Braut wider Willen
Skizzen für sie wertvoll waren … Unerträglich.
Er hielt die Skizzen fest und sagte kalt: »Vielleicht, wenn Ihr nicht so beschäftigt seid.« Damit drehte er sich um und ging. Als er leise die Tür schloss, hörte er noch ein ersticktes Kichern, das seine Ohren heiß werden ließ.
»Ach, du liebe Güte«, sagte Phoebe, in deren Augen Lachen blitzte. »Wie aufgeblasen er ist. Aber er hat dich gerettet. Das muss man ihm lassen.«
»Ein Mann von übertriebener Einbildung«, verkündete Meg. Dann wurde sie ernst. »Ich würde ihm keinen Fingerbreit über den Weg trauen.«
»Warum nicht? Was weißt du von ihm?« Sofort regte sich Phoebes Neugierde.
»Ich weiß nichts von ihm, aber du kannst sicher sein, dass er nicht vertrauenswürdig ist.«
Phoebe hatte eine hohe Meinung von Megs Intuition. »Alle anderen teilen deine Meinung«, gestand sie. »Aber ich erwog, ihn mir nutzbar zu machen, seinen Verstand, um mehr über Politik und Kriegstaktik zu erfahren – alles das, was Cato mir vorenthält. Dann könnte ich Cato mit meinem Wissen verblüffen. Was hältst du davon?«
»Ich glaube, dass du dir die Finger verbrennen wirst, wenn du mit dem Feuer spielst.«
»Ich gebe schon Acht«, beruhigte Phoebe sie und glitt vom Bett. »Ich gehe jetzt und beschwichtige ihn. Sicher merkte er, dass wir über ihn lachten.«
»Sei auf der Hut«, sagte Meg düster. »Er könnte einen bösen Widersacher abgeben.«
»Wenn ich wiederkomme, bringe ich dir Kräutertee«, versprach Phoebe munter, als sie ging.
Auf dem Gang zögerte sie, da sie nicht wusste, wohin Brian gegangen war. Sie wollte es in der Bibliothek versuchen. Aber weit brauchte sie nicht zu gehen. Am oberen Ende angekommen, sah sie, dass Brian die Treppe herauflief.
»Darf ich auf ein paar Minuten Eurer Zeit hoffen?«, fragte er. Seine Miene war noch immer finster, seine Augen verhangen. »Ich habe stundenlang an diesen Skizzen gearbeitet.«
»Falls ich Euch kränkte, entschuldige ich mich«, sagte Phoebe offen, »aber Meg ist meine Freundin, und Ihr habt sie mit Eurer Nichtachtung gekränkt.«
»Es ist nicht meine Gewohnheit, mit Leuten aus dem Dorf gesellschaftlichen Umgang zu pflegen«, stellte er fest. »Da ich jedoch einiges mit Euch besprechen möchte, wollen wir es hinter uns bringen.«
Aufgeblasen war für ihn wohl nicht der passende Ausdruck, entschied Phoebe. Doch sie lächelte vage, als sie sagte: »Zeigt mir die Skizzen. Ich bin schon sehr neugierig.«
Brian reichte sie ihr und sagte dabei: »Da wäre noch etwas … eine höchst delikate Sache. Ich fürchte, dass es um Euren Gemahl nicht gut bestellt ist.«
»Was meint Ihr damit?«, fragte Phoebe scharf und blickte von Brians Skizzen auf. Alles Interesse, mit dem Mann ihr Spiel zu treiben, war wie weggeblasen. »Was ist passiert? Ist er vom Hauptquartier schon zurück?«
»Nein, noch nicht.« Brian legte eine Hand auf ihren Arm. »Doch sind mir schlimme Informationen zu Ohren gekommen.«
»Was denn?« Phoebe blickte ihn beunruhigt an.
Brian spähte nach beiden Richtungen den Gang entlang. »Wie ich schon sagte, ist die Sache sehr heikel. Wo können wir völlig ungestört sprechen?«
»Ich wollte im Vorratsraum Tee für Meg mischen. Dort stört uns niemand.« Phoebe lief den Korridor entlang, dicht gefolgt von Brian.
In der wohlriechenden Stille der Vorratskammer, wo die späte Morgensonne durch ein rundes, hoch oben in der Mauer angebrachtes Fenster als großes goldenes Lichtbündel auf die geordneten Regale voller lavendelbestreuter Wäsche fiel, sagte Phoebe ohne Einleitung: »Also, was ist? Was habt Ihr mir zu sagen?«
Brian blickte besorgt. »Ich hörte, dass Lord Granville sich im Oberkommando Schwierigkeiten gegenüber sieht. Seine Loyalität wird ernsthaft angezweifelt.«
»Ach, was für ein Unsinn!«, rief Phoebe entrüstet aus. »Wer kann so etwas behaupten?«
»Ich habe viele Informationsquellen«, erklärte Brian ernst. »Glaubt mir, ich weiß viel von den Vorgängen in beiden Hauptquartieren.«
»Spionage also?« Phoebe rümpfte unwillkürlich die Nase. »Wie könnt Ihr Späher im Lager des Parlaments haben? Ihr seid Royalist.«
»Ich war es«, korrigierte Brian sie leise. »Aber glaubt mir, Phoebe, ich habe immer schon Informationen gesammelt. Abscheulich, denkt Ihr sicher, doch ist es ein wichtiger Teil der Kriegsführung. Aber von einer Frau kann man kein Verständnis erwarten«, fügte er mit einem Lächeln hinzu, das wohlwollend gedacht war und unangebracht gönnerhaft
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