Breakfast on Pluto
Nat King Cole. The Girl from Ipanema – hmm?«
»Mm«, schnurrte ich.
»Bist du das kleine Mädchen? Bist du vielleicht das kleine Mädchen aus Ipanema?«
Wir lachten.
»Wie wunderbar, daß ich dich kennengelernt habe«, sagt er da und sieht mich an mit funkelnden Augen.
Wenn ich zurückdenke, muß ich Silks eines wirklich lassen. Wenn man ihn so reden hörte, konnte man ihn für einen Menschen halten, der jedesmal, wenn auf der Kinoleinwand irgendwas Rührseliges kommt, ganze Tränenbäche verschüttet, für den die Mißhandlung eines Tieres eine Tragödie allergrößten Ausmaßes ist. Was ja vielleicht auch stimmte! Daß es dir einen Kick verschafft, jemanden zu würgen, heißt ja noch lange nicht, daß du nicht auch eine menschliche, eine gütige, eine empfindsame Seite hast – vielleicht sogar erst recht!
Etwas anderes sah ich jedenfalls nicht in ihm, als wir so durch die Straßen kurvten. Vic war immer noch am Singen, und durch die geöffneten Fenster drang die warme Londoner Nachtluft herein. Draußen bunte Leuchtreklamen, und ich im Auto durchbraust von Gefühlswallungen. Ich war überwältigt von dem Gedanken: »Am Ende dieser Fahrt wird etwas ganz Besonderes passieren. Mein neuer Geliebter wird die Handbremse anziehen, und wenn wir aus dem Fenster schauen, werden wir etwas erblicken, das wie ein leuchtendes Licht aussieht. Dann wird er sich zu mir wenden und sagen: ›Wir sind da. Wir sind daheim.‹«
Was er auch tat, sobald er die Handbremse angezogen hatte – sich zu mir wenden, meine ich. Aber leider nicht, um von Liebe und Daheim zu sprechen! Obwohl ich das zuerst annahm, denn in seinen Augen stand so etwas wie echte Zuneigung, daß mir richtig jamjam zumute wurde. Besonders als er sagte: »Dann gefällt dir Vic also?«
»O ja!« erwiderte ich. »Er gefällt mir wirklich gut.«
»Warum?« fragte er, und zuerst wollte ich kichern, weil wir doch beide wußten, warum, aber dann erschauerte ich und schloß die Augen, weil es so aufregend war, bloß daran zu denken, und die Worte entschlüpften mir einfach so, und ich sagte: »Weil er so gut weiß, was es heißt, verliebt zu sein, und was die Liebe bei zwei Menschen bewirken kann, wenn sie einfach so tanzen, und alle anderen sind schon gegangen, und man hört nur noch die Geräusche der nächtlichen Stadt, bevor die Dämmerung anbricht…«
»Zieh dich aus«, sagte er plötzlich, und ich muß gestehen, daß mich die schroffe Aufforderung leicht verblüffte. Aber ich zog meine Sachen trotzdem aus, so ordentlich und schicklich ich konnte – denn das wollte er (»Zieh dich aus, aber nicht so vulgär«, sagte er) – und legte sie auf den Sitz neben mich. Habe ich schon gesagt, daß ihm das gefiel? Er konnte sich daran gar nicht satt sehen – an dem Häufchen Kleider (ausrangierte Glam-Rock-Klamotten von Oxfam, Oxford Street, leider! Ach, wie das Schicksal sich gewendet hatte! Aber es würde es auch wieder gut mit mir meinen –das wußte ich! Mein neuer Freund würde mir bestimmt in rauhen Mengen Bargeld schenken, das ich fröhlich zu Biba’s fabelhafter Boutique tragen würde, um mir das Beste vom Besten auszusuchen!)
Und was diese besondere Entwicklung anging – eine Wende des Schicksals! –, sollte die süße Muschi recht behalten! Freilich keine Wende zum Besseren, Süßer! Denn kaum hatte ich meine Goldkette abgelegt und mein langes braunes Haar zurückgeworfen, da langte er auch schon in seine Hosentasche und zauberte seine seidene Schnur hervor – obwohl ich nicht mit Sicherheit sagen kann, ob sie wirklich aus diesem Material gefertigt war. Das einzige, was ich mit Bestimmtheit sagen kann, ist, daß es sich um eine Art Ligaturfaden handelte, weich, aber nicht mehr, wenn man euch, so straff es geht, den Adamsapfel zuschnürt. Aus irgendeinem Grund sah ich genau in dem Augenblick, als er mich zu würgen begann, Charlie dastehen, wie sie ihr Halstuch flattern läßt und sagt: »Ich will euch ein Gedicht vorlesen. Es stammt von Adrian Henri aus Liverpool und geht so: ›Ich will 2000 tote Vögel malen, gekreuzigt vor dem Hintergrund der Nacht…‹«
Wie ihr euch bestimmt vorstellen könnt, erblickte ich, als Silky String die Schnur straff zog, jeden einzelnen dieser albernen Vögel. »Dann glaubst du also an die Liebe?« fragte er – und hämmert zu allem Überfluß noch wie besessen mit seinem Dödel! »Dann glaubst du also an die wahre Liebe? Na, dann wollen wir sie mal ausprobieren! Dann wollen wir’s mal probieren mit der wahren
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