Breaking me softly
Verdammt! Wenn ich nur verstehen könnte, was hier vorging.
„ Machen Sie diesen Beruf schon lange?“, fragte ich sie.
Sie sah mich an, doch ich blickte absichtlich an ihr vorbei, damit sie nicht merkte, dass ich wieder sehen konnte. Ihre Züge waren noch immer ein wenig verschwommen, doch seit dem Aufstehen hatte sich meine Sicht schon ein wenig geklärt.
„ Ungefähr drei Jahre“, antwortete sie. „Bisher waren es vorwiegend ältere Damen. Ich habe für eine Pflegefirma gearbeitet und wurde immer zu unterschiedlichen Patienten geschickt.“
„ Warum haben Sie dort aufgehört?“
Sie seufzte.
„ Ich war diejenige, die am kürzesten dabei war und als rationalisiert wurde, da war ich diejenige, die gehen musste. Die einzige andere Mitarbeiterin, die kürzer da war als ich hatte Kinder zu versorgen. Klar, dass die Wahl dann auf mich fiel. Ich sah dann die Anzeige in der Zeitung und habe mich sofort beworben.“
„ Hat man Ihnen gesagt, wer ich bin?“
Sie schüttelte den Kopf.
„ Nein. Nur, dass Sie ein Sportler wären, der plötzlich erblindet sei“, erklärte sie. „Wie ist es eigentlich passiert?“
„ Ein Schlag auf den Kopf“, antwortete ich. „Ich hab schon so viele Schläge auf den Kopf bekommen und nie auch nur eine Gehirnerschütterung davon bekommen und auf einmal das. Es tat gar nicht so weh, doch ich konnte auf einmal nichts mehr sehen. Der Kampf wurde zunächst nicht abgebrochen, da ja niemand wusste, dass ich plötzlich blind war. Ich habe sogar noch versucht, ihn zu treffen ohne ihn zu sehen. Mein Coach hat dann das Handtuch geworfen. Er hatte bemerkt, dass ich unkontrolliert schlug und dachte, mein Orientierungssinn wäre gestört. Als ich ihm erzählte, dass ich nichts sehen konnte, hat er geweint. Er war immer wie ein Vater für mich gewesen.“ Ich seufzte bei der Erinnerung. „Als klar wurde, dass meine Erblindung vielleicht permanent war, beschloss ich, weit weg zu gehen von allem, was mir lieb war. Ich wollte nicht, dass Leute die mir wichtig waren mich so sehen konnten. Ich kaufte dies Haus hier und Coach bestand darauf, dass ich jemanden zur Pflege einstellte. Er sagte, sonst würde er hier einziehen und mir das Leben zur Hölle machen.“
„ Sie sind nicht sehr glücklich damit, mich hier zu haben, nicht wahr? Tut mir leid. Wenn Sie wollen, dann kann ich ...“
„ Nein!“, unterbrach ich sie etwas zu scharf. „Ich will nicht dass Sie gehen“, fügte ich etwas sanfter hinzu.
Es stimmte. Ich wollte nicht, dass sie ging. Ich war ein masochistisches Arschloch! Ich redete mir ein, dass ich nur herausfinden wollte, wie weit sie mit ihrer Lüge gehen würde, doch das war nicht wahr. Ich wollte in ihrer Nähe sein. Ich hatte sie so schrecklich vermisst. Wie oft hatte ich von ihr geträumt? Wie oft hatte ich beim Sex mit anderen Frauen an sie gedacht, mir vorgestellt, es wäre sie, nur um dann frustriert festzustellen, dass keine Frau sie ersetzen konnte. Und jetzt hatte ich mich beinahe in eine andere Frau verliebt, die in Wahrheit niemand anderes als meine süße verlogene Fay war.
Kapitel 9
Fay
Seit dem Kuss waren drei Tage vergangen und die Stimmung zwischen Viper und mir war gespannt. Manchmal hatte ich das komische Gefühl, er würde mich beobachten, was ja nicht sein konnte. Er wechselte seine Stimmungen schneller als andere ihre Unterwäsche. Mal war er gereizt und kaum ansprechbar, dann wieder nett, wenngleich auch distanziert. An unserem vierten Abend saßen wir uns gegenüber am Esstisch und aßen schweigend unser Essen. Ich hatte gedünsteten Lach mit Reis und grünen Bohnen gekocht. Ich wusste, dass Viper Fisch liebte, doch er mochte keinen gebratenen Fisch. Nur gedünstet oder gegrillt.
„ Denken Sie eigentlich noch oft an den Mann, von dem Sie mir erzählt haben?“, fragte Viper plötzlich und ich ließ beinahe meine Gabel fallen.
„ Ja“, sagte ich nur und starrte ihn an. Sein Blick war auf mich gerichtet und ich hatte beinahe das Gefühl als würde er mich wirklich sehen. Doch er richtete seinen Blick wieder auf den Teller vor sich und ich tat es als Einbildung ab, weil ich so schrecklich nervös war über seiner Frage, welche mich vollkommen aus der Bahn geworfen hatte.
„ Angenommen, Sie würden Ihm irgendwo wieder begegnen, in der Stadt zum Beispiel, und er würde sie nicht bemerken, was würden Sie tun? Ihn auf sich aufmerksam machen? Ihn nur beobachten? Oder davonlaufen?“
Ich blickte auf meinen Teller. Was für eine Frage?
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