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Stützpunkte die Familien der Soldaten anzusiedeln gedenkt, und Eschkol lapidar sagt:
»Gar nicht.«
Arik versteht nicht.
Wäre Ben Gurion noch Premier, würde das Gespräch jetzt im Stil einer Vater-Sohn-Debatte weiterlaufen, doch der Raum ist voller missgünstiger Generäle, denen er mit seiner Arroganz schon zu oft auf die Füße getreten ist, und Eschkol hat eigene Vorstellungen. Er schätzt Arik als Brecheisen, selbst fährt er eine Politik der Verständigung. Hat Lyndon B. Johnson weitreichende Beistandsversprechungen abgerungen, als erster jüdischer Premier diplomatische Beziehungen zum runderneuerten Deutschland geknüpft. Israels Ansehen in der Welt ist sein Kapital und Eschkol niemand, der Kapital leichtfertig verspielt.
»Wir werden die Gebiete ausschließlich militärisch sichern.«
»Es würde die Lage der Stationierten enorm verbessern«, versucht es Arik ein weiteres Mal.
»Unserer Reputation würde es schaden.«
»Familien gehören zusammen. Darf ich auf die Erfahrungen der Vergangenheit verweisen? Der Staat Israel existiert nur, weil Juden durch Besiedlung Tatsachen geschaffen haben. Der einzige Weg, Terrain langfristig zu sichern, ist, darauf zu leben.«
»Mein lieber Scharon –«
»Wir haben jede Menge Platz da!«
»Aber nicht das Recht.«
Arik pumpt Luft in seinen mächtigen Brustkorb, er ist überhaupt ziemlich mächtig geworden über die Jahre, an Einfluss wie an Leibesfülle, aber gerade läuft er gegen eine Mauer. Problematisch nur, dass der Runde so viele Regierungsvertreter, Geheimdienstler und hohe Militärs angehören, weshalb er nicht rumpoltern kann wie sonst, wenn er mit Dayan alleine ist. Beziehungsweise, für Arik wäre es wohl weniger ein Problem, für Dayan schon, dem nicht entgeht, wie soeben größere Reserveeinheiten Blut in die Stirnader seines Generals verlegt werden.
»Können wir gerade mal unterbrechen?«, fragt er Eschkol leise. »Ich muss telefonieren.«
»Natürlich. Eine Kaffeepause täte uns allen gut.«
Dayan nickt Arik im Rausgehen zu.
»Bibliothek.«
Bibliothek? Die liegt am entgegengesetzten Ende des Gebäudes. Warum sollen sie bis in die Bibliothek marschieren?
»Baumängel.«
»Baumängel?«, echot Arik.
»Dünne Wände überall, schlecht isoliert.«
»Und darum gehen wir in die Bibliothek?«
»Ja.« Dayan macht eine Kopfbewegung zu den Kaffee trinkenden Männern. »Damit sie dich hier nicht rumbrüllen hören.«
Arik brüllt nicht.
Er steht nur kurz davor. Durchmisst den Raum, als wolle er eine Furche in den Boden laufen.
Dayan schaut unbeeindruckt zu.
»Doch, Arik, es ist ein Unterschied.«
»Dann erklär ihn mir!«
»Die Stationierung von Militär auf gegnerischem Gebiet ist eine vorübergehende Maßnahme. Die Ansiedlung von Zivilisten ist weit mehr als das.«
»Es sind Soldatenfamilien.«
»Na und?«
»Sie wohnen praktisch in den Kasernen.«
» Praktisch nach deinem Verständnis bedeutet, ihnen schmucke kleine Siedlungen zu bauen.«
»Es bleiben Militärstützpunkte.«
»Es wären Siedlungen. Du darfst deine Steinchen ja nach Herzenslust auf dem Spielbrett verteilen, aber du solltest sie nicht dort festkleben. Wenn wir Soldaten in die Westbank schicken, können wir sie jederzeit wieder abziehen. Mit Familien ist das was anderes.«
»Und warum?«
Dayan rollt sein verbliebenes Auge.
»Stell dich nicht dümmer, als du bist. Du baust ihnen Häuser, Eigenheime, eine Infrastruktur, schaffst ihnen eine Heimat. Willst du ihnen das in drei, vier Jahren wieder nehmen, wenn wir uns aus der Westbank zurückziehen?«
»Wer sagt denn, dass wir das tun?«
»Wer sagt, dass wir es nicht tun?« Dayan seufzt. »Spielt aber auch keine Rolle. Im Moment, da du Zivilisten in die Westbank lockst, erfüllst du den Tatbestand ziviler Besiedelung. Und das signalisiert aller Welt: Wir wollen hierbleiben. Dauerhaft. Verstehst du? Wir werden alsLandräuber dastehen, und Friedensverhandlungen kannst du dann vergessen.«
»Landräuber!« Arik schnaubt unwillig. »Schau dir die Westbank an, man kann Tage hindurchlaufen, ohne jemandem zu begegnen –«
»Du zitierst David.«
Ben Gurion, der gesagt hat, man könne tagelang durch Judäa und Samaria streifen, ohne einer Menschenseele zu begegnen, weniger verklausuliert: Dies ist ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land.
Jeder bediene sich selbst.
»Und er hat recht, verdammt noch mal! Wem gehört denn hier irgendwas ? Golan, Sinai, einverstanden, das war syrisches, ägyptisches Staatsgebiet,
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