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Ich mache mir keine Sorgen.« Uri setzt eine ernste Miene auf. »Also nicht um mich. Nur um dich und Mama und das Baby.«
»Keine Bange. Hier oben sind wir ja sicher.«
Schön wär’s.
Phoebe kommt ihm entgegen, beide Hände in die Lenden gestützt. So wie ihr Bauch sich rundet, ist er eine einzige Aufforderung, sie unverzüglich zur Entbindungsstation zu bringen.
Beginn neunter Monat.
»Hör mal«, sagt sie. »Eschkol im Radio.«
Und tatsächlich, Levi Eschkol, Premier und Verteidigungsminister in Personalunion, hält eine Ansprache im Rundfunk, dem Zweck geschuldet, sein Volk zu ermutigen. Es lauscht ihm in Feldlagern und Schützengräben, wie das so ist mit Völkern, die sich kein großes stehendes Heer erlauben können, weshalb sie selbst das Heer sind. Ein Heer von Reservisten. Auch Jehuda würde längst in einer Uniform stecken, hätten sie ihn nicht freigestellt.
Das Netafim-Projekt ist zu wichtig.
Also hören sie zu, was der Führer aller Israelis ihnen mitzuteilen hat, während sich 15 Kilometer weiter die syrische Artillerie austobt. Eschkol war nie ein begnadeter Redner, aber heute wirkt er so unausgeschlafen, als hätten sie ihn direkt aus dem Bett vors Mikrofon gezerrt. Von Entschlossenheit keine Spur, dann:
»– könnte es notwendig sein, dass wir Teile unserer Truppen von den Grenzen zurückziehen – verlegen müssen – äh, werden –« Pause. Getuschel. »Zurückziehen oder verlegen? Hier steht beides.«
Phoebe und Jehuda schauen einander an.
»Was faselt der denn da?«
Was immer es ist, denkt Jehuda, bei dem Gestammel könnte man keinem Soldaten den geringsten Vorwurf machen, wenn er seine Uniform auszöge und schleunigst das Weite suchte.
Negev, Camp Shivta
»Eschkol ist ein Idiot«, tobt Arik wenige Tage später, während er über den Exerzierplatz des Militärgeländes stapft, um einen Tross Neuankömmlinge in Empfang zu nehmen. »Tausend Mal hab ich ihm gesagt, er soll Nasser einen Präventivschlag verpassen, jetzt haben wir den Salat.«
Der Salat: Hussein von Jordanien hat Nasser seine Truppen unterstellt, womit Israel ein Dreifrontenkrieg droht:
Im Norden die Syrer.
Im Osten die Jordanier.
Im Süden die Ägypter.
»Und genau das wollte ich vermeiden!«
Dafür hat er Rabin unter vier Augen sogar vorgeschlagen, Eschkol zu verhaften. Was Rabin empört von sich wies, um gleich darauf einen Schwächeanfall zu erleiden.
Alles Memmen.
Mehrere Unteroffiziere sind an seiner Seite, lauschen ihrem monologisierenden Anführer, der seinen schweren Körper mit erstaunlicher Geschwindigkeit über den Exerzierplatz bewegt. Der Stützpunkt liegt mitten in der Wüste Negev, unmittelbar an der ägyptischen Grenze. In Laufweite findet man Ruinen uralter byzantinischer und nabatäischer Siedlungen, aber die interessieren gerade niemanden. Von den Kasernen aus kann man die endlosen Drahtverhaue und Wachtürme auf der anderen Seite sehen. Arik soll hier die 38. Division in Stellung bringen, falls die Ägypter aus dem mittleren Sinai über die Grenze drängen, was er mit Freuden tun wird.
Und noch einiges mehr, geht es ihm durch den Kopf.
Wenn es so weit ist.
Immer noch treffen Zivilisten ein, die sich binnen kürzester Zeit in Soldaten verwandeln. In der Knesset scheinen sie endlich aufgewacht zu sein. Als Jeschajahu Gawisch, Oberkommandierender des Südkommandos, in einem Jeep an ihnen vorüberrollt, erfährt er auch, warum.
»Eschkol hat einer Einheitsregierung zugestimmt«, ruft Gawisch ihm zu. »Mosche Dayan ist Verteidigungsminister!«
Arik bleibt stehen. Blickt über das staubige Gelände, die Kasernen, das Durcheinander aus Militärfahrzeugen, Panzern, Kompanien.
Gut, denkt er. Sehr gut!
Sie hatten einige Zerwürfnisse in der Vergangenheit, aber er wusste immer, das würde sich einrenken. Vergangene Woche hat Dayan ihn hier im Negev besucht, und Arik hat ihm in der Enge seines Wohnwagens seine Pläne erläutert. Der alte Ärger ist verraucht, jetzt herrscht bestes Einvernehmen zwischen ihnen.
Arik weiß, Dayan wird seine Pläne unterstützen.
Auch seine Alleingänge.
Immer noch ist unklar, ob die Araber bluffen oder wirklich angreifen werden, aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.
Angriff
Am Morgen des 5. Juni, 7:14 Uhr, entfalten Cherubim und Seraphim ihre Flügel. Es erhebt sich das Heer der Engel in seiner Herrlichkeit, es schwingen sich auf Gabriel, Michael, Raphael, Raguel, Sariel, Uriel, Jerachmiel, ihr Donner lässt die Himmel erzittern, gewaltig stoßen sieherab
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