Breaking News
immer noch weißblond und – klar, was sonst – gebleicht, das erkennt er jetzt, als sie sich aus dem Laken schält, aber im Ganzen hätte es ihn schlimmer treffen können.
Melinda? Belinda?
Ein bisschen knochig. Blass.
Trotzdem. Glück gehabt.
Sie vögeln unter der Dusche.
Melinda Belinda Melissa schmiegt sich gegen die Kacheln, seufzt leise und hält die Augen geschlossen, während er von hinten in sie eindringt. Dabei starrt er auf ihre Schulterblätter, auf die deutlich segmentierte Wirbelsäule unter ihrer weißen Haut, und fragt sich, was zum Teufel er hier tut. Bei jedem Stoß geht in seinem Schädel eine mittlere Sprengladung hoch, was ihn nicht davon abhält, wie ein Duracell-Kaninchen weiterzumachen. Eine Qual. Seine Hände klammern sich um ihre eckigen Hüftknochen, mehr stützt er sich auf ihr ab, als dass er sie zu sich heranzieht, und als er endlich kommt, sacken ihm kurz die Knie weg.
»Gut«, murmelt sie verträumt. »War das im Preis mit drin?«
Er lacht.
Lunch auf der Hotelterrasse. Amanda ist Amerikanerin. Künstlerin. Sucht in Krisengebieten nach Inspirationen. Ihr Mann betreibt eine Privatbank in Seattle.
»Ich schätze, das hab ich dir gestern Abend schon erzählt. Oder?«
Hagen zuckt die Achseln.
»Einigen wir uns darauf, dass keiner mehr so genau weiß, was er dem anderen erzählt hat.«
»Oh.« Sie lächelt. »Das Wesentliche weiß ich schon noch.«
Zu seinem Kater gesellt sich ein schlechtes Gewissen. Amanda ist nett, wirklich nett, auch wenn sie hart an der 50 segelt und in der Mittagssonne schlagartig wieder danach aussieht. Trotzdem will Hagen nur noch weg, er hat die Schnauze voll, eine Woche ist er jetzt in Syrien, ohne etwas anderes zuwege gebracht zu haben, als zu saufen, sich zu bemitleiden und jetzt diese stinkreiche Amerikanerin anzubaggern. Gut, vielleicht hat sie auch ihn angebaggert. Aber er ist darauf eingestiegen, das macht es zum Problem. Wahrscheinlich gibt sie sich Hoffnungen hin, wenigstens auf eine nette gemeinsame Zeit.
Er will keine nette gemeinsame Zeit.
Nicht schon wieder.
Die letzte nette gemeinsame Zeit, die er hatte, die mit Kerstin, seiner Hamburger Änderungsschneiderin, geht gerade zu Ende. Er weiß, dass er es versaut hat. Wieder mal. Kerstin hat ihn so genommen, wie er ist, mit seiner ganzen fürchterlichen Vergangenheit. Er hätte verdammt noch mal netter zu ihr sein sollen, aber er ist eben ein Arsch.
Er ist ja nicht mal nett zu sich selbst.
»Willst du einen Nachtisch?«
Ihm wird übel. »Nein danke, äh –«
»Oh, mein armer, kleiner Gigolo.« Sie beugt sich vor und streicht ihm über die Wange. »So verkatert. Und musstest noch mal ran.«
»Na ja.«
»Dafür warst du gut. In Pflicht und Kür.«
Pflicht und Kür?, denkt Hagen.
Was macht sie als Nächstes? Benotungstafeln unterm Tisch hervorziehen wie beim Eiskunstlauf?
Dann sieht er, was sie als Nächstes macht.
Ohne es erst mal zu kapieren. Schließlich gibt es tausend Gründe, in aller Öffentlichkeit einen Scheck auszuschreiben.
Aber nicht, ihn zu ihm rüberzuschieben.
»Sehen wir uns mal wieder?« Sie kramt in ihrer Handtasche, fördertihre Sonnenbrille zutage und steht auf. »Mein Flug geht heute Abend. Ich glaube, ich hab deine Nummer gar nicht.«
Hagen schaut wie betäubt auf den Scheck.
Eintausend Dollar.
»Was ist das?«, fragt er.
Sie hebt die Brauen.
»Was ist was?«
Er wedelt mit dem Scheck.
»Das.«
»Was soll’s schon sein? Wie vereinbart.«
»Was heißt, wie vereinbart?«
»Oh.« Zwischen ihren Brauen entsteht eine kleine Falte. »Sag jetzt bloß nicht, du willst mehr.«
»Ich –«
»Du hast tausend gesagt.«
»Ich hab was gesagt?«
»Und das war’s auch wert. Oder fast. Aber wenn du jetzt –«
»Moment.« Hagen hebt die Hand. »Ich will nicht mehr. Ich will überhaupt nichts von deinem Geld.«
»Ach.«
»Du erzählst mir gerade allen Ernstes, ich hätte dir angeboten, dich für – dich für Geld –«
»Nein. Ich hab’s dir angeboten.«
»Und ich habe –«
»Du hast gesagt, tausend. Das wäre dein üblicher Kurs.«
»Mein üblicher Kurs?«
Allmählich hört er sich an wie ein Papagei. Amanda seufzt. »Schätze, es war doch keine so gute Idee. Syrische Callboys kosten die Hälfte und sind genauso gut, aber ich dachte, warum nicht mal ein Deutscher. War ’n Reinfall. Na dann.«
»Amanda –«
»Behalt den Scheck.« Sie stöckelt an ihm vorbei. »Und deine Nummer kannst du auch behalten.«
Der Tag geht zu Ende, bevor er
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