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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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daher lieber den Vorbereitungen für das Picknick.
    In einiger Entfernung setzte Marjorie sich ins Gras, todmüde vom Umherirren in ihrem eigenen Argwohn. Sie schaute über den See, sodass man denken konnte, dass sie sich unbesorgt an ihrem Kind erfreute, das dort umherschwamm. In Wirklichkeit wartete sie auf den Moment, wenn Ada ins Wasser gehen und sie mit Esther allein sein würde. Doch Ada lehnte abwesend an einem hölzernen Ruderboot, das hochkant am Ufer stand, und bewegte ihre Füße im kühlen Wasser. Esthers alter Badeanzug saß bei ihr viel zu knapp, er spannte über der Brust, und wieder fiel Marjorie auf, wie sinnlich ihre Erscheinung war und welch einen Kontrast das zu ihrem Verhalten darstellte. Alles an ihr war wohlgeformt, sie konnte ihre Augen nicht von ihr abwenden, und sie sah, dass die Leute, die weiter vorn am See saßen, das Gleiche verspürten. Es war, als würde der ganze See den Atem anhalten und zusehen, wie diese Frau etwas schwermütig ihre Füße im Wasser hin- und herbewegte. Sie stand da, als wäre sie selbst in diesem üppigen Körper versteckt und würde sich dafür schon im Vorfeld entschuldigen. Vergib mir, schien sie zu sagen, aber ich kann nicht anders, als mich mit meinen Brüsten, meinen Hüften und meinem Po mitzubewegen. Es war, als würde jede Bewegung, die sie machte, ein Vibrieren in der Luft auslösen. Ein Beben, das sich über das gesamte Umland verbreitete, sodass Kilometer weit entfernt Männer nervös wurden, ohne zu wissen, warum.
    Marjorie spähte auf den See hinaus. Frank kam aus dem Wasser und stellte sich zu Ada, ihr hübsches Gesicht erhellte sich. Sie redeten miteinander und neigten einander die Köpfe zu. Dann packte er sie unerwartet, legte sie über die Schulter und lief mit ihr zurück ins Wasser. Dreist und rotzfrech war das. Sie sah, dass Ada protestierte und zappelte, um sich loszumachen. Doch sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass um die beiden herum etwas in der Luft hing, etwas Warmes, brütend Heißes, dass seine Hände und ihre Hüften einander gut kannten.
    Frank und Ada schwammen zusammen ein ganzes Stück weit vom Ufer weg, während Marjorie ihr Kind mit einem Handtuch in Empfang nahm. Er hatte Gänsehaut, seine Lippen waren blau, er klapperte mit den Zähnen. Wir waren ganz weit draußen, erzählte er stolz. Sie legte das Badehandtuch um ihn und fing an, ihn tüchtig trocken zu reiben. Ungeduldig trippelte er auf der Stelle, weil er zu seinem männlichen Freund ins Wasser zurückwollte, und sie spürte seine Verwirrung über diesen Tag, der so anders war, als er ihn sich vorgestellt hatte. Die nasse Badehose wollte er nicht ausziehen. Auch ihren Vorschlag, doch seinen Sweater anzuziehen, lehnte er ab. »Aber du zitterst doch vor Kälte«, sagte sie. Er stritt es erstaunt ab. Sie drückte ihm einen Kuss auf seinen nassen Schopf. Woran liegt es nur, dass Kinder nie merken, wenn ihnen kalt ist? Mum, sagte er, sieh nur, ein Kletterbaum. Ihr Blick folgte seinem Zeigefinger. Der Baum schien ihr schrecklich hoch, und sie zögerte, ob sie es erlauben sollte. Dann bemerkte sie, wie Esther auf der Decke sie aus einiger Entfernung beobachtete, die Augen vom Sonnenhut beschattet.
     
    »Ich muss auf einmal daran denken«, setzte Esther an, als sie dicht vor ihr stand, »wie Peggy uns zu einem Picknick eingeladen hatte und sagte: ›Bring a plate‹, und wir daraufhin mit Plaids ankamen, erinnerst du dich daran?«
    Esther saß mit einem aufgeschlagenen Heft oder Skizzenbuch in der einen Hand da, mit der anderen zeichnete sie mit einem Stück schwarzer Kreide die Konturen der Landschaft nach.
    Marjorie verschränkte die Arme. »Was führst du im Schilde?«, fragte sie, »du hattest doch etwas vor?« Esther zeichnete unbeeindruckt weiter, mit langen, künstlerischen Schwüngen.
    »Nichts«, antwortete sie, »Rotorua sehen.«
    »Ich bin nicht blöd.«
    »Könntest du mir eine Zigarette anstecken?« Mit kreidebeschmierten Fingern wedelte sie galant in der Luft herum. Marjorie suchte in der großen Tasche. Esther sagte, dass sie sich selbst auch eine nehmen dürfte, doch sie lehnte ab, erklärte, dass sie nicht mehr rauchte, da es schlecht für die Gesundheit war und sie auch gar kein Verlangen danach hatte. Wütend kramte sie in der Tasche. Also, Leute gibt’s.
Sie
hatte jedenfalls gestern den ganzen Nachmittag in der Küche gestanden, zwei Kuchen gebacken und jede Menge Scones, zwei verschiedene
Pies
und einen Hackbraten gemacht, von dem sie kalte

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