Brautflug
eine heiße Quelle.« Bobby zuckte großmütig mit den Schultern und kletterte auf den Rücksitz. Frank sagte, dass er auch vorne zwischen ihnen auf dem Vordersitz Platz nehmen dürfte. »Nicht nötig«, sagte das Kind höflich. Sie erkannte seine Verlegenheit, der unbekannten Frau wegen. »Nachher tauschen wir«, versprach Frank ihm, »dann darfst du nach vorne.«
Ada zeigte auf das Haus und die blassrosa Rosen, die schwer über den Zaun hingen. »Was für eine hübsche Gegend«, sagte sie leise, »und was für ein hübsches Haus ihr habt.« Wieder das unsichere, piepsende Lachen am Ende des Satzes, wie ein Welpe, der sich auf den Rücken legt, schlag mich nicht, mein Bäuchlein ist so weich. Sie spricht schlecht Englisch, dachte Marjorie, aber sie ist noch immer ein liebes Ding. Ich hoffe nur, dass Frank sie in Ruhe lässt. Marjorie lief um den Jeep herum Richtung Fußweg – während sie sich beunruhigt fragte, wie viel Zelte dort wohl im Kofferraum lagen – und beugte sich zu ihrem Sohn hinüber, der kerzengerade auf der Rückbank saß. »Viel Spaß, Darling«, sagte sie, »ich werde dich schrecklich vermissen.« Sein Haar war noch nass vom Duschen und brav zu einem Scheitel gekämmt. Sie roch die Seife, die kindliche Erwartung. Marjorie küsste ihn auf die Wange und auf den Nacken, Kuss, Kuss, noch einen Kuss. Auf einmal fiel ihr der Abschied sehr schwer. Bobby befreite sich etwas geniert von seiner Mutter,
oh Mum
! Sie trat zurück und winkte. Frank salutierte. Sie hasste ihn. Und in freundlichem Ton sagte sie: »Soll ich dir erklären, wie du von hier aus zum Highway One kommst?« Er startete den Motor und schüttelte den Kopf. »Nicht nötig«, sagte er, »wir holen erst noch Esther in der Stadt ab.«
Ada warf ihr einen schüchternen Abschiedsgruß zu. Der Jeep setzte sich in Bewegung. Bobbys erhobener Arm, bye Mum! Sie hielt sich an der Autotür fest und rannte neben dem Jeep her, schräg über die Straße.
»Warum?«
Frank trat auf die Bremse. Drei erstaunte Gesichter im Auto. Marjorie hustete, rang vom plötzlichen Schreien nach Luft. Sie schüttelte heftig den Kopf, um den Husten zu unterdrücken.
»Warum?«
Die schrägen Augenbrauen hoben sich etwas. »Weil sie gerne mitwollte.« Seine unterkühlte Aristokratenmiene. Er konnte hysterische Frauen nicht ausstehen. Auf dem Rücksitz das bestürzte Gesicht ihres Kindes. Ich muss mich beherrschen. Aber die Panik war zu groß, und Marjorie umklammerte mit beiden Händen den Rahmen der Autotür.
»Warum …? Warum will sie mit?«
Frank zuckte erstaunt die Schultern.
»Sie ist auch noch nie in Rotorua gewesen.«
Marjorie versuchte wieder zu Atem zu kommen, doch sie war kurz vorm Ersticken und konnte kein Wort herausbringen. »Mum …«, sagte Bobby unsicher. Sie konnte ihn auf keinen Fall fahren lassen. Sie lief vor den Jeep und breitete ihre Arme zu einem stählernen Zaun aus, an dem sich ein Panzer die Nase hätte platt fahren können.
Du musst einfach Vertrauen haben. Sie legte den Arm fest um Bobby und wartete darauf, dass die Ladentür sich öffnete. Sie ignorierte das heftige Wummern ihres Herzens. Falls Esther über ihre Anwesenheit erstaunt war, ließ sie sich nichts anmerken. Sie stolzierte langbeinig und mit wiegenden Hüften aus dem Laden heraus, in einem apfelgrünen Sommerkleid in modernem, kerzengeradem Schnitt, sehr schlicht – dafür trug sie breite, auffallende Armreife an ihren bloßen Armen und an den Füßen spitze Schuhe mit halbhohen, schmalen Absätzen. Esther erblasste oder errötete nicht. Frank umarmte sie, begrüßte sie herzlich und bemerkte: »Ja, das ist ein passendes Outfit für eine Wanderung in vulkanischem Gelände.« Darauf vollzog Esther eine kleine Drehung, wie ein Mannequin auf dem Laufsteg, und mit der Stimme einer affektierten Ansagerin sagte sie: »A slim shift dress, very easy, very Vogue.« Frank brach mit seinem schiefen Kiefer in Lachen aus. Ihm schien dieser Blödsinn zu gefallen.
»Es ist der reinste Wahnsinn«, fuhr Esther in normalem Ton fort, »so kurz vor der Schau, aber ich musste einfach einmal raus hier!« Auch über die Anwesenheit von Ada zeigte sie keinerlei Erstaunen. Marjorie sah ihr beim Einsteigen gerade in die Augen. Einen kurzen Moment lang meinte sie zu sehen, wie ein kleiner Riss durch den Bernstein zuckte, doch das konnte auch Einbildung sein. Danach fuhren die langen Arme jedem im Auto zur Begrüßung kumpelhaft durchs Haar, wobei die schweren Elfenbeinarmreife klirrten,
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