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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Höllenhund die Tür und lässt niemand
hinein oder hinaus. Doch darauf wollte sie sich lieber nicht zu lange verlassen.
    Sie stellte die Steigbügel ein und hoffte, dass Fidelis sie nicht abwerfen würde. Dann blickte sie noch einmal zurück. Die anderen Pferde waren unruhig geworden, als spürten sie die immense Anspannung, unter der sie stand. Wenn eines von ihnen laut zu wiehern begann, würden die neugierigen Mägde womöglich nachsehen und sie auffliegen lassen.
    Höchste Zeit also, um Abschied zu nehmen!
    Stella entriegelte die Stalltüre, führte die Stute hinaus und saß auf. Ein sanfter Schenkeldruck genügte, und Fidelis begann in Richtung Stadttor loszutraben.

    Halb berauscht vor Glück und Wein, zog Ilaria während des Tanzens plötzlich ihre Hand zurück.
    »Was hast du, mein süßes Weib?«, fragte Federico besorgt. »Ist dir nicht wohl?«
    Stella, dachte sie. Stella! Es ist nicht richtig, dass wir hier so ausgelassen feiern, während du oben allein in der Kammer darbst. Wozu hat Marta mir den Schlüssel zugesteckt? Ich hätte dich längst befreien sollen!
    Sie verzog die Lippen zu einem mühsamen Lächeln.
    »Der starke Wein und all die vielen Menschen«, flüsterte sie. »Und erst die Aufregung, endlich vor Gott und der Welt zu dir zu gehören. Ich brauche nur ein wenig frische Luft, das ist alles.«
    »Lass mich dich begleiten, amore !«, bat er. »Ich will dich niemals mehr alleine lassen.«
    »Ab heute Nacht«, versprach Ilaria mit einem verführerischen Augenaufschlag, der ihr selbst jetzt noch gelang.
»Versprochen! Warte hier auf mich, Liebster! Ich bin sofort wieder zurück.«
    Sie spürte seinen verwunderten Blick, als sie das Festzimmer verließ und im Hinausgehen nach einem Kerzenhalter griff. Simonetta, gerade ins Gespräch mit einem der Ratsherrn vertieft, schaute kurz auf, wandte sich dann aber wieder ihrem Nachbarn zu. Ihre schlechte Laune hatte sie den ganzen Abend kaum verbergen können, hatte sie doch fest mit dem Erscheinen von Abt Matteo gerechnet, der dem Fest wegen plötzlicher Unpässlichkeit allerdings ferngeblieben war.
    An der Treppe lauschte Ilaria noch einmal, doch niemand war ihr gefolgt. Nun rannte sie die Stufen nach oben und wäre dabei beinahe über den eigenen Saum gestolpert.
    Aber wo war nur dieser verdammte Schlüssel? Während sie noch vergebens ihr Mieder nach ihm durchwühlte, wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie ihn schon seit Stunden nicht mehr zwischen den Brüsten gespürt hatte. Genau genommen nicht mehr, seit Stella ihr beim Ankleiden geholfen hatte …
    Sie presste die Hand vor den Mund, so übel war ihr auf einmal. Das letzte Stück bis zur Ammenkammer schlich sie nur noch, denn sie ahnte bereits, was sie erwarten würde.
    Die Tür war geschlossen, aber als Ilaria die Klinke nach unten drückte, sprang sie auf. Zunächst schien alles unverändert, und doch wirkte der kleine Raum auf einmal verlassen.
    Das Bett war unberührt. Auf dem Tisch, wo sie ihren Leuchter abgestellt hatte, standen noch der Teller, auf dem ein Stück angebissenes Brot lag, sowie ein halb leer getrunkener Becher – und da war der vermisste Schlüssel!
    Das Wachstäfelchen, das halb ins Dunkel gerutscht war, entdeckte sie erst beim zweiten Hinsehen. Auf solch einfachem
Untergrund hatte Marta ihnen die allerersten Buchstaben beigebracht, und es war damals ein riesiges Ärgernis für Ilaria gewesen, dass Stellas geschickte Finger ihre eher unbeholfene Rechte dabei schon nach wenigen Tagen überflügelt hatten.
    Gott schütze dich, Ilaria!, las sie und musste feststellen, dass die Handschrift unverändert klar und präzise war. Du musst es nicht verstehen . Ich tue, was ich tun muss .
    Plötzlich schienen die Wände der bescheidenen Kammer noch enger zusammenzurücken. Ilaria spürte, wie ihr Magen zu rebellieren drohte, so elend fühlte sie sich auf einmal. Wie hatte sie nur so selbstsüchtig und engstirnig sein können?
    Stella verdiente ihr eigenes Glück, auch wenn es ganz anders aussehen mochte als das ihre. Sie hatte der Schwester nicht geholfen, obwohl diese ihre Hilfe so dringend gebraucht hätte. Womöglich hatte sie Stella damit für immer verloren.
    Ob sie sie jemals wiedersehen würde?
    Ilaria rollte sich auf dem schmalen Bett zusammen, schlang die Arme um ihren Leib, als wollte sie sich schützen, und begann bitterlich zu weinen.

    Die Stimmen, die in seine hitzigen Träume drangen, hatten inzwischen verschwommene Gesichter bekommen. Eines davon war weiblich und rund,

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