Brautflug
Aufschrei ging über die Plattform hinweg, man zeigte mit Fingern auf sie, seht nur! Die Mechaniker, die sich über die offenen Klappen an den Flügeln beugten, richteten sich erstaunt auf. Sie stieß nach zwei Schritten mit den Männern vom Bodenpersonal zusammen, die mit Essen und Getränken zum Flugzeug hinaufsteigen wollten. Drei Kisten gingen zu Boden, Hunderte von Äpfeln rollten über die Treppe. Sie stolperte, hielt sich im letzten Moment am Geländer fest und rannte weiter. Jemand schrie etwas auf Englisch, sie hörte nicht hin, sondern rannte blind weiter durch die tropische, heiße Luft in Richtung Publikum.
Drinnen war sie bereits mit dem Steward zusammengestoßen, der mit einem Eimer Seifenlauge aus der Bordküche kam. Die Passagiere waren ausdrücklich darum gebeten worden, sitzen zu bleiben und sich nicht in der Nähe der Tür aufzuhalten, um dem Kabinenpersonal Platz zu machen, sodass es dort eilig sauber machen konnte. »Passen Sie doch auf!«, hatte er erschrocken gerufen, doch sie war wie ein Silberfischchen durch den Gang hindurchgeflutscht, auf dem Weg in Richtung Ausgang.
Nun rannte sie nach Atem ringend zum Hangar. Die harte, rote Erde war glühend heiß und versengte ihre Fußsohlen. Warum sie Richtung Hangar lief, wusste sie nicht. Die Hauptsache war, dass sie rennen konnte, so weit weg vom Flugzeug wie irgend möglich. Danach würde sie weitersehen. Sie zerrte mit beiden Händen an dem Gazekragen des Brautkleids und versuchte, ihre Brüste zu stützen, die von der Schwangerschaft geschwollen waren und durch das Schütteln schmerzten. Alles war so schrecklich schiefgegangen. Einmal beim Hangar angekommen, konnte sie nicht anhalten. Sie spürte den Temperaturunterschied an ihren Füßen und sah die erstaunten Gesichter der Leute, die auseinanderwichen, um sie durchzulassen. Einen kurzen Moment lang war sie sich des Anblicks bewusst, den sie in diesem Kleid bot. Sie sah das Foto in der Vitrine, das Foto des Films, in dem sie mitspielte.
Hier konnte sie nicht anhalten. Nicht bei diesen Menschen. Daher ignorierte sie die Seitenstiche und rannte weiter bis hinter eine riesengroße Lagerhalle, in der eine schmale Eisentür offen stand. Sie war auf dem Weg ins Licht, wollte in die frische Luft und zu einem Ausgang.
Die Menschen bekamen etwas geboten für ihr Geld. Kurz bevor sie aus dem Dunkel ins Sonnenlicht hinter dem Hangar trat, hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Frank war ihr nachgelaufen. Draußen vor der Lagerhalle rannte sie sinnlos im Kreis herum, bis der Schmerz und die Atemnot sie zum Anhalten zwangen. Würgend, dem Ersticken nahe, beugte sie sich vornüber. Die immergleichen Worte quälten ihr erhitztes Hirn: Der Sturm war eine Warnung. Er war eine Warnung. Eine Warnung.
»Ada!«
Die Erde war so heiß, dass sie nicht still stehen konnte. Zappelnd, die Hände unter ihren Achseln, um ihre Brüste festzuhalten, sah sie ihn aus der Lagerhalle heraustreten. Die tief stehende Sonne schien ihm direkt in die Augen und blendete ihn. Eine Hand über den Augen, suchte er nach ihr. Der Held sichtet die Prärie. Er entdeckt das Mädchen.
»Hey.«
»Ich gehe da nicht mehr rein!« Sie hörte sich selbst schreien. Ihr lief die Nase, mit einer unkontrollierten Bewegung wischte sie den Schnodder weg. Schweißtropfen brannten ihr in den Augenwinkeln und ließen ihr die Sicht verschwimmen.
Er ging ruhig auf sie zu, so wie man auf ein wildes Tier zuläuft oder auf eine Verrückte. »Es passiert nie etwas«, sagte er, »niemals. Es sieht immer schlimmer aus, als es ist. Du bist es nicht gewöhnt, das ist alles.«
»Ich gehe nicht mehr!«
»Gut. Und was willst du dann machen?«
Verwirrt hinkend sah sie ihn an. Er breitete die Arme aus und zeigte auf die rote Fläche. »Willst du in Australien bleiben?«
Ihr Kopf kochte vor Hitze, sie konnte nicht denken und rief einfach, was ihr gerade in den Sinn kam. »Ich will zurück!« Einen zweiten Versuch starten, alles neu und besser machen, diesmal ohne Fehler, ohne Sünden. »Zurück?« »Ja, zurück!« Sie schrie noch immer, obwohl das gar nicht ihre Absicht war. »Wie komme ich zurück?!«
»Warum willst du zurück?«
Sie musste stehen bleiben, um Atem zu schöpfen. Ihr Gesicht war klatschnass, das Kleid durchweicht, so bekam man die Heldinnen nie zu sehen.
»In Neuseeland ist doch ein Verlobter, der auf dich wartet?«
Es brannte unter ihren Fußsohlen. Sie konnte nicht anders, als weiter zu springen, von einem Bein auf das andere. Er stellte
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