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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Blick glitt an Stella herunter. »Aber wie mager du geworden bist, nur noch Haut und Knochen! Wollte sie dich dort droben verhungern lassen?«
    »Möglicherweise«, sagte Stella grimmig. »Dein Täubchen ist trotz allem flügge geworden und wird dieses Haus nun schnellstens verlassen. Ich muss in den Stall, Toma. Unbemerkt. Kannst du die anderen ablenken?«
    Rasch trat sie zurück in die Speisekammer, denn die jüngeren Mägde kehrten mit zahllosen leeren Tellern und Gläsern zurück.
    »Sie wollen die Süßigkeiten auf der Stelle«, rief Gaia. »Als ob sie nicht schon mehr als genug gefressen hätten! Also beeil dich gefälligst, Toma! Oder schaffst du das mit deinen alten Gichtfingern nicht mehr?«
    Die anderen Frauen lachten, weil die dreiste Magd inzwischen so etwas wie ihre Wortführerin geworden war.
    »Sie sollen bekommen, was ihnen zusteht«, hörte Stella Toma mit ruhiger Stimme antworten. »Zuvor aber tragt ihr noch meinen köstlichen Hochzeitspunsch auf, der ihnen zu Kopf steigen wird wie die laueste Maiennacht. Worauf
wartet ihr noch? Frische Gläser, Mädchen, aber schnell! Und dann packt ihr beiden, Carmela und Rufina, den großen Kupferkessel vorsichtig an den Henkeln und tragt ihn hinauf, ohne auch nur einen einzigen Tropfen zu verschütten!«
    Es dauerte eine Weile, bis die Küche wieder leer war, dann trat Stella aus ihrem Versteck.
    »Wer hat dich herausgelassen?«, fragte Toma. »Ilaria?«
    Stella schüttelte den Kopf. »Sie hatte zwar einen Schlüssel, aber offenbar zwingende Gründe, es nicht zu tun. Allerdings hat sie ihn verloren. Ich habe mich selbst befreit.«
    »Dann hätte Marta den Schlüssel doch besser mir geben sollen«, flüsterte Toma. »Als ob ich es geahnt hätte!«
    »Du hast Marta gesehen? Wann?« Stellas Stimme zitterte. »Ich dachte, sie hätte mich längst vergessen!«
    »Vor Kurzem. Wie kannst du so etwas nur denken? Marta liebt dich, und dein Wohl liegt ihr am Herzen. Niemals würde sie dich vergessen. Und auch du wirst sie wiedersehen – aber gewiss nicht, wenn du hier noch länger wie angewachsen herumstehst. Beeil dich, Kleines! Die Meute wird bald wieder zurück sein.« Sie reichte ihr ein Öllämpchen. »Damit du auch alles findest, was du brauchst. Ich bete für dich.«
    Stella drückte der Alten einen Kuss auf die faltige Wange und verschwand in den Stall.
    Der Geruch nach Heu, Dung und warmen Tierleibern umfing sie anheimelnd und zutiefst vertraut, doch dann schob sich plötzlich die Erinnerung an jenen furchtbaren Abend mit Carlo davor. Und wenn er hier abermals irgendwo im Dunkeln auf sie lauerte, um heute zu vollenden, woran Leo ihn damals im letzten Augenblick gehindert hatte?
    Die Beine wollten sie kaum noch tragen. Stella musste
sich zwingen, zu der Box zu gehen, in der Fidelis neben Ilarias Pferd stand. Leos Stute war wach, als hätte sie sie erwartet. Stella streichelte sie, dann lehnte sie ihren Kopf an den kräftigen Pferdehals.
    »Wir beide müssen uns erst noch besser kennenlernen«, flüsterte sie. »Doch bald werden wir bei ihm sein, und dann ist alles gut. Wirst du mir dabei helfen, meine Schöne?«
    Fidelis’ Augen ruhten auf ihr, als verstünde sie jedes Wort.
    Zum Glück brauchte sie nach dem Zaumzeug nicht lange zu suchen. Zusammen mit dem Sattel und zwei großen ledernen Taschen entdeckte sie es neben der Box. Die eine Tasche war mit Leos Habseligkeiten gefüllt, das erkannte sie, als sie den Deckel aufklappte, das Licht davorhielt und hineinspähte. Seine Kutte, eine Hose, ein paar Rollen Leinenbinden, ein Lederbeutel, weiter unten etwas Silbriges, das sie nicht genau erkennen konnte – alles verströmte seinen unverwechselbaren Geruch, den Stella plötzlich kaum noch aushalten konnte. Schnell schlug sie den Deckel wieder zu.
    Die andere Tasche, in die sie vorsichtig lugte, schien nahezu leer zu sein und bot genügend Platz für ihr Bündel und ihren kleinen Silberschatz. Stella griff nach einer der Satteldecken Vascos und legte sie über Fidelis. Diesen kleinen Verlust würde der reiche Kaufmann leicht verschmerzen können. Danach befestigte sie die Satteltaschen und brachte schließlich den Sattel in die richtige Lage. Waren ihre Finger vor ein paar Stunden beim Ankleiden Ilarias noch geflogen, so hatten sie inzwischen ihre Ruhe wieder gefunden.
    Stella horchte in Richtung Küche. Doch niemand kam, um sie von ihrem Tun abzuhalten. Gute, alte Toma!, dachte sie voller Rührung. Wahrscheinlich bewacht sie mit ihrer Schöpfkelle wie ein

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