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Dreyfus und Ben-Tov davon erzählen sollte. Wäre es nicht angemessen, mit offenen Karten zu spielen, da hier ohnehin niemand mehr sakrosankt ist?
»In Richtung eines Attentats, wie Hagen es beschreibt, haben wir jedenfalls nicht ermittelt«, schließt Dreyfus. »Mag sein, er hat Daten über den Jüdischen Untergrund, solche definitiv nicht.«
»Oder die haben verschlüsselt kommuniziert«, wendet Ben-Tov ein.
»Über unser Netz?«
»Das sollen die Kryptografen beantworten.«
Dreyfus nickt. »Ich hatte übrigens ein Gespräch mit Benjamin Kahn. Gute Nachricht, schlechte Nachricht.«
Kahn, das Schwergewicht.
Sie schauen ihn erwartungsvoll an.
»Wie es aussieht, hat Ben noch drei Monate zu leben.«
Ben-Tov kratzt seinen Nacken. »Und die gute Nachricht?«
»Das war die gute.«
»Toll.«
»Die schlechte ist, er weiß nichts über unsere Sache. Einen Anschlag auf Scharon hält er für denkbar, Maulwürfe im Schin Bet auch.«
»Er hat keine Idee, wer die sind?«
»Leider nein.« Dreyfus schüttelt den Kopf. »Aber er hat versprochen, es herauszufinden – in der Zeit, die ihm noch bleibt.«
Als er Cox auf der Heimfahrt anruft, haben sie sich nicht viel Neues zu berichten. Natürlich kennt sie die Geschichte des Jüdischen Untergrunds.
»Plausibel«, sagt sie.
Was soll sie sonst groß dazu sagen?
Perlman wirft einen Blick auf die Uhr.
Mitternacht. Mal wieder.
Dabei hat er ein schönes Zuhause. Eigentlich. Nur dass da niemand ist. Und seltsam, auch wenn er am Küchentisch sitzt oder im Bett liegt, denkt er immer noch, dass da niemand ist. Zunehmend macht ihm die Wohnung den Eindruck, als fühle sie sich in ihrer Selbstgenügsamkeit gestört, wann immer er zur Tür reinkommt, also fährt er ins Molly Bloom’s, ein Pub in der HaYarkon Street. Bestellt ein Pint Tuborg. Trinkt alleine an seinem Ecktisch, während Uniformierte das dunkle Land nach Kahn und Hagen absuchen, die Analysten Verdächtigen nachspüren, die eine Überwachung lohnen, denn alle können sie unmöglich observieren, ebenso wenig, wie sie nach Lust und Laune Kommandos in die Siedlungen schicken können. So funktioniert die Arbeit der Jewish Division nicht. Ihre einzige Chance, an Informationen zu gelangen, ist, die Szene in Sicherheit zu wiegen, bis ausreichend Beweise für Verhaftungen vorliegen.
Und dabei müssen sie immer noch darauf achten, dass kein Verdacht auf ihre Agenten fällt, von denen die Radikalen denken, sie wären ihre besten Glaubenskumpel.
Wie viel einfacher war das in den Palästinensergebieten.
Damals, als er anfing.
Nablus etwa. Überall Terroristen. Manchmal verhafteten sie hundert in einer Nacht. Trieben die Männer zusammen, mal vor der Moschee, mal im Schulhof. Setzten einen der Geständigen in ein Auto, versteckten ihn hinter Vorhängen, sodass er rausschauen, aber von draußen nicht erkannt werden konnte. Und los ging’s. Die Verhafteten wurden in einer Prozession an ihm vorbeigeführt, er musste nichts weiter tun, als mit dem Finger auf sie zu zeigen und zu sagen:
»Der da ist ein Terrorist. Den haben sie in Syrien im El-Hama-Lager ausgebildet. – Der nicht. – Der ja, er hat ein Waffenlager im Keller, unter der Bodenklappe. – Der war in Jordanien –«
Und so weiter.
Klappte nicht immer, aber erfreulich oft. Schon, weil sie effektiv vorgingen. Jeder im Department für arabische Angelegenheiten bekam sein Gebiet zugeteilt, dessen Dörfer er abklapperte, Straße für Straße, Haus für Haus. Er konnte sich einer Patrouille anschließen oder auf eigene Faust Vertrauen zu den Leuten aufbauen, wenn sie in die Militärverwaltung kamen. Während der Siebziger funktionierte das bestens. Er sagte: Erzähl mir was über dein Dorf, wer lebt da so, wer tut was? Man trank Kaffee zusammen, und wenig später wusstest du, wen du als Kollaborateur rekrutieren konntest und wen nicht. Du wusstest, wer im Dorf was darstellte, wer die Kontakte hatte, um dir Zugang zu Orten zu verschaffen, die du überwachen wolltest. Es war ein Leichtes, Agenten anzuwerben. Nicht, weil sie dich mochten. Du warst Besatzer. Auch wenn du persönlich mit vielen gut auskamst, Besatzer blieb Besatzer. Letztlich verführtest du Menschen zum Verrat, an ihren Freunden, Arbeitskollegen und Familienmitgliedern. Brachtest sie dazu, Dinge für dich zu tun, von denen sie im Traum nicht gedacht hätten, jemals dazu bereit zu sein, mal mit Geld, mal mit Druck, selten durch Überzeugungskraft.
Scheiterte all das, griff Vorgehensweise zwei: Die
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