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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wieder schimpfen, Mamma!«, bat Ilaria, die ihr stürmisch um den Hals fiel. »Nicht an meinem allerschönsten Tag!«
    Stella benutzte die Gelegenheit, um sich zu bücken und dabei den Gegenstand unauffällig in den Ärmel gleiten zu lassen.
    Ein Schlüssel! Der Schlüssel?
    Jetzt begannen ihre Wangen zu brennen.
    »Was machst du da?«, hörte sie die Ziehmutter sagen. »Was hast du dort unten zu suchen, Stella?«
    »Kuchenreste«, erwiderte Stella geistesgegenwärtig, bückte sich abermals und betete, dass das Fundstück dabei nicht hervorrutschte. »Habe ich nicht von Kind auf gelernt, dass in diesem Haushalt nichts verschwendet werden darf?« Wie zum Beweis präsentierte sie auf ihrer Handfläche das Eckchen Mandeltorte, von der Ilaria vorhin genascht hatte.

    Simonettas Blick blieb weiterhin misstrauisch. »Leg den Abfall weg, und führ dich nicht schon jetzt so demütig auf, als wärst du bereits eine Nonne!«, keifte sie. »Dazu wirst du noch lange genug Gelegenheit haben. Zu jenen Armseligen von San Damiano, die den ganzen Tag nur hungern und sticken, stecken wir dich ohnehin nicht. Du kommst zu den Benediktinerinnen, die nur Mädchen aus den besten Familien aufnehmen.«
    »Ich gehe nicht ins Kloster, auch dann nicht, wenn ihr mich noch viele weitere Wochen bei Wasser und Brot einsperrt. « Stellas Stimme zitterte vor Erregung. »Ihr könnt mich nicht dazu zwingen. Wie oft muss ich das noch wiederholen? «
    »Du bist und bleibst unbelehrbar.« Simonetta packte sie am Ärmel und zerrte sie zur Tür. »Bis zum Abschluss der Feierlichkeiten will ich von deinen Unverschämtheiten nichts mehr hören, verstanden?«
    Ilaria gab einen Laut von sich, der an ein verletztes Tier erinnerte. »Willst du sie nicht doch mitfeiern lassen, Mamma?«, fragte sie leise. »Es ist doch nicht ihre Schuld, dass …«
    »Lass sie, Schwester!«, sagte Stella. Dann warf sie ihr einen Luftkuss zu. »Das schönste Hochzeitsfest für die schönste aller Bräute, das wünsche ich dir und deinem Federico!«
    Es fühlte sich an wie ein Abschied. Oder war ihr ungeduldiger Kopf wieder einmal zu voreilig gewesen?
    Kaum waren sie mit der Ziehmutter draußen, ließ Simonetta ihre Maske gänzlich fallen. Miene wie Körperhaltung verrieten, wie zuwider ihr der Umgang mit Stella war.
    »Beeil dich gefälligst!«, sagte sie schnaubend. »Ich habe meine Zeit nicht gestohlen. Weißt du denn nicht, was heute noch alles auf mich wartet?«

    »Wieso lässt du mich nicht einfach gehen?« Stella hatte sich plötzlich umgedreht und musterte sie furchtlos. »Du könntest sagen, ich hätte mich ganz plötzlich befreit und wäre einfach fortgelaufen. Ihr würdet mich nie wieder zu Gesicht bekommen, das gelobe ich feierlich!«
    Simonetta stieß einen Seufzer aus. »So einfach ist das nicht«, zischte sie. »Schließlich sind wir für dich verantwortlich und haben Rechenschaft abzulegen über das, was mit dir geschieht. Sich einfach wie dahergelaufenes Pack auf der Landstraße herumzutreiben, ja, das sähe dir wahrlich ähnlich. Aber das kannst du dir ganz schnell wieder aus dem Kopf schlagen! Du wirst tun, was wir dir sagen. Dafür werde ich sorgen.« Sie gab ein wütendes Schnauben von sich. »Ich war ja von Anfang an dagegen, dich bei uns aufzunehmen, aber Vasco hat mit Engelszungen auf mich eingeredet, so lange, bis ich endlich nachgegeben habe. All die toten Säuglinge, die ich geboren hatte, verfolgten mich Nacht für Nacht. Er hat behauptet, wir müssten als Zeichen der Buße ein fremdes Kind aufnehmen, damit unsere eigenen künftig leben dürfen. Weiß der Himmel, wer ihm diesen Unsinn in den Kopf gesetzt hat! Geholfen hat es jedenfalls nicht. Oder bin ich vielleicht noch einmal schwanger geworden, nachdem wir dich am Hals hatten? Kein einziges Mal!«
    »Wer sind meine Eltern?«, fragte Stella eindringlich. »Kennst du ihre Namen? Dann sag sie mir – bitte!«
    Die Falte zwischen den farblosen Brauen vertiefte sich. »Aus dir spricht der Teufel«, murmelte Simonetta. »Das habe ich bereits geahnt, als ich zum allerersten Mal in dein Gesicht geschaut habe, so dunkel und dürr, wie es damals schon war. Und erst diese riesigen Ohren, die du als Säugling hattest – wahrhaft zum Erschrecken! Selbst wenn du dich inzwischen halbwegs manierlich herausgemacht hast,
so habe ich doch all die Jahre befürchtet, dass der Leibhaftige sich eines Tages in dir offenbaren könnte. Und jetzt, wo dein feiner Verlobter und du uns vor der ganzen Stadt unmöglich gemacht habt

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