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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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durchgesprochen und perfektioniert worden. Der Mietvertrag für den Wohnwagen war gekündigt. Es konnte nicht mehr viel länger dauern. Esther litt unter ständigen Krämpfen in den Beinen, Schmerz im unteren Rücken, und ihr Bauch verhärtete sich. Sie fand keine Liegeposition mehr. Das Kind war ins Becken gerutscht und lastete schwer auf ihren Oberschenkeln.
     
    Es war ihnen gelungen, den Kontakt mit den anderen Parkbewohnern zu vermeiden. Das Gelände war so groß, dass es nicht schwierig gewesen war. Doch sie waren weiter aufmerksam. Ganz selten hörten sie in der Ferne ein Auto. Dann unterbrachen sie ihre Beschäftigung – Esther zog sich aus Vorsicht zurück in ihre kleine Kammer – und lauschten so lange, bis die einzigen Geräusche, die sie hörten, Vögel, Wind, Bäume und Wasser waren.
    Der Schnee dämpfte die Geräusche. Er erinnerte sie an den holländischen Winter. Nachts waren die ersten Flocken gefallen. Hans und Marjorie bewarfen sich an diesem Morgen mit Schneebällen. Esther stand in der Türöffnung, die weite Weste über ihrem aufgebauschten Kleid, und beobachtete sie amüsiert. Die Luft war bleigrau, es würde zweifellos noch mehr Schnee fallen. Hans bekam Marjorie schlitternd und rutschend zu fassen und warf ihr einen Schneeball in den Nacken, während sie sich totlachte und »meine Narbe, meine Narbe!« schrie und dabei versuchte, ihm ein Bein zu stellen. Doch sie spürten beide, dass ihre Fröhlichkeit nicht echt war, als würden sie etwas nachspielen, was sie an früher erinnerte. Danach klopften sie den Schnee von den Kleidern und schaufelten zusammen das Auto frei. Sie hoben ihre Kiste hinein, in dem ein großer Teil ihres Besitzes war. Hans würde sie heute in Lyttelton zum Schiff bringen und dann in die Stadt fahren, um dort einzukaufen. Mit kalten, steifen Lippen gaben sie sich einen Abschiedskuss, und sie winkte dem Auto hinterher. Durchgefroren, die Hände unter die Achseln gesteckt, lief sie zum Wohnwagen und zog die Tür hinter sich zu. Sie schloss gewohnheitsgemäß ab. Man konnte nie wissen. Esther war dabei, Kaffee zu kochen. In der letzten Zeit hatte sie hin und wieder Lust auf Kaffee. Marjorie nahm ein klammes Handtuch vom Wäscheständer, der beim Allesbrenner stand, und trocknete sich den Hals und die Haare ab. Sie gähnte, sie hatte diese Nacht sehr schlecht geschlafen. »Ich leg mich gleich nochmal einen Moment hin«, sagte sie und setzte sich an den Tisch, auf dem das Frühstück noch nicht abgeräumt war. Sie wartete auf den Kaffee, gähnte wieder, wobei ihr die Tränen in die Augen stiegen. »Der Kaffee riecht nicht gut«, sagte Esther, »ich will keinen.« Marjorie sah nach draußen, und ihre Miene verfinsterte sich. Sie dachte an die letzte Nacht, als sie im Dunklen dagelegen und gegrübelt hatte und sich mit einem Mal sicher gewesen war, dass sie nie ein Kind bekommen und Esther ihr Kind niemals hergeben würde. Wenn es erst einmal geboren war, war sie sich sicher, dass sie … Die Aussicht auf ein missratenes Leben hing noch immer über ihr. Dann sah sie den Mann und die Frau. Sie waren dick eingepackt und stapften durch den Schnee, direkt auf ihren Wohnwagen zu. Sie kamen so nah heran, dass sie die beiden dort sitzen sahen. Wahrscheinlich hatten sie ihr Auto weiter vorne auf dem Weg abgestellt.
    »Esther«, sagte sie tonlos.
    Esther drehte sich um. Marjorie richtete sich halb auf, machte sich vor dem Fenster so breit wie möglich und erwiderte den Gruß der beiden. »Schnell«, sagte sie, Esther hatte verstanden. Sie ließ sich auf Hände und Knie fallen, leise keuchend, da ihr diese Art der Bewegung nicht mehr besonders leichtfiel, und kroch so nah wie möglich an der Wand entlang unter dem Fenster hindurch zu ihrem Zimmer. Der Rock ihres Kleides schleifte dabei ungeschickt über den Boden, sodass sie immer wieder das Gleichgewicht verlor. »Die Teller, die Teller«, zischte sie. Es drang nicht zu Marjorie hindurch, was Esther meinte. Unschlüssig wartete sie, bis der Mann und die Frau am Fenster angelangt waren.
Good morning!
Sie lachten einander zu. Der Mann trug eine Pudelmütze, darunter standen seine Segelohren schräg zur Seite ab, die Enden waren von der Kälte gerötet. Er hatte ein großes, verwundertes Gesicht. Die Frau hatte braune Knopfaugen. Wenn sie lachte, zeigte sie viel Zahnfleisch. Der Mann und die Frau waren nicht viel älter als sie selbst. Sie machten immer wieder begeisterte Grimassen zueinander, eine etwas merkwürdige Situation, und

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