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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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spät. Eli –«
    Eli schüttelt den Kopf. »Haut ab.«
    »Ich kann versuchen, dich –«
    »Haut ab, sag ich. Ich geb euch Feuerschutz.«
    »Scheiße!«, flucht einer. Weil sie Eli nicht tragen können. Niemand hier kann irgendwen tragen, sie können sich ja kaum selbst tragen.
    »Arik?«
    »Ja.«
    »Lass mir eine – eine von den Handgranaten da. Bitte.«
    Arik nickt stumm, nimmt eine der Granaten vom Gürtel und drückt sie Eli in die Hand. Wie lange er den Jungen schon kennt. Sie sind zusammen in Kfar Malal aufgewachsen. Früher gehörte Eli zu denen, die ihn »Bulle« gerufen haben, Arik hat ihm dafür mal richtig Senge verpasst, aber danach verstanden sie sich gut.
    »Viel Glück«, flüstert er.

    Fällt auf die Knie und beginnt zu kriechen. Wie ein geschundenes Tier, auf allen vieren, schleppt er sich aus der Mulde. Erreicht den Rand der Felder, kriecht weiter auf offenes Gelände. Immer mehr Araber kommen jetzt von den Hügeln herunter, und es sind keineswegs nur Soldaten. Angelockt von Beute, wagen sich auch Dorfbewohner aus ihren Verstecken. Arik hört einen Schuss, wendet den Kopf und sieht in einiger Entfernung einen Araber, die Pistole auf den reglosen Körper zu seinen Füßen gerichtet. Dann schaut der Araber zu ihm herüber, und einen kurzen Moment begegnen sich ihre Blicke.
    Der Tod sieht ihn an.
    Arik kriecht weiter, wartet auf das Ende, doch der andere hat das Interesse verloren. Widmet sich dem erschossenen Israeli, geht in die Hocke und beginnt, seine Ausrüstung zu durchwühlen.
     
    Schmerz.
    Empfindungslosigkeit.
    Wo endet das eine, beginnt das andere?
    Schwer zu sagen.
    Wenn du in Shorts, auf nackten Knien, über glimmendes Erdreich kriechst, müsstest du eigentlich brüllen vor Schmerz. Und dieser Geruch nach verbranntem Fleisch, das sind eindeutig Ariks Knie.
    Doch er empfindet keinerlei Schmerz.
    Stattdessen fühlt er sich leichter werden.
    Mit analytischem Interesse verfolgt ein Teil von ihm, wie sein Körper trotz der schweren Verletzungen Strecke macht. Linker Hand – wie lange schon? – kriecht einer, der erst vorgestern zu ihnen gestoßen ist, 16 Jahre, ein halbes Kind. Sieht schrecklich aus, sein Kiefer zerschmettert, der Hals dunkel von verkrustetem Blut, während frisches unter dem Ohr nachsickert. Arik erinnert sich nicht an den Namen, ohnehin zu schwach, ihn auszusprechen, und der andere hat vielleicht noch die Kraft, aber nicht mehr die Fähigkeit, sich zu artikulieren.
    Also kriechen sie stumm nebeneinanderher.
    Hindurch zwischen Toten und Sterbenden.
    Dolch oder Geige?
    Vögel kreisen über dem Feld. Schwarz, als seien sie aus den amorphen, tief hängenden Rußschwaden hervorgegangen.
    Wieder Schüsse.
    Ganz nah jetzt.
    Der Rauch teilt sich, und sie finden sich mitten in einer Gruppe Araber, so nah, dass man nur die Hand ausstrecken müsste, um sie zu berühren. Doch die Männer sind zu beschäftigt mit Plündern, um die zwei Jammergestalten der Erschießung für wert zu befinden. Fleddern die Leichen, zeigen einander lachend, was sie erbeutet haben, halten Uhren hoch, Sonnenbrillen, Waffen, ein grausiger Wettstreit, wer das meiste einsackt.
    Geige?
    Liegen bleiben und warten, bis es vorbei ist?
     
    Dolch!
    Kriechen!
    Weiter, immer weiter, Stunde um Stunde, doch jetzt steigt das Gelände in flachen Terrassen an, Steinwälle trennen die Ebenen voneinander, wie soll er über die schier unbezwingbaren Hindernisse gelangen, auch wenn sie für jedes Kind überwindbar wären?
    Er liegt auf dem Rücken. Kriecht.
    Eigenartig. Wie kann er gleichzeitig liegen und kriechen? Eines von beidem bildet er sich ein, aber was?
    Ein Gesicht beugt sich über ihn.
    Yaakov, ach ja, so heißt der Junge mit dem zerschossenen Kiefer. Yaakov Bugin, der aus gleißenden Himmeln auf ihn herabblickt, ein blutender Engel. Rot glänzende Fäden tropfen auf Ariks Stirn, Blut mit Speichel vermischt, kräftige Hände schieben sich unter seine Schulterblätter.
    Der Junge will ihm helfen.
    Arik wedelt schwach mit der Rechten.
    »– ss mich lieg – n –«
    (Hau ab, Yaakov!)
    »– m – ch lie –«
    Yaakov zerrt ihn hoch, schiebt ihn über den Steinwall auf die nächsthöhere Ebene, Arik stützt sich auf seine Schulter.
    Stolpert voran.
    Dolch!
     
    Dabei mag ich Musik. Doch, wirklich, Papa! Wegen der Geige, ich meine, ich liebe die Geige, aber –
    »Prinzipientreue!« Samuels Schritte im Haus, wuchtige Schritte, als lasse jemand Säcke zu Boden fallen. »Absolute Prinzipientreue und Leistung! Schau dir

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