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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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Sie gemerkt haben, kann unsere überaus lobenswerte Liftmaster schlechte Verhältnisse problemlos meistern …«
    Frank hatte wie selbstverständlich den Platz neben Ada eingenommen. Diese lag, das Gesicht in den Händen verborgen, schräg an seine Brust gelehnt. In ihre betäubten Gedanken war etwas Schreckliches vorgedrungen. Frank, der davon nichts wusste, hielt seine Arme weiter um sie.
    »In ein paar Minuten landen wir in Darwin …«, fuhr der Steward fort. Keine Reaktion, jeder war zu sehr mit seinem eigenen Wohlergehen beschäftigt. »Noch nie habe ich mich so erschrocken«, hörte sie Marjorie zu Esther sagen, »ich zittere immer noch. Fühl mal mein Herz, das schlägt wie verrückt. Hier, guck, au … und das wird grün und blau werden, grün und blau …«
    Es kam keine Antwort.
    »Ich kann mir vorstellen«, sagte der Steward, »dass sie gerne ein bisschen frische Luft schnappen würden, nachdem sie sich möglicherweise doch etwas Sorgen gemacht haben, aber wegen unseres Zeitplans wird die Maschine nach höchstens fünfzehn Minuten wieder starten …«
    Die ganze Zeit über starrte Ada in ihre eigene schwarze Seele.
    Sie hatte nicht an Gott gedacht. In ihrer angstvollsten Stunde hatte sie sich nicht an den Herrn gewandt, nicht eine Sekunde lang. Stattdessen hatte sie sich an die Rippen eines Gottlosen gedrückt und hatte sich im Rhythmus seines Atems forttreiben lassen. Der Sturm war eine Warnung. Sie hatte sich verirrt. Girrend hatte sie ihr eigenes Spiegelbild betrachtet und das Grinsen des Totenkopfes nicht gesehen.
    »… allein das Ein- und Aussteigen solch einer großen Gruppe würde zu viele wertvolle Minuten kosten.« Ruckartig riss sie sich aus Franks Armen los.
     
    Um halb fünf am Samstagmittag, Ortszeit, streiften sie erneut den heißen, roten australischen Boden. Obwohl draußen unverzüglich die Schläuche angeschlossen wurden und das Flugzeug anfing, durstig Benzin zu schlürfen, blieb die Tür vorerst hermetisch verriegelt. Draußen brannte die Sonne auf das Flugzeug, sodass die Temperatur im Inneren pfeilschnell anstieg. Der Kapitän, sein gebräuntes Gesicht etwas härter als sonst, kam in die Kabine, um seine angeschlagenen Auserwählten wegen der letzten Stunden persönlich zu beruhigen. Sie seien mit diesem phantastischen Flugzeug nie wirklich in Gefahr gewesen, obwohl er zugeben müsste, dass es selbst für jemanden mit seiner Flugerfahrung gehörig schlechtes Wetter gewesen sei. Aber ach, sie machten bei einem spektakulären Handicaprennen mit, und wenn es so weiterginge, würden sie ein paar Stunden früher als geplant in Christchurch ankommen.
    »Dann steht dort aber niemand«, sagte Marjorie mit Grabesstimme.
    Danach machte der Steward die Tür einen Spalt weit auf, und ein Australier in weißer Jacke schlüpfte nach drinnen. »Good afternoon«, sagte er höflich und fing an, von hinten nach vorne mit einer Sprühflasche systematisch ein Desinfektionsmittel über ihren Köpfen zu versprühen. Auf diese Weise hielten sie das Land und das Vieh frei von Importkrankheiten, erklärte er pflichtbewusst. Er rief einen Gruß zur Verabschiedung, und die Tür wurde wieder verriegelt. Fünf Minuten würden schon ausreichen, hatte er ihnen erklärt. Was sein muss, muss sein. Die Stewardess guckte auf ihre Uhr, alle bedeckten Mund und Nase.
    Ada starrte auf die blaue Rückenlehne des Sitzes vor ihr, während sie schwer in ihre gefalteten Hände atmete. Der Sturm war eine Warnung gewesen. Sie war und blieb eine Sünderin. Seht sie euch an, wie sie hier atemlos keuchend in ihrem knappen Brautkleid sitzt, aus dem die Brüste fast herausfallen, mit kaputten Kniestrümpfen, diesem schwangeren Körper, der vor ehebrecherischem Verlangen nur so schmerzt.
    Ihr wurde schwindelig und schlecht von der Chemie in der Luft. Sie wimmerte leise in ihre hohle Hand. Frank sah sie an. Was er sah, wusste sie nicht. Sie setzte sich auf, jetzt war äußerste Selbstbeherrschung gefragt. Er nahm seine Hand von Mund und Nase.
    »Lebst du noch?«
    Sie nickte reserviert. Ja, tue ich.
    »Unkraut vergeht nicht«, sagte er lächelnd.
    Ein Gefühl der Liebe durchfuhr sie und nahm ihr den letzten Rest an Atem.
     
    So kam es, dass die Soldaten in ihren kurzen Hosen und die Zuschauer, die im Schatten der Flugzeughalle auf die Ankunft der Holländer warteten, mit dem Anblick einer Braut belohnt wurden, die auf Strümpfen die Treppe herunterrannte, in dem Moment, als der Steward die Tür des Riesenvogels ganz aufwarf. Ein

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