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sollen wir überhaupt von Nablus nach Eilat kommen?«, will Yael wissen. »Dafür müssen wir wieder raus aus dem Westjordanland.«
»Das organisiert David.« Mansour zögert. »Möglich, dass ich den Preis ein bisschen runterhandeln kann. So bedeutend, dass sie es umsonst tun, bin ich nicht. Warum sollten sie einer Jüdin helfen? Die Route dient dazu, Araber vor Juden in Sicherheit zu bringen, alleine dass sie es tun, wäre ein unschätzbarer Gefallen.«
Hagen denkt darüber nach.
»Kürzen wir die Sache ab, Mansour. Ich hab keine Zehntausend.«
»Ich hätte sie zur Not«, sagt Yael. »Aber ich komm nicht dran. Definitiv nicht in bar.«
Wieder schweigt der Araber eine Weile.
Hagen fragt sich, wo sie gerade sind. Sein Blick erwandert die Höhenrücken, Anhäufungen von Schwarz. Straßenlaternen beleuchten einander auf den Kuppen. Unverkennbar leben dort oben Israelis. Ihre Enklaven strahlen heller und gleichmäßiger als arabische Ortschaften, die Anordnung der Lichtquellen verrät den Planer am Reißbrett. In der Konturlosigkeit hängen sie am Himmel wie Raumschiffe.
»Es interessiert mich nicht, weswegen man euch sucht«, sagt Mansour. »Das ist eure Sache. Aber ich muss diesen Männern irgendetwas sagen. Sie werden wissen wollen, woran sie mit euch sind. Wer euch jagt. Mit welchen Gegnern sie zu rechnen haben.« Er macht eine Pause. »Und ob deine Informationen es wert sind, Tom.«
»Was hat David dir erzählt?«
»Nichts Inhaltliches. Nur, dass du im Besitz von Daten bist.«
Targeting. Jewish Division.
Nein, das geht nicht. Auf gar keinen Fall! Er kann denen keine Daten über die Jewish Division verkaufen, es wäre ein Verbrechen. Er würde Dutzende, Hunderte Agenten ans Messer liefern, Israels Sicherheit gefährden. Dieses Material an Araber zu verkaufen, das wäre – das wäre wie –
Mein Gott, denkt er, ich sinke immer tiefer.
Aber was soll ich tun?
Mein einziges verbliebenes Kapital sind zwei CD s und eine Lüge.
Jerusalem
Sie erwischen Miriams studierende Tochter im Moment, als sie fröhlich schnatternd mit Freunden um die Ecke biegt, den Hausschlüssel schon in der Hand.
Gehen mit ihr hoch.
In dem kaninchenstallgroßen Zimmer, das sie bewohnt, könnte man Yael nicht mal verstecken, wenn man eine Zwischendecke einzöge.
Adler zieht seine übliche Nummer ab.
Freundlich bedrohlich.
Sie treten hinaus in die kühle Nachtluft, gehen zurück zu den Fahrzeugen, während er mit seinen Agenten in Hebron, Kiryat Arba und Gusch Etzion korrespondiert.
»Und?«
»Fehlanzeige.«
Cox ruft das Observationsteam in Kerem HaTeimanim an, das Yaels Wohnung überwacht. Dort tut sich nichts, sie würden sich melden, aber ein bisschen Aktionismus schafft immerhin die Illusion, es täte sich was.
»Zu Hause ist sie nicht«, sagt sie.
Adler reibt sein Kinn. »Hätt mich auch gewundert.«
Fakt ist, sie haben Hagen und Kahn verloren.
Verloren ist gut, denkt Cox. Wir hatten sie nie, und wer sagt überhaupt, dass sie sich verstecken? Vielleicht sind sie den anderen ja längst in die Arme gelaufen. Werden gefangen gehalten.
Sind schon tot.
Ein Film kommt ihr in den Sinn, den sie kürzlich gesehen hat. Über einen Killer mit einer Druckluftflasche. Tommy Lee Jones spielt darin einen Sheriff, der zweieinhalb Stunden lang nur dasitzt oder zu spät kommt.
Am Ende wird er pensioniert.
»Sag mal, Tal – wie kam dir Miriam Cantor eigentlich vor?«
»Was meinst du?« Adler wendet ihr seinen klotzigen Schädel zu. »Ob ich sie glaubwürdig fand?«
»Ja.«
»Du nicht?«
»Weiß nicht. Kann mich irren.«
»Du meinst, sie hat uns was vorgemacht?«
»Ich meine, vielleicht hat sie uns nicht getraut.« Sie schaut ihn an, versucht in seiner Mimik zu lesen. »Vielleicht hat sie uns für die Bösen gehalten.«
»Sind wir ja auch«, sagt Adler.
»So?«
»Wir sind Agenten. Wir jagen Leute. Wir töten Leute.«
»Wir sind die Guten.«
Adler lacht heiser. »Das hast du schön gesagt. Würdest du irgendeinem Geheimdienst trauen?«
Ihre Antwort lässt ein bisschen zu lange auf sich warten.
»Siehst du«, sagt er und lässt sie stehen.
Westjordanland, Nablus
Erstaunlich, selbst in der Nacht.
Hagen kennt Bilder und Reportagen aus der Westbank zu Dutzenden, er ist vorbereitet auf das, was er zu sehen bekommt, aber ganz sicher läuft es der Vorstellung der meisten Europäer zuwider.
Besetzte Gebiete, das ruft in den Köpfen ab:
Zerstörte Gebiete.
Armut, Trümmer und Zementstaub. Hinterlassenschaften von
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