Breaking News
Hagana zu sehen, wo Ariks erste Amtshandlung darin bestand, revisionistische Propagandaplakate von den Wänden zu reißen. Zugleich ist Samuel kolossal beeindruckt von dem Kämpfer, den er da gezeugt hat. Erweist ihm endlich den schuldigen Respekt, nach dem sich sein Sohn so lange verzehrt hat, beinahe tragisch, dass es Arik jetzt – nennen wir es ruhig, wie es ist – am Arsch vorbeigeht.
»Hast du dran gedacht?«
Jehuda grinst und schwenkt eine Sporttasche.
»Shorts, lange Hosen, zwei T-Shirts, Hemd und Jacke, Unterwäsche, Socken, Turnschuhe.«
»Grandios!« Ariks Augen leuchten. »Unters Bett damit.«
Jehuda verstaut die Sporttasche wie gewünscht und pflanzt sich auf einen der Besucherstühle.
»Du weißt, dass das nicht im Sinne der Ärzte ist.«
»Was ist denn in ihrem Sinne?«, mault Arik. »Dass ich vor lauter Langeweile sterbe? In der Zeit, die ich schon hier bin, hätte ich gleich selbst Medizin studieren können.«
Na ja, fünf Wochen.
So lange ist es her, dass sie ihn, dem Tode näher als dem Leben, ins Hospital verfrachtet haben, und noch in letzter Minute wäre er beinahe abgekratzt. Nicht wegen des Blutverlusts, sondern weil im Moment, als der Krankenwagen vor dem Haupteingang ausrollte, die ägyptische Luftwaffe Tel Aviv bombardierte und alles medizinische Personal Hals über Kopf das Weite suchte. Hinten im Wagen lag Arik auf der Pritsche und dachte:
Aha. Der Tod lässt sich nicht betrügen.
Doch der Tod hatte an diesem Tag andere auf dem Zettel.
Danach war er ans Bett gefesselt, sein Körper steckte voller Kanülen, alles mögliche Zeugs pumpten sie in ihn hinein. Er wollte aufstehen undherumgehen, doch sie verordneten ihm strikte Ruhe, und mit der Ruhe kamen die Gespenster.
Azriel, Eli, die Toten seines Zugs.
Wollten wissen, was schiefgelaufen war.
Auch ihre Eltern erschienen. Stumm warteten sie an seinem Bett, dass er fähig wäre, ihnen Einzelheiten zu berichten, aber was sollte er berichten? Wie Kugeln und Granaten die Körper ihrer Söhne zerrissen hatten? Was die Araber mit denen getan hatten, die noch lebten, nachdem er sie hatte zurücklassen müssen?
Der Befehlshabende wird nicht müde zu versichern, ihr Opfer sei von Wert gewesen. Zwar hätten sie Latrun nicht bezwungen, die Araber jedoch so abgelenkt, dass der Bau einer geheimen Umgehungsstraße zügig voranschreite, schon im Juni könne Jerusalem darüber angefahren und versorgt werden.
Er solle stolz sein.
Doch Arik verspürte keinen Stolz. Nur die deprimierende Gewissheit, seine militärische Karriere in den Sand gesetzt zu haben. Was ihm vor Monaten noch egal gewesen wäre. Hatte er nicht Farmer werden wollen? Den Hof in Kfar Malal übernehmen, dort alt werden, zusammen mit Gali und einem Haufen Kinder?
»Und jetzt nicht mehr?«, fragt Jehuda.
Arik schwingt die Beine über die Bettkante.
»Kannst du dir vorstellen, wie es sich damit lebt, deine Leute in den Tod geschickt zu haben? Männer, die dir anvertraut waren?«
»Du konntest nichts dafür.«
»Jehuda, ich war Zugführer .«
»Dem Vernehmen nach bist du ein Held.«
Ein Held, ja. Nichts wäre einfacher, als den Mythos zu nähren. Doch das Wort klingt so falsch in Ariks Ohren wie die verstimmte Geige, an der er sich als Kind abgemüht hat.
»Ich bin kein Held.«
»Andere wären da nicht mehr rausgekommen.«
»Ich musste Männer zurücklassen.«
»Du hattest keine Wahl.«
»Verwundete zurückzulassen ist das Ergebnis deines freien Willens. Egal, wie die Umstände sind.«
»Wenn du Eli mit dir rumgeschleppt hättest, wärst du jetzt tot.«
»Yaakov Bugin hat mich mit sich rumgeschleppt, und er lebt.«
»Er hatte keinen Bauchschuss.«
»Trotzdem, ich –«
»Jetzt hör schon auf«, sagt Jehuda zornig. »Ihr seid in eine Falle gerannt, die haben euch falsche Informationen gegeben. Von wegen Bauern und Milizen.«
Arik starrt düster vor sich hin.
Stimmt schon, der Geheimdienst hat Mist gebaut. Gewaltigen Mist. Da lag eine Tausendschaft bestens ausgerüsteter jordanischer Soldaten auf der Lauer, und die wussten , dass sie kamen. Zahals Kommunikation ließ zu wünschen übrig, sie waren miserabel ausgestattet, alles richtig.
Er hebt den Kopf und sieht Jehuda an.
»Wir haben uns den Schneid abkaufen lassen, Jehuda, das war unser größtes Problem. Im Moment, als sie uns unter Feuer nahmen. Ich sage dir, etwas mehr Selbstvertrauen, und wir hätten es auch mit tausend Mann aufnehmen können.«
»Gut. Erklär’s ihnen.«
»Das werde ich.« Wirft
Weitere Kostenlose Bücher