Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
ist jetzt ihr großes Vorbild, und das heißt, die Brauen zu Balken gebürstet, dunkelroter Lippenstift, Kajal, Kajal. Außerdem trägt sie die Haare blondiert. Ein knappes, geringeltes Shirt gewährt Einblicke in ihren Bauchnabel, die knallengen Jeans sind über weinroten Pumps aufgekrempelt. In ihrer Gesamtheit passt sie nach Kfar Malal, als hätte sie ein Ufo dort abgesetzt, und ihrem Verhalten nach scheint sie auch nichts mehr zu hoffen, als dass es sie schnellstmöglich wieder dort abholt.
    Uri weiß, dass die Pose ihrer zur Unendlichkeit tendierenden Bedürftigkeit entspringt, ein großstädtisches Leben zu führen, aber man muss sagen, das alles steht ihr beunruhigend gut.
    Sie straft ihn ab.
    Mit immer neuen Outfits und Make-ups reibt sie ihm unter die Nase, was sie ersehnt: in schicke Restaurants zu gehen, die Strandpromenade entlangzuflanieren und Geld auszugeben. Und dass er ihr all das nicht bieten kann. Bekundet ihr Missfallen darüber, in einer Siedlung leben zu müssen, ob nun Kfar Malal oder demnächst Elei Sinai, schon in Jamit habe es ihr nicht wirklich gefallen, und wenn sie so darüber nachdenke, sei ihr die Räumung doch ziemlich zupassgekommen.
    Umso verdrießlicher, jetzt von einer Spießigkeit in die nächste geworfen zu werden.
    Und vielleicht, denkt Uri, hat sie ja recht.
    Wir sind jung, was scheren uns die Verheißungen der Bibel? Nicht das Geringste, es geht um niedrige Kosten und meine väterlicherseits vererbte Liebe zum Ländlichen, aber gilt es diese Nabelschnur nicht endlich zu kappen?
    Vielleicht sollten wir uns das mit Elei Sinai noch mal überlegen.

    Er ist anfällig, unser Uri.
    Oh ja, er fängt sich in Anastasias schlicht gebauten Fallen, denn so impertinent sie sich durch den Tag nörgelt, ist sie im Bett alles andere als zurückhaltend. Während der kurzen Zeit, die er jetzt hier ist, hat sie Register gezogen, von denen er gar nicht wusste, dass sie so was draufhat. Sein Verstand sagt ihm, dass ihr einfach nur klar geworden ist, wo bei ihm die Knöpfe sitzen, und es schaudert ihn, sich selbst im Verhaltensradius eines Höhlenmenschen herummarschieren zu sehen – als würden sie den Rest ihrer Tage mit dem Studium des Kamasutra zubringen, wenn er ihr nur eine Wohnung in Tel Aviv spendiert.
    Er fragt sich, ob Anastasia überhaupt zur Liebe fähig ist, doch die Illusion heißt mit zweitem Namen Hoffnung. Nach Wochen im Libanon ist er ausgehungert, er sehnt sich nach Zärtlichkeit, und sie füttert ihn mit Hingabe und Lust.
    »Was macht Opa denn mit so viel Geld?«, hakt Yael nach.
    »Er baut uns schöne Häuser«, sagt Phoebe. »Eines für uns und Miriam, und eines für euch.«
    »Toll. Wo denn?«
    Als hätten sie’s ihr nicht schon tausendmal erzählt, nur, Yael ist vier. Sie hat sich zwar gemerkt, wo, denkt aber jedes Mal, Opa baut noch ein paar neue dazu.
    »Ganz nah am Meer«, sagt Jehuda, und sein Blick schwimmt in Liebe. »Wir ziehen wieder zurück ans Meer, süßer Schatz. Da bring ich dir Surfen bei. Wir gehen jeden Tag an den Strand.«
    Und da schaut die Kleine doch tatsächlich aus großen Augen ihre Mutter an und fragt:
    »Freust du dich?«
     
    Natürlich ist ein Abstecher nach Gaza fällig.
    Die Fahrt bis zum Kontrollpunkt dauert eine gute Dreiviertelstunde, nur Jehuda, Phoebe und Uri. Anastasia ist mit Yael zum Arzt, Miriam in der Schule, der geeignete Moment, eine wahre Kipplasterladung Sorgen auf Uri niedergehen zu lassen.
    Etwa, er könne sich eine Kugel einfangen oder zu Tode kommen, wenn sein Merkava in Brand gerät.
    (Mütterlicher Ratschlag: Lehn dich beim Laden des Mörsers nicht so weit raus. Replik: Schon mal auf einem Schiff in den Mastkorb geklettert, ohne die Kabine zu verlassen?
    Mütterlicher Ratschlag: Hau durch die Heckklappe ab, sobald du Feuer und Rauch siehst. Replik: Wir haben ein Löschsystem an Bord,das sichert uns größere Überlebenschancen, als wenn wir rausrennen und abgeknallt werden wie die Feldhasen.
    Mütterlicher Ratschlag: Gib nicht den Helden. Replik: So wie wir unter Beschuss liegen, hab ich nicht mal Zeit, den Feigling zu geben.)
    Zwei Welten, keine Schnittmenge.
    Phoebe redet blühenden Unsinn, Uri begeht den Kardinalfehler, zu argumentieren, statt einsichtig zu nicken, und wenn sie ihm vorschlagen würde, die Hauptkanone des Merkava mit Geranien zu bepflanzen. Noch während sie den Grenzübergang Erez erreichen, hinter dem sich der Gazastreifen erstreckt wie ein nachlässig hingeworfenes Handtuch, plappern sie aneinander

Weitere Kostenlose Bücher