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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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ihr kleine Wimmerlaute, die glücklicherweise in dem Höllenlärm untergingen. Ihre Route war inzwischen bekannt, die Namen wummerten ihr durch den Kopf: Rom, Bagdad, Karatschi, Rangun, Jakarta, Darwin und Brisbane, das waren ihre Zwischenstopps, und dann über das tasmanische Meer nach Christchurch. Beherzt schluckte sie die Tränen herunter, fummelte an ihrem gelösten Haar herum, von dem keine einzige Locke die Windstöße überlebt hatte. Mama, Mama, ich ertrinke, ich kann nichts mehr sehen, wohin geht es nur?
    In dem Moment beugte sich jemand von hinten über ihre Schulter, und der breite Klang einer Männerstimme erscholl in ihrem Ohr. »Ganz Holland sitzt nachher vor dem Radio, um dieses Rennen zu verfolgen …« Sie drehte sich um und schaute in das Gesicht des einsamen jungen Mannes. Graugrüne Augen, ein konzentrierter Blick. Eine leicht gebogene Nase. Er lachte freundlich und selbstsicher, dabei schob er eine dunkelblonde Locke zurück, die ihm in die Stirn geweht war.
    »Das hier ist Geschichte. Und du bist dabei.«
    Er sah sie weiter an und wartete ruhig, bis sie eine Reaktion zeigte. Das Geräusch erstarb. In der Stille wuchs sie, streckte und weitete sich. Ihr war, als würde sie aus der Menge herausgehoben und mit einer neuen, seidenen Haut versehen.
    Er zeigte auf den vornehmen Mann mit der grünen Flagge. »Wer kann schon von sich behaupten, dass er Auge in Auge mit dem Herzog von Gloucester gestanden und der ihm mit einem alten Taschentuch zugewinkt hat?«
    Sie fing an zu lachen. »Ich!«
    Neben ihr sah sich das hagere Mädchen neugierig um, und von der anderen Seite erklang ein tiefes, heiseres Lachen zwischen roten Lippen. Alle drei drehten sich zu dem jungen Mann um.
    »Ich bin Frank«, sagte er. Sie gaben einander die Hand. Armreifen klimperten. »Esther.«
    Die Bohnenstange mit dem drolligen Gesicht hieß Marjorie. Mááárjery, sprach sie es aus, als ob es Englisch wäre, und Ada sah leichten Spott in seinen Augen aufblitzen.
    Als Letztes nannte sie ihren Namen.
    »Schön«, sagte er und hielt ihre Hand fest, einen Moment lang legte er seine linke darüber. Testete ihren Namen aus, den sie erst jetzt zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich hörte. »Ada van Holland … schön … ein breiter Fluss … der Bug eines Schiffes, das sich durchs Wasser pflügt.«
    Über ihrem Kopf wurde aus der offenen Tür heraus das Zeichen gegeben. Die Auserwählten durften eintreten.

4
    So sah es also aus, ihr Schiff, ihre Arche. Die silbergraue Kabine mit den gebogenen Wänden, der Teppich im Durchgang in beruhigendem Blau, links drei Sitze und rechts zwei, bis tief ins Heck hinein. Willkommen an Bord. Zwei Stewards und eine Stewardess, die Uniform in der gleichen beruhigenden Farbe, nahmen ihre Jacken in Empfang und verstauten sie schnell und effizient im Garderobenraum im hinteren Teil des Flugzeugs. Sie wiesen den Passagieren ihre Plätze an, eine gut vorbereitete Operation. Das spendete allgemein Vertrauen, und innerhalb von zehn Minuten saßen alle. Natürlich waren die Plätze auf die jeweiligen Namen, vielleicht sogar auf ihr individuelles Gewicht ausgestellt, doch für den jungen Mann, der Frank hieß, galten anscheinend andere Regeln. Er leitete Ada mit festem Griff zu zwei Sitzen irgendwo in der Mitte, als wäre es genauso gedacht. Esther und Marjorie ließen sich ohne Zögern hinter ihnen auf die Sitze fallen. Ada wusste genau, dass sie das dieses Jungen wegen taten, als wollten sie ihn nicht loslassen, jetzt, wo sie ihn einmal entdeckt hatten. Es war ein ziemliches Hin und Her, einige Passagiere mussten ein Stück weiter nach vorn oder hinten rücken, doch es war alles kein Problem, denn alle waren zu aufgeregt, um irgendwelche Schwierigkeiten zu machen. Die Journalisten waren direkt bis zum Heck durchgelaufen und klappten dort die Tischchen für ihre Schreibmaschinen aus.
    Das Handgepäck lag über ihren Köpfen in den Netzen, die Erfolgskoffer mussten unter den Sitzen verstaut werden. Marjorie machte ihren auf, um den Schleier ordentlich hineinzufalten. Ada, die nicht so recht wusste, wie sie sich mit dem Unbekannten an ihrer Seite verhalten sollte, setzte sich und drehte sich sofort nach hinten um. Die Reisende, die hier so lässig über der Lehne hängt, das bin ich. Marjorie lachte ihr zu. »Schön, nicht?«
    Es war eigentlich keine Frage, aber sie nickte trotzdem.
    »Der Geschmack der Neuseeländer scheint ziemlich konservativ zu sein«, sagte Esther und ließ den Brautschleier ihrer

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