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kein Wunder, er hat sie ja mit initiiert.
Solidarität, am Arsch, denkt Jehuda.
Ihr Fanatiker seid in der Lage, einen einvernehmlich geregelten Abzug in einen Bürgerkrieg zu verwandeln. Missbraucht uns verständige Siedler für eure Machenschaften, dabei sind wir euch in Wirklichkeit scheißegal. Ihr wollt nur verhindern, dass sich der Sinai zum Präzedenzfall für Judäa und Samaria entwickelt, die Eskalation nehmt ihr billigend in Kauf.
Phoebe war dagegen, Miriam mitzunehmen.
Strikt.
Also geht Miriam zu Papa. Der Klassiker: pubertierendes Mädchen und Vater, Manipulatorin und Knetmasse.
Ich hätte es besser wissen müssen, denkt er.
Phoebe hatte recht.
Zu spät.
Ein Militärlaster kommt herangeschossen, würgt den Motor ab. Soldaten springen nach draußen. Schwelgeruch liegt in der Luft. Auf den gegenüberliegenden Häusern drängen sich die Aktivisten, werfen Sand, brennende Reifen und Müll herunter, skandieren »Juden vertreiben Juden!«. Zahal hat sie aus Kellern und Erdgeschossen vertrieben, was vergleichsweise einfach war, Mauern anbohren und unter Hochdruck Wasser ins Innere schießen, nur dass es die Typen nicht raus, sondern aufs Dach geschwemmt hat, wo sie nun hocken und Spektakel machen wie übergroße Vögel.
»Jehuda«, drängt Phoebe, »ich will wissen, wohin Miriam –«
»Platz! Platz!«
Jemand scheucht sie beiseite. Soldatinnen tragen eine Frau auf die Straße, die sich wie eine Entfesselungskünstlerin windet im Versuch, Arme und Beine frei zu bekommen. Keine religiöse Aktivistin. NurAlina, eine Goldschmiedin, die hier zusammen mit ihrem Mann gewohnt hat, einem Jom-Kippur-Invaliden, den sie jetzt ebenfalls nach draußen schleppen wie eine Couch. Beide haben sich für das Haus hoch verschuldet.
»Okay.« Jehuda nickt. »Wir gehen sie suchen.«
Sie laufen Richtung Motel. Überall bietet sich ihnen das gleiche, deprimierende Bild, wenigstens ist die Räumung gut organisiert. Frauen tragen Frauen, Männer tragen Männer. Die Soldaten sind unbewaffnet, viele haben Tränen in den Augen. Sie leiden mit den Menschen, die sie von hier vertreiben müssen, aber so lautet nun mal die Vereinbarung:
Land für Frieden.
Frieden für Land.
»Können Sie eine Rechtskurve fliegen? Ich will mir von dem Wadi dort einen besseren Eindruck verschaffen.«
»Kein Problem.«
»Und gehen Sie ein bisschen tiefer.«
Der Pilot legt die Maschine quer, verringert die Höhe. Sie ziehen über sudanesisches Grenzland hinweg, rotes, sonnenverbranntes Erdreich, aber Arik sieht das Potenzial.
»Und das wollen Sie begrünen?«, fragt der Copilot.
»Warum nicht?«
Würde man Arik fragen, als was er sich gerade empfindet, Farmer, Soldat oder Politiker, er würde antworten: Genau. Den Krieg hat er erlernt, in die Politik wächst er zusehends hinein, aber mit Landwirtschaft ist er groß geworden. Zeig Arik ein Stück Boden, und er sagt dir, was dort sprießen kann und was man dafür tun muss.
»Es ist Wüste, aber sehen Sie das karge Gestrüpp dort? Da gibt es Wasser. Ich bin sicher, im Überfluss.«
»Ja, aber zu wenig, um irgendwas anzubauen –«
»Vergiss es«, unterbricht der Pilot seinen Kollegen. »Er ist Israeli. Er kann dir auch den Mond begrünen.«
Sie lachen, und kurz fragt sich Arik, ob er das alles nur träumt. Sitzt hier, mit Kopfhörer und Karte auf dem Schoß, im Cockpit von Sadats privater Antonow zwischen zwei ägyptischen Kampfpiloten, die ihn über die Wüste fliegen, um neue Areale für Ägyptens Ackerbau auszukundschaften. Noch im Jom-Kippur-Krieg haben die beiden sich Luftschlachten mit seiner Division geliefert und gnadenlos seine Einheiten bombardiert. Den Kopiloten haben Ariks Leute damals vom Himmel geholt, in letzter Sekunde konnte er sich mit dem Fallschirm retten.
Wir haben einander nach dem Leben getrachtet, denkt Arik.
Und jetzt, Frühjahr ’78, keine fünf Jahre später, sind wir gemeinsam unterwegs, um die Wüste zum Blühen zu bringen und Lebensmittel zu produzieren.
Zum Wohle des ägyptischen Volkes.
»Es geht nicht um Wasser«, erklärt er den Männern. »Es geht um Technologie. Gebt mir vier Wochen, und da unten steht eine komplette Farm. Mit etlichen Quadratkilometern bewässerter Anbaufläche für Weizen, Mais, Erdnüsse, Okra, Melonen, was immer ihr wollt.«
Sie glauben ihm.
Denn er hat es schon einmal bewiesen. Vor zwei Monaten ist ein gewisser Daud in seinem Ministerium vorstellig geworden, ob Israel helfen könne, irgendwo auf einer Farm moderne
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