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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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Erschöpfung und vom Schmerz in ihren Kniegelenken. Das weiträumige Anwesen mit den silbernen Monstern und all den Gebäuden, durch das sie lief wie durch ein surrealistisches Bild oder eine geträumte Erinnerung, in der man allein auf der Welt ist. Die Wasserfontänen, die Grünanlagen. Die Fahrt in solch einem teuren Geländewagen mit dem freundlichen jungen Maori, der Kris hieß und der sie an jemanden erinnerte. Und dann, nachdem das Auto am Ende der Felder, in der Nähe der Hügel, um die Kurve fuhr, die weiße Villa, die dort wie aus dem Nichts emporragte. Das Landhaus von der Vignette. Er hat es alles in die Tat umgesetzt, sie war bestürzt darüber. Das ist alles zu viel, zu unbegreiflich schön. Vor der Villa, um die Freitreppe mit den weißen Säulen herum, wieder die hübsche Bepflanzung, die sie an Indonesien erinnert, das sie von Bildern kennt. Er hat nicht aufgehört zu suchen. Alles, was sie sah, stimmte sie traurig. Drinnen in dem großen Haus, nachdem Kris sie galant über die Freitreppe geleitet hatte, passierte das Gleiche, sie konnte es nicht erfassen und fühlte, wie sie wie ein Kind mit offenem Mund dastand und um sich starrte, ihre Tasche gegen die Brust gedrückt, und wie Traurigkeit sie überkam, nicht über seinen Tod, sondern über sein Leben. Die Eingangshalle, in der schon einige Trauergäste zusammensaßen, war wie die eines Fünfsternehotels, ebenso prächtig und unpersönlich. Persische Teppiche, große Gemälde und Chesterfields, die um einen riesengroßen offenen Kamin aus Sandstein herum gruppiert standen. Antike Beistelltischchen, auf denen breite Schirmlampen mit Füßen aus Alabaster standen. Dies war kein normales Wohnhaus, wie sie es kannte, und wenn, dann müsste es aus einem dieser Lifestyle-Magazine sein, die beim Friseur lagen,
House and Garden
oder
Country Life
oder wie sie alle hießen. Die Wände waren in einer modischen, dunklen Farbe gestrichen, die sie nicht einmal benennen könnte. Eine Farbe, die einem niemals selbst in den Sinn kommen würde. Er hat es einrichten lassen, überlegte sie, während sie auf einer antiken Chaiselongue Halt suchte und nach einem Taschentuch in ihrer Tasche kramte. Er hat es von einem Fachmann einrichten lassen, wie nennt man so jemanden, ein Stylist oder ein Innenarchitekt. Warum hat er das getan? Als hätte er sich von allem verabschiedet. Sie fragt sich, wie er hier gelebt hat, wo er sich hinsetzte, wenn es dunkel wurde, welche Rolle er sich selbst in diesem Traum zugedacht hat. Sie konnte in der Unordnung ihrer Tasche kein Taschentuch finden und rieb sich mit der Hand über den feuchten Hals und die Stirn. Sosehr sie auch umhersah, sie entdeckte keinerlei Erkennungspunkte. Dies ist kein Haus, mit dem man eine Verbindung hat. Kein normales Menschenhaus, in dem klebrige Kinderhändchen die Tapeten für die Ewigkeit beschmiert haben und potthässliche Lieblingssessel doch stehen bleiben dürfen, weil sie vertraut sind und etwas Tröstliches an sich haben. Dies ist die Kulisse eines Films, ein Landhaus aus einem Katalog. Sie nickte so freundlich wie möglich einer Gruppe von unbekannten Menschen zu, die sich in ihrer Nähe an einen großen, glänzenden Couchtisch setzten. Menschen, die keine Ahnung davon hatten. Auf der anderen Seite der Halle sah sie hohe Vitrinenschränke aus dunklem Holz, in denen alte Jagdgewehre ausgestellt waren. Sie kniff die Augen zusammen und strengte sich an, um ein spezielles Gewehr dazwischen zu entdecken, eines, das von ihm Hunderte Male aufgenommen und zurückgestellt worden war, ein Gewehr, das ihn gut gekannt hatte, aber es war zu weit weg, und sie traute sich nicht, allein durch diesen Raum zu laufen, wo man ihr möglicherweise hinterhersah. Dann versuchte sie, sich ihn vorzustellen, wenn er allein in diesem Haus war. Das gelang ihr nicht gut, sie kam nicht weiter als bis zu dem Bild eines Mannes, der kreuz und quer und in professionellem Hoteltempo Entfernungen zwischen den Möbelstücken zurücklegt, als wäre er ständig unterwegs und würde sich nirgends einfach einmal niederlassen. Aber dies ist kein Hotel. Dies ist das Haus, in dem er gewohnt hat. Ruhig bleiben. Sie atmete tief ein und aus und versuchte, sich selbst hier zu sehen, zusammen mit ihm. Das ging besser. Mit ihr dabei hätte er sich sehr wohl auf so eine Chesterfield plumpsen lassen. Sie sitzen nah beieinander und starren in das hohe Feuer auf dem Sandsteinkamin. Sie brauchen nicht zu sprechen. Sie sitzen Hand in Hand, so wie sie das im

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