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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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ohne Kapitän – standen sie zögerlich auf dem Platz vor der Sandsteinkathedrale.
    Marjorie beugte sich zu ihr herüber.
    »Pa muss mir ein bisschen Geld schicken«, flüsterte sie, »ich fahre zurück.«
    Esther erwachte aus ihrem Schwindelgefühl, drehte sich auf dem Absatz um und steuerte auf die andere Seite, um die Schaufenster zu inspizieren. Mit wiegenden Hüften überquerte sie die Straße, Leon folgte in kurzem Abstand. Esther zeigte hämisch auf die Pfähle auf dem Fußweg, mit Überdachungen wie im Wilden Westen. »Hier binden sie bestimmt ihre Pferde an?«
    »Esther, bleib mal stehen.«
    Sie zog ihn an den Schaufenstern entlang, die bestätigten, was sie gehofft hatte. Mode von vor mindestens zehn Jahren, und alles ohne das geringste Stilgefühl zur Schau gestellt. Kostüme, in denen man sich mehr tot als lebendig fühlte, erbärmliche Kleider in süßen, englischen Pastellfarben. Trottelige Strickjacken,
›All wool, distinctive design, nothing better‹.
Distinctive design, mein Gott.
    Dieses Land braucht mich.
    Triumphierend drehte sie sich auf dem Fußweg um sich selbst und hob ihre Arme in die Höhe. Sie schmetterte in die Runde. »Tatatataa … von den einfachsten Kleidern bis zur prunkvollsten Kreation, sie werden ihren Augen nicht trauen. Hier bin ich, und in diesem Moment setze ich meinen Fuß auf dieses brachliegende Land.«
    Leon sah unsicher zu, er hatte bereits eine Bemerkung über ihr enges, schwarzes Kleid mit dem weißen Plissee gemacht. Eine nahezu geometrische Tulpensilhouette, um die Knie herum so straff, dass sie beim Laufen aneinanderrieben. Es war einer der Entwürfe, die sie nach einigem Gezeter in dem Modehaus ausprobieren durfte, dieser war jedoch hängen geblieben, zu extrem für die Kunden. Sie hatte das Kleid als Abschiedsgeschenk bekommen.
    »Esther, bleib mal stehen.«
    Widerwillig hielt sie an, zog zitternd in der Oktoberkälte ihr dünnes Plissee um sich herum. Geld für Mantelstoff war nach dem Brautkleid nicht übrig geblieben, und lieber würde sie sterben, als einen Neuanfang in ihrer alten Jacke zu machen. Ihre Augen suchten nach Frank. Vor der Kathedrale sah sie ihn stehen, neben Hans, der hilfsbereit dies und jenes erklärte und von links nach rechts zeigte. An Franks Haltung konnte man sehen, dass er nicht zuhörte, und sie fragte sich, ob er an Ada dachte. Ada in der Transportkiste. Abgeführt in der Transportkiste eines Lieferwagens.
    Sie schüttelte ein paar Locken zurück und richtete sich auf. Direkt neben den Männern hatte sich Marjorie auf ihren Koffer fallen lassen, der Inbegriff von Mutlosigkeit.
    »Wenn wir …«, setzte Leon zögernd an. »Ich habe vereinbart, dass wir …«
    Es gab ein Zimmer bei einer Familie, die er in der jüdischen Gemeinde kennengelernt hatte, und das war schon mal etwas, denn scheinbar war es schwieriger, Wohnraum zu finden, als sie sich das in Holland vorgestellt hatten. Selbst das enttäuschte sie nicht. Nichts konnte ihr ihre gute Laune vermiesen. Einzig die Aussicht auf die Familie zog sie nicht gerade an. Er zeigte auf die geometrische Silhouette.
    »Hast du noch etwas anderes dabei? Etwas weniger … ich weiß nicht, ob sie …«
    »Wer?«, fragte sie ungeduldig, als hätte sie von seiner Erklärung im Bus nichts mitbekommen.
    Er blieb geduldig.
    »Mr und MrsJottkowitz.«
    »Jottkowitz …«, wiederholte sie in Gedanken und fühlte eine tiefe Müdigkeit in sich aufsteigen.
    »Von dem Zimmer. Es ist die Familie des Rabbis.«
    »Ich werde mal sehen.«
    »Es wäre schön, wenn du etwas anderes anziehen würdest. Denn ich weiß nicht …«
    Frank sah sie herüberschauen und winkte ihr zu. Aus einem Impuls heraus trat sie auf die Straße, zurück in Richtung Platz. Das erste Auto an diesem Sonntagmorgen, ein Taxi, schnellte haarscharf, unter wütendem Hupen, an ihr vorbei. Sie schrie auf und sprang zurück auf den Fußweg.
    »Ja«, bemerkte Leon, »sie fahren hier links, daran musst du dich gewöhnen.«
    Trocken bot er ihr seinen Arm an. »Um ein Haar wärst du mit deinem großen Talent unterm Auto gelandet.«
    Esther erkannte die Grübchen in seinen Wangen. Arm in Arm schritten sie zu dem Platz, wo Hans und Marjorie gerade ein Taxi heranwinkten.
    »Wir können zu Fuß gehen«, sagte Leon, »es ist nicht weit. Du bekommst ein Frühstück. Sie haben Challe für dich gemacht. Und heute Mittag melden wir dich an.«
    Der Geruch von Challe frisch aus dem Ofen.
    Sie riss sich los. »Anmelden? Wo?«
    »Bei der Jewish

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