    Sein Gegenüber hatte sich langsam erhoben und schlug seinen dunklen Umhang zurück. Er war weder besonders hochgewachsen noch übermäßig muskulös, dazu eher mager, wenngleich sehnig, und doch spürte man die Kraft, die von ihm ausging.

    »Solch dümmliche Fragen will ich nie wieder aus deinem Mund hören müssen, verstanden?«, sagte er drohend. »Verstanden?«
    Der Mann mit der schiefen Nase fühlte sich plötzlich sehr hilflos und klein. »Verstanden«, murmelte er. »Verstanden. Was sonst kann ich noch für dich tun, Bruder?«
    »Das klingt schon besser.« Der andere ließ sich zurück auf die Bank gleiten. »Viel besser sogar.« Er zeigte den Ansatz eines Schakalslächelns.
    Auch der Stumme neben ihm schien angesichts einer entspannteren Stimmung aus seiner bisherigen Agonie zu erwachen und riss den Mund auf, als wollte er etwas sagen, doch außer einem dumpfen Brummton kam nichts aus seinem verätzten Schlund.
    »Du wirst dich also weiterhin zu unserer Verfügung halten, Bruder«, fuhr der Mann im Umhang fort. »Denn möglicherweise muss der rätselhafte Aussätzige noch ein drittes Mal Leos mitfühlsames Herz erschüttern, damit der auch ja auf der richtigen Spur bleibt. Oder wir finden eine andere Verwendung für dich. Das wird sich zeigen.« Sein Tonfall veränderte sich. »Und treib dich nur nicht zu viel auf den Gassen herum! Leo hat gute Augen und ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Sollte er dich wiedererkennen, wäre das äußerst schlecht für unseren Plan.«
    »Wie sollte er das?«, sagte der Schiefnäsige wegwerfend. »Er kennt mich doch nur unter Lehm und Fett!«
    »Weil er kein Idiot ist, du Idiot! Nimm Leos Fähigkeiten bloß nicht auf die leichte Schulter. Im Orden hat er damit schon so manchem derart eingeheizt, dass der sich danach wünschte, er wäre ihm niemals begegnet.«
    »Und diese Tote im Kloster? Gehört die etwa auch zu eurem Plan?«
    »Woher weißt du davon?« Es klang unheilvoll.

    Der mit der schiefen Nase zog die Schultern hoch und leerte seinen Becher in einem Zug.
    »Man hört so dies und das«, sagte er. »Die Stadt hat tausend Ohren und Augen, die alle auf San Damiano gerichtet sind. Das solltest du nicht vergessen.«
    »Diese Tote schläft nun den Schlaf des ewigen Vergessens. Nichts und niemand wird sie jemals wieder daraus entreißen. Und jetzt sieh zu, dass du endlich fortkommst! Wir haben wahrlich genug geredet. Besser, wenn wir nicht mehr

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