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Sonst noch Fragen?«
Sie schütteln die Köpfe. Schauen sich um mit ihren Teleskopaugen, die Rucksäcke geschultert, Aliens in Paschtunenkleidung.
Machen sich an den Aufstieg.
Auf den ersten Metern geht es leicht, ein Spaziergang auf allen vieren. Wie Hagen gesagt hat.
Dann offenbart der Hang seine Tücken.
Schon nach wenigen Minuten müssen sie höllisch aufpassen. Zerkratzen sich Hände und Unterarme in scharfkantigem Geröll und stahlwolleartiger Vegetation. Stemmen sich in Furchen und Felsspalten, um nicht abzurutschen. Suchen Halt, wo es unvermittelt steil wird. Straucheln, treten Steinchen los, die vernehmlich zu Tal prasseln.
»Schscht!«
»Du bist gut!«
Von wegen Kinderkram. Über eine Stunde kostet es sie, nach oben zu gelangen, und Hagen muss sich eingestehen, dass er das Terrain falsch eingeschätzt hat. Egal, denkt er, da müssen wir jetzt durch. Und zwar so leise wie möglich, also drosselt er das Tempo ein weiteres Mal, und sie kommen noch langsamer voran.
Was soll’s. Die Zeit ist auf ihrer Seite.
Als sie endlich die Biegung erreichen, wird der Untergrund ebener,vom Wind geschliffen. Nur ein paar Flechten und Moose krallen sich in den Fels. Sie umrunden den Hang, sehen den Grat vor sich liegen und ein beträchtliches Stück weiter, unten im Tal, die Umrisse des Compound.
Hagen fühlt sein Herz schneller schlagen. Stellt sich vor, was dort in wenigen Stunden los sein wird. Inga scheint ähnliche Fantasien zu entwickeln.
»Abgefahren«, flüstert sie.
Björklund bringt seine Kamera in Anschlag. Schießt erste Bilder. Ruhige Hand, lange Belichtung. Inga lässt das Display ihrer Handycam aufschnappen. Sie und Hagen sind für die bewegten Bilder zuständig, später wird auch er filmen. Jetzt bringt er sich in Positur, das Panorama der Berge und den Compound im Rücken. Gibt Inga das Zeichen, die Aufnahme zu starten, schiebt die Nachtsichtbrille hoch, damit sein Gesicht zu erkennen ist, flüstert ein paar Sätze:
»Wir sind hier – gleich wird hier –«
Und weiter.
Auch der Grat bietet längst nicht so viel Halt, wie es die Aufnahmen der Drohne vermuten ließen. Mal weist er die Breite eines Bergpfads auf, dann schnurrt die Fläche unvermittelt zusammen und wird zu allem Überfluss auch noch abschüssig. Im Schneckentempo kommen sie voran, selbst wenn sie wollten, könnten sie nicht schneller kriechen. Jeden Meter müssen sie sich erkämpfen, in ständiger Gefahr, abzurutschen.
Wenigstens sind sie leise.
Der schmale Grat, denkt Hagen.
Der schmale Grat, auf dem ich seit so vielen Jahren unterwegs bin. Und immer mit Rückendeckung.
Nur dieses Mal nicht.
»Auf keinen Fall!«
Der Chefredakteur. Rücksprache mit Hamburg, vorgestern.
Raus aus meinem Kopf, denkt Hagen, während er sich vorantastet, doch das Gespräch spult sich Wort für Wort in ihm ab, als wolle eine höhere Macht ihm eine letzte Gelegenheit geben, das hier abzubrechen.
»Komm schon, du kennst mich.«
»Eben weil ich dich kenne.«
»Du weißt, dass ich das professionell angehe.«
»Nein.«
»Oh Mann! Was ist los mit dir? Als ich mit Krister zu den Geiseln gefahren bin, hattest du auch keine Bedenken.«
»Das war rein journalistisch. Euer persönliches Risiko.«
»Ach nein. Und was ist das hier?«
»Eine militärische Operation, in der alle möglichen Parteien Karten haben. Und sie haben es dir untersagt.«
»Moment! Sie haben gesagt, dass sie uns nicht mitnehmen wollen.«
»Nicht dabeihaben wollen.«
»Wo ist der Unterschied?«
»Red ich chinesisch? Ihr sollt nicht dort sein.«
»Aber so läuft das nicht. Niemand kann uns verbieten –«
»Tom! Zum letzten Mal, wir werden uns nicht mit der Bundeswehr anlegen. Nicht mit dem BND , nicht mit dem Bundeskanzleramt, nicht mit den Amerikanern. Ihr bleibt da weg, ist das klar? Wenn die Nummer gelaufen ist, machst du ein schönes Exklusivinterview mit den Geiseln, und alle sind glücklich.«
»Puh.«
»Nix puh. Ich will jetzt auf der Stelle von dir hören, dass ihr da nicht hingeht.«
»Ach, Scheiße.«
»Andernfalls nehmt ihr die nächste Maschine zurück.«
»Okay.«
»Versprich es.«
»Okay, okay.«
»Sag, wir gehen da nicht hin: Ich, Tom Hagen, gehe da nicht hin.«
Hat er versprochen.
Aber was heißt versprochen, es wäre Wahnsinn gewesen, völlig idiotisch, sich an das Versprechen zu halten. Wer zum Teufel ist er denn? Irgendein Arsch, den man rumkommandieren kann? Nein, er ist Tom Hagen, einer der besten und erfahrensten Journalisten
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