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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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kann es passieren, dass er noch mal kontrolliert wird.
    »Es gibt Übergänge für Israelis und welche für Palästinenser«, erklärt David Hagen. »Der hier ist ausschließlich für uns. Hier können wir frei passieren.«
    »Durch seinen Checkpoint kämen Sie nicht?«
    »Seitens der palästinensischen Behörden schon. Kein Problem. Aber da streikt die Armee.«
    Aus gutem Grund. Israelische Checkpoints leiten dich auf gesicherte Wege, palästinensische nicht. Und die Armee sieht Israelis ungern auf arabischen Straßen herumfahren. Entführung hat sich als Geschäftsmodell von hoher Ergiebigkeit erwiesen, nachdem für Gilad Shalit gleich eine Tausendschaft inhaftierter Palästinenser freikam.
    Israel will keinen zweiten Gilad Shalit.
    Einige Minuten fahren sie auf der unbeleuchteten Straße dahin, vorbei an terrassierten Hängen, Silhouetten von Olivenbäumchen, lichtlosen, arabischen Ortschaften. Freies Feld tut sich auf, steinige Äcker, Trampelpfade, hier und da ein Strommast. Außer ihnen scheint niemand unterwegs zu sein. Wolkenfetzen treiben ostwärts wie große, rätselhafte Tiere, geben den Blick frei auf einen blassen Mond, der sich müht, dem Land Konturen abzuringen. Eine Kreuzung gerät in Sicht. Die Andeutung eines Wagens, Scheinwerfer ausgeschaltet. Ein Mann lehnt daran, stößt sich ab. Kommt näher, während sie aussteigen, umarmt David, streckt ihnen die Hand entgegen.
    »Mansour.«
    »Tom.«
    »Yael.«
    »Freut mich.« Mit seiner zurückgekämmten Mähne und der Designerbrille sieht er aus wie ein in die Jahre gekommener Techno- DJ . Ein getrimmter Strich Haare spaltet sein Kinn. »Macht euch keine Sorgen. Ihr seid in Sicherheit. Nichts ist so sicher wie die Westbank bei Nacht.«
    Sein Englisch ist schroff, sein Humor schon jetzt kaum zu überbieten.
    Der sicherste Platz für eine Jüdin?
    Na, die Westbank!
    Gleich nach Gaza, hahaha! So schnell kann man sich als Witzbold outen, aber wahrscheinlich hat Mansour sogar recht. Für den Moment jedenfalls. Er nimmt David am Arm, die beiden gehen ein Stück beiseite, reden gedämpft miteinander.
    »Was sagen sie?«, will Hagen wissen.
    »Keine Ahnung.« Yael zuckt die Achseln. »Mein Arabisch ist noch beschissener als meine Stimmung.«
     

    Abschied. Je weniger Bedeutsames man von sich gibt, desto vorübergehender erscheint er, also drückt David Yael nur kurz und sagt in beiläufigem Ton:
    »Meldet euch, ob ihr gut angekommen seid.«
    Wie zu Partygästen, bevor sie lallend in ihr Taxi kippen.
    »Deinen Wagen bringe ich morgen zurück nach Tel Aviv. Vergiss nicht, mich zu fragen, wo ich ihn abgestellt habe, damit du ihn wiederfindest. Und frag bald. Du kennst ja mein famoses Gedächtnis.«
    Umarmt auch Hagen.
    »Ich müsste lügen, wollte ich sagen, dass Ihnen meine Sorge in gleicher Weise gilt wie Yael«, flüstert er. »Miriam und ich sind verrückt vor Angst. Schwören Sie mir, sie keine Sekunde alleine zu lassen.«
    »Versprochen.«
    »Schwören Sie es!«
    Hagen schluckt. »Ich schwör’s.«
    »Dann alles Gute.« Klopft ihm auf den Rücken, während Mansour ungeduldig mit den Autoschlüsseln klimpert. »Ich vertraue Ihnen, Tom. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf. Was Sie da losgetreten haben, trifft uns hart, aber wenn Menschen wie Sie aufhören, nach der Wahrheit zu suchen, trifft uns das am Ende noch härter.«
    Da bleibt ihm doch glatt die Luft weg.
    (Wenn du wüsstest, du gottverdammter Prediger, wenn du nur den Schimmer einer Ahnung hättest –)
    Meinetwegen sind Menschen gestorben! Weil ich glaubte, die Welt in jede mir genehme Richtung lenken zu dürfen. Tom Hagen? Bloß Finger weg von Hagen! Was immer er tut, ob er in die Annalen eingehen oder einfach nur seinen Arsch retten will, er reißt euch mit sich in den Abgrund. Entfernte man ihn rückwirkend aus der Geschichte, sein Verschwinden würde ihn mehr als ersetzen.
    Er macht sich los, keine Sekunde länger erträgt er die Umarmung. Packt Yaels Reisetasche und seinen Rucksack in Mansours Kofferraum, rutscht neben sie auf die Rückbank.
    Mansour fährt an.
    Davids winkende Gestalt.
    Eins mit der Nacht.
     
    Die weiße Naht des Mittelstreifens.
    Eine Weile sagt niemand etwas. Yael starrt vor sich hin. Mansour ist zu höflich, zu fragen, in welcher Art Scheiße sie sitzen, und um landschaftliche Vorzüge zu erörtern, ist es zu dunkel.

    In Hagen tobt die Hölle.
    Sein Kopf ist Schauplatz eines Gerichtsprozesses, die Anklageschrift geeignet, selbst den dickfelligsten Pflichtverteidiger in die

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