Braut wider Willen
einen Mann zu heiraten, den sie verachtet … Bryony ließ ihrer Fantasie freien Lauf und überlegte, wie die Gäste wohl reagieren würden, wenn sie ihnen die Wahrheit sagte.
„Falls einer der Anwesenden einen Grund weiß, warum dieses Paar nicht den Bund fürs Leben schließen sollte, möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen“, fuhr der Zelebrant fort.
Bryony wünschte, sie hätte den Mut, die Hochzeitsgesellschaft über die wahren Umstände ihrer Heirat aufzuklären. Was würde wohl ihre Großtante Ruby denken, die sich gerade die Tränen abtupfte? Oder ihr Onkel Arthur, der übers ganze Gesicht strahlte? Ganz zu schweigen von Pauline, die leise in ihr Taschentuch schluchzte und ganz in ihrer Rolle als Romantikerin aufging, als könnte sie das Happy End kaum erwarten. Es würde jedoch kein Happy End geben.
Inzwischen hatten die Wolken sich bedrohlich über dem Garten aufgetürmt.
„Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“
Nachdem Bryony bisher immer automatisch geantwortet hatte, schreckte sie nun aus ihren Gedanken, als Kane den Kopf neigte, um die Lippen auf ihre zu pressen. Schnell wappnete sie sich dagegen, aber dann wurde ihr klar, dass sie ihm hilflos ausgeliefert war. Plötzlich nahm sie die Gäste überhaupt nicht mehr wahr. Sie vergaß, dass sie ihn eigentlich hätte hassen müssen.
Und sie verdrängte die Tatsache, dass sie sich vorgenommen hatte, in keiner Weise auf ihn zu reagieren. Er war so männlich. Als er sie an sich zog, die Hände besitzergreifend auf ihren Hüften, erschauerte Bryony unwillkürlich. Dann presste er sie noch enger an sich, sodass sie spürte, wie erregt er war.
Schnell löste sie sich von ihm und rang sich ein Lächeln ab. Panik überkam sie, und sie hoffte, die Gäste merkten es ihr nicht an.
Als sie Hand in Hand mit Kane den Laubengang durchschritt und dabei allen in die Augen sah, lächelte sie noch krampfhafter. Es war alles so unwirklich. Es konnte nicht sein! Sie war mit einem Mann verheiratet, den sie schon als Kind gehasst hatte. Und er war der Sohn einer ehemaligen Angestellten.
Bryony begegnete dem Blick ihres Vaters, doch dieser senkte schnell den Kopf, als könnte er es nicht ertragen, seine Tochter so mit dem Feind seines verstorbenen Sohnes zu sehen.
Ihre Mutter weinte wie immer, lächelte aber unter Tränen, was Bryony in gewisser Weise tröstete.
„Lächeln, Mrs. Kaproulias“, sagte irgendjemand, und dann folgte das Klicken der Fotoapparate.
Krampfhaft bemühte Bryony sich, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und lächelte tapfer weiter. Es würde ein langer Nachmittag werden …
Gegen fünf blitzte es zum ersten Mal, gerade als die letzten Gäste sich verabschiedeten. Die Mitarbeiter von der Cateringfirma packten gerade alle Sachen zusammen, während Bryony neben Kane stand und die Panik zu unterdrücken versuchte, die sie bei der Vorstellung befiel, dass sie mit ihm allein sein würde, sobald ihre Eltern Mercyfields verließen.
Es war alles geplant. Gleich am nächsten Morgen würden ihre Eltern zu der Kreuzfahrt aufbrechen, nachdem sie in der Wohnung in Sydney, ihrem zukünftigen Domizil, übernachtet hatten.
Mercyfields gehörte nun Kane Kaproulias, ihrem Ehemann.
Der Staub, den der Wagen ihrer Eltern aufwirbelte, legte sich, sobald die ersten Regentropfen fielen. Es roch angenehm nach feuchter Erde, als Bryony auf der von Jasmin berankten Veranda stand.
Kane beugte sich vor und stützte die Arme aufs Geländer. Er blickte in die Ferne zur Hügelkette, über der die Blitze zuckten.
„Scheint ein ziemliches Unwetter zu werden“, bemerkte er.
„Vielleicht zieht es ja vorüber.“
„Ich habe es den ganzen Tag kommen gespürt.“ Nachdem er eine Fliege weggescheucht hatte, die in seinem Gesicht saß, drehte er sich zu Bryony um. „Du nicht?“
Sein Gesicht war auf einer Höhe mit ihrem, und sie betrachtete seine dichten, langen Wimpern, als er die Augen zusammenkniff, weil die Sonne ihn blendete. Dann ließ sie den Blick zu seinem Mund schweifen und sehnte sich plötzlich danach, seine Narbe zu berühren.
Erneut zuckte ein Blitz über den Himmel, dicht gefolgt von lautem Donnergrollen, doch sie zuckte nicht einmal zusammen. Fasziniert betrachtete sie Kane und überlegte, wann er wohl …
„Magst du Gewitter?“, erkundigte er sich unvermittelt.
Bryony verfolgte die Bewegung seiner Lippen und verspürte dabei ein seltsames Gefühl im Bauch. „Ja …“ Nun sah sie ihm wieder in die Augen. „Und du?“
Er wandte sich
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