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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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geschlungen, die Haare unter ihren Pakol gestopft – der Vorteil afghanischer Männerkleidung ist, dass selbst ein Formenwunder wie sie darunter zum Kerl mutiert.
    Zweimal werden sie gestoppt.
    Checkpoints. Afghanische Polizei.
    Hagen hält Pass und Presseausweis bereit, doch die erste Sperre passieren sie ungehindert. Die Beamten schauen kaum ins Innere, winken sie durch. Beim zweiten Mal lässt der Fixer Nervosität erkennen. Die Straße ist mit einer Barriere verstellt. Zwei Halbwüchsige lehnen an ihren Motorrädern, miteinander quatschend, und drehen ihnen interessiert die Köpfe zu, als sie näher kommen. Inzwischen dämmert es. Hagen weiß, dass die Checkpoints mitunter von lokalen Taliban übernommen werden, wenn die wackeren Gesetzeshüter sich bei Dunkelheit in den Schutz ihrer Dienststellen flüchten. Und Taliban fahren gerne Motorrad. Das ist überhaupt das Erste, was sie einem frisch rekrutierten Mudschaheddin schenken: so eine Maschine, mit der er sich fühlen kann wie die knatternde Geißel Gottes.
    Dann sehen sie den Polizeijeep hinter einem Felsvorsprung parken. Uniformierte kommen von dort zu ihnen herüber, die Hände locker auf die Pistolengriffe gelegt. Einer steckt den Kopf ins Wageninnere, mustert sie der Reihe nach. Studiert umständlich Hagens Ausweis, zeigt auf Inga und Björklund im Fond.
    Der Fahrer erklärt ihm etwas auf Paschtu.
    Der Polizist gestikuliert.
    »Was ist los?«
    »Er wütend«, radebrecht der Fixer. »Sehr wütend.«
    »Warum?«

    »Weil so spät noch arbeiten. Sehr gefährlich. Wenig verdient.«
    Hagen fixiert aus den Augenwinkeln die beiden Motorradfahrer. Kurze Bärte, Pakol. Sehen eigentlich nicht aus wie Taliban. Im selben Moment besteigen die zwei ihre Maschinen, winken den Beamten zu und brausen in Gegenrichtung davon.
    »Er verdient zu wenig, sagt er?«
    »Ja.«
    Hagen nickt dem Uniformierten freundlich zu. »Dann frag ihn doch mal, ob wir ihm ein bisschen unter die Arme greifen können.«
    Der Fixer übersetzt.
    Der Mann lacht. Nickt.
    Papier wechselt den Besitzer.
    Und schon sind sie wieder unterwegs, Richtung Takafamast.
    »Echt ’ne super Idee, mich als Typ zu verkleiden«, höhnt Inga vom Rücksitz. »Genialer Plan.«
    »Wieso?«
    »Wieso?«, äfft sie ihn nach. »Was, wenn er mein Gesicht hätte sehen wollen?«
    »Wollte er nicht.« Björklund lässt einen frischen Akku in seine Handkamera schnappen. »Der wollte nur ein Gesicht sehen, nämlich das von George Washington.«
    Amerikas einziger Präsident, dem alle Welt bedingungslose Sympathie entgegenbringt.
    Keiner hält sie mehr an.
    Nachdem sie die Felder von Takafamast hinter sich gelassen haben, dirigiert Hagen den Fixer über eine schmale Brücke ans andere Ufer des Taloqan River. Inzwischen ist es stockduster geworden. In der Ferne glimmen die Lichter des Orts. Viele sind es nicht, man sendet keine einladenden Signale, wo alle sich mit Mauern umgeben.
    Sie parken und steigen aus. Hagen beugt sich zu dem Fahrer herab.
    »Kannst du in Takafamast übernachten?«
    »Vielleicht.« Der Fixer zuckt die Achseln. »Vielleicht Taloqan.«
    »Ich ruf dich in den Morgenstunden an. Hier holst du uns wieder ab, hörst du?« Drückt ihm zur Sicherheit noch ein paar Scheine in die Hand. »Genau hier.«
    Der Wagen wendet. Hagen schaut ihm hinterher. Rücklichter, die in der Dunkelheit zu Punkten werden, sich noch behaupten, als das Schnurren des Sechszylinders längst verklungen ist.
    Endlich verlöschen.
    »Nachtsichtbrillen raus.«

    Über ihnen klumpen sich die Gebirgsausläufer in den Himmel, schwarz wie Scherenschnitte. Hagen drückt die Brille gegen den Stirnknochen, zieht die Riemen über den Hinterkopf, und sofort erstrahlt alles detailreich in geisterhaftem Grün.
    »Keine Hektik«, erklärt er den anderen. »Im Grunde ist das einfaches Terrain hier. Moderate Steigung, Kinderkram. Trotzdem. Wir werden hübsch langsam da hochkriechen. Mit dem Bauch am Boden.«
    Inga legt den Kopf in den Nacken.
    »Und wohin willst du unsere Bäuche haben?«
    »Der Gipfel markiert den Beginn des Kamms. Seht ihr? Da. Die Schneise rechts unterhalb, da schlagen wir uns in die Büsche. Der Grat beginnt, sobald wir um die Biegung rum sind.«
    »Wie nah willst du ran?«, fragt Björklund.
    »So nah es geht.«
    »Und wenn sie uns sehen?«
    »Unsinn, können sie nicht. Die Position der Sniper –«
    »Ich meine die anderen.«
    »Die schon gar nicht.« Hagen schnaubt. »Erinnere dich, nicht mal in Helmand hatten sie Nachtsichtgeräte.

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