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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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eine Schule. Kristallenes Morgenlicht bringt die Architektur ringsum zum Leuchten. Bauhaus, wohin man blickt, frisch getüncht. Das Weiß der Fassaden sticht gegen einen azurblauen Himmel ab, Koniferen und Pinien bilden Oasen dunkler Verschwiegenheit. Alles sehr elegant und geschmackvoll, ein Viertel im Aufwind. Die neue Begehrlichkeit pumpt Geld in seine Arterien, lässt Restaurants entstehen, Cafés und Boutiquen, die sich vor allem in der nahe gelegenen Dizengoff Street eng aneinanderreihen. Gelegentlich schwappt von dort eine Woge Verkehrslärm heran und verebbt, bevor sie sich störend bemerkbar macht. Obwohl Anfang November, zeigtdas Barometer noch wohltuende 22 Grad Celsius an, und es ist nicht mal Mittag.
    Wie friedlich, denkt Hagen.
    Durchatmen im Krisenzentrum der Welt.
    Im Auge des Hurrikans.
    Denn das ist Israel, nüchtern betrachtet. Eine trügerische Oase, um die ein gewitternder Wirbel tobt. Der Arabische Frühling hat Schwüle und schließlich Sturm hervorgebracht, der jede vertraute Struktur hinwegfegt. Mit Assad könnte dem Land sein verlässlichster Feind abhandenkommen, Ägypten kündigt eine Freundschaft auf, die nie eine war, der Libanon entwickelt sich zum Verschiebebahnhof islamistischer Interessen, Teheran bastelt an der Mutter aller Bomben, Gaza ist ein spuckender Geysir, die Westbank schöngeredetes Feindgebiet.
    Jedes andere Volk würde in Lauerstellung verharren.
    Geduckt, den Kopf eingezogen.
    Nicht dieses.
    Und das ist bemerkenswert.
    Denn an Frieden glaubt hier gerade keiner mehr. Netanjahu ist so ziemlich der Letzte, von dem man sich einen Durchbruch erhofft, und dann erst Avigdor Lieberman, ein wahrhaft exotisches Exemplar von Außenminister, dessen Türstehervergangenheit in seinem politischen Wirken durchschlägt wie Fassadenschimmel. Solange die Vorstellungen des höchsten Diplomaten darin gipfeln, den Iran oder den Gazastreifen »platt wie ein Fußballfeld« zu bomben, gehört jede Idee der Verständigung ins Reich der Science-Fiction. Selbst Scharon in seinen schlimmsten Flegeljahren erscheint gegen den amtierenden Außenminister rückblickend wie ein linksliberaler Menschenrechtler, also wie hieß das Wort noch gleich?
    Frieden?
    Natürlich wollen sie Frieden, was denn sonst?
    Auch in Aschkelon, Aschdod, Yavne und Beer Scheva, im Süden Israels, wollen sie Frieden, es würde schon reichen, mal wieder ein paar Nächte durchzuschlafen.
    Doch zurzeit liegen sie wach.
    Der Süden steht unter Beschuss.
    Seit acht Tagen feuern Islamischer Dschihad und Al-Quds-Brigaden selbst gezimmerte Grad-Raketen und Granaten über die Gaza-Grenze. Israels Luftwaffe bleibt ihnen nichts schuldig, bombardiert ihre Trainingslager, lehrt sie Mores, mit der Folge, dass noch mehr Raketen rüberfliegen, wieder Luftschläge, Tote und Verletzte. Eine Waffenruhe,vermittelt von Ägypten, hält sagenhafte drei Stunden, dann kommen die nächsten Raketen, israelische Kampfhubschrauber starten erneut Richtung Gaza, ein Teufelskreis.
    Die Kinder gehen nicht zur Schule.
    Jedenfalls nicht in Schulen, die in Reichweite der palästinensischen Raketen liegen.
    Fast schon Alltag.
    Teufelskreise ist man hier gewohnt.
    Dabei schienen die Chancen für ein bisschen Ruhe gar nicht schlecht zu stehen. Mehr als tausend freigelassene Palästinenser für Gilad Shalit, jenen israelischen Oberfeldwebel, der fünf Jahre in Hamas-Haft gesessen hatte, flackerte da nicht ein Flämmchen wenn auch nicht der Versöhnung, dann doch der Annäherung auf?
    Doch in Gaza ziehen sie daraus die falschen Schlüsse.
    Traditionell missversteht man hier Entgegenkommen als Schwäche. Da sitzen noch mehr inhaftierte Brüder in israelischen Gefängnissen, und wenn das mit dem einem Gilad Shalit so fabelhaft geklappt hat, um wie viel besser müsste es dann erst mit fünf Shalits gehen? Der Feind ist eingeknickt, jetzt bloß nicht nachlassen.
    Immer feste drauf.
    Ein weiteres Problem, mit dem sie hier fertigwerden müssen, und dass Netanjahu laut darüber nachdenkt, iranische Atomanlagen anzugreifen, trägt auch nicht gerade zur Beruhigung bei. »Apokalyptische Konsequenzen« stellt Teheran in Aussicht, sollte es so weit kommen, was in der Rhetorik Ahmadinejads nichts Neues ist. Ständig will er Israel von der Landkarte tilgen, was aber, wenn Netanjahu zuerst den Radiergummi ansetzt, und sei es nur im Kleinen?
    Und was, wenn er es nicht tut?
    Haben sie Angst?
    Aber so was von klar haben sie Angst!
    Gehen wir heute Abend essen?
    Super, mach ’n

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